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In der SYST-EUR-Studie wurden 492 Patienten über nur 2 Jahre verfolgt. Im Gegensatz zu den anderen Studien war der diastolische Blutdruck in der SYST-EUR-Studie definitionsgemäß mit 84,5 mm Hg am niedrigsten, während der systolische Blutdruck mit 175 mm Hg am höchsten lag (siehe Abbildung 2). „Hypertonie begünstigt die Progression der Nephropathie und der diabetischen Retinopathie. Eine aggressive blutdrucksenkende Therapie von hypertensiven Typ 1 Diabetikern mit mikrovaskulären Komplikationen ist deshalb von größter Bedeutung.“ In der STOP-Hypertension-2-Studie (Swedish trial in old patients with hypertension) wurden 721 Diabetespatienten über einen Zeitraum von 4,5 Jahren verfolgt. Das Alter zu Beginn der Studie war mit 76 Jahren sehr hoch und die Patienten hatten trotz hoher Ausgangsblutdruckwerte von 194 bzw. 98 mm Hg eine auffallend niedrige kardiovaskuläre Komplikationsrate (Herzinfarkt 3%, KHK 8%, Schlaganfall 4%, Herzinsuffizienz 1,9%). Aufgrund dieser geringen vaskulären Komplikationsrate kann berechtigt angenommen werden, dass es sich dabei um Langzeitüberlebende trotz hohen Blutdrucks gehandelt hat. In der HOPE-Studie wurden 3577 Patienten mit Diabetes mellitus über 4,5 Jahre verfolgt. 51% der Diabetespatienten hatten eine Hypertonie. Der Ausgangsblutdruck lag allerdings bei nur 142/80 mm Hg aufgrund einer antihypertensiven Vorbehandlung. Das mittlere Alter bei Studienbeginn war 65,5 Jahre und 67% aller Patienten wiesen eine frühere kardiovaskuläre Erkrankung auf. Im Gegensatz zur STOP-2-Studie handelt es sich bei den Patienten der HOPE-Studie um eine Hochrisikogruppe, die bereits mit einer multifaktoriellen Therapieintervention (Betablocker, Aspirin und Lipidsenker) vorbehandelt war. Ausmaß der BlutdrucksenkungDas Ausmaß der Blutdrucksenkung war in den verschiedenen Hypertonie-Interventionsstudien ebenfalls sehr unterschiedlich (siehe Abbildung 3). Die niedrigste Blutdrucksenkung wurde in der UKPDS-Studie erzielt, wobei die Blutdruckdifferenzen zwischen intensivierter und konventioneller Blutdruckkontrolle 10 bzw. 5 mm Hg betrugen. In der HOT-Studie wurde eine systolische Blutdrucksenkung von 26, 28 und 30 mm Hg und eine diastolische Blutdrucksenkung von 20, 22 und 24 mm Hg erreicht. Die Differenz zwischen den beiden Blutdruckzielgruppen betrug nur 4 mm Hg systolisch bzw. 4 mm Hg diastolisch.
In der HOPE-Studie betrug die Senkung des systolischen und diastolischen Blutdrucks gegenüber Placebo nur 3 bzw. 1 mm Hg (siehe Abbildung 3), da nur 51% der Patienten eine Hypertonie aufwiesen und alle Patienten antihypertensiv vorbehandelt waren. In der CAPPP-Studie wurde der Blutdruck um 13 mm Hg systolisch und 10 mm Hg diastolisch gesenkt. In der SYST-EUR-Studie wurde eine beträchtliche systolische Blutdrucksenkung (13,5 bzw. 22,1 mm Hg) erzielt, während die diastolische Blutdrucksenkung mit 2,9 bzw. 6,9 mm Hg von jener der UKPDS-Studie nicht sehr unterschiedlich war. In der STOP-2-Studie wurde der systolische Blutdruck um 34,5 mm Hg und der diastolische Blutdruck um 16 (17) mm Hg gesenkt. Häufig sind antihypertensive Kombinationstherapien erforderlichMit einer antihypertensiven Monotherapie können nur relativ wenige Diabetespatienten – vor allem am Beginn ihrer Erkrankung – suffizient eingestellt werden (Zielblutdruck 135/80 mm Hg). Bei längerer Krankheitsdauer ist der Einsatz verschieden wirkender Antihypertensiva unbedingt notwendig. In nahezu allen Interventionsstudien (UKPDS, HOT, CAPPP, SYST-EUR) wurden daher nicht Monotherapien miteinander verglichen, sondern es wurden verschiedene Kombinationstherapien eingesetzt, wie aus der Abbildung 4 ersichtlich ist.
Risikosenkung durch Blutdrucksenkung bei Diabetikern versus NichtdiabetikernDie Effekte der Blutdrucksenkung bei Diabetespatienten in den verschiedenen Studien sind in der Abbildung 5 dargestellt. In der UKPDS-Studie wurden diabetesbezogene Todesfälle um 32% gesenkt. In der HOT-Studie nahm die kardiovaskuläre Mortalität sogar um 60% ab. In der SYST-EUR-Studie wurde die Gesamtmortalität bei Diabetespatienten um 44% gesenkt, in der CAPPP-Studie nahmen die fatalen Ereignisse um 46% ab, während in der HOPE-Studie die kardiovaskuläre Mortalität trotz minimaler Blutdrucksenkung um nur 3 mm Hg systolisch und 1 mm Hg diastolisch um 37% gesenkt werden konnte.
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass in der UKPDS-Studie durch die Blutdrucksenkung von 10 mm Hg systolisch und 5 mm Hg diastolisch wesentlich deutlichere Effekte erzielt wurden als durch die HbA1c-Senkung um 0,9% (siehe Abbildung 6). Aus dieser Vergleichsanalyse geht hervor, dass die Blutdrucksenkung bei Diabetespatienten einen besonders hohen Stellenwert hat.
In verschiedenen Studien konnte eindrucksvoll belegt werden, dass die Blutdrucksenkung bei Diabetespatienten eine weitaus größere Senkung des kardiovaskulären Risikos bewirkt als bei Nichtdiabetikern. In der HOT-Studie (siehe Abbildung 7) führte die Absenkung des diastolischen Zielblutdruckes von 85 auf 80 mm Hg zu einer 50%igen Senkung der kardiovaskulären Komplikationen bei Diabetespatienten, während bei Nichtdiabetikern dadurch die Prognose nicht verbessert werden konnte.
Auch in der SYST-EUR-Studie (siehe Abbildung 8) führte die Blutdrucksenkung zu wesentlich ausgeprägteren Reduktionen der kardiovaskulären Komplikationen wie bei Nichtdiabetikern.
In der HOPE-Studie (siehe Abbildung 9) fanden sich ähnlich günstige Effekte bei Diabetikern und Nichtdiabetikern. Die Patienten in der HOPE-Studie hatten allerdings sehr niedrige Blutdruckausgangswerte (siehe Abbildung 2), wobei der ACE-Hemmer Ramipril oder Placebo zusätzlich zu anderen Antihypertensiva verabreicht wurde. In der STOP-2-Studie fand sich für die Gesamtgruppe der 6614 relativ alten Patienten mit Hypertonie eine vergleichbare Risikosenkung für die kardiovaskuläre Mortalität, für die Gesamtmortalität und den Schlaganfall durch Betablocker, Diuretika, ACE-Hemmer und Kalziumantagonisten, während das Auftreten von Herzinfarkt und Herzinsuffizienz in der ACE-Hemmer-behandelten Gruppe signifikant niedriger war als unter Kalziumantagonisten. Dieser Unterschied war in der Diabetessubgruppe nicht signifikant, wobei dies aber auf die relativ geringe Patientenzahl (n = 719) zurückzuführen sein dürfte.
Vergleichsanalyse verschiedener Antihypertensiva bei DiabetespatientenAnalysiert man die verschiedenen Hypertoniestudien bei Diabetespatienten, so findet man in mehreren Studien (UKPDS, SYST-EUR, STOP-2) bezüglich des primären Endpunktes keinen Vorteil für eine ACE-Hemmer-Therapie im Vergleich zu herkömmlichen Antihypertensiva. Bei der Analyse dieser Studien ist allerdings zu bedenken, dass Patienten in der UKPDS einen neumanifestierten Diabetes und einen relativ niedrigen Ausgangsblutdruck hatten und dementsprechend ein viel geringeres kardiovaskuläres Risiko aufwiesen als Diabetespatienten in anderen Interventionsstudien. In der STOP-2- und in der SYST-EUR-Studie waren die Blutdruckwerte sehr hoch, sodass die Risikosenkung bei diesen Patienten sehr wahrscheinlich (nur?) der Senkung des Blutdrucks und weniger den Zusatzeffekten zugeschrieben werden kann. Die HOPE-Studie ist eine placebokontrollierte Studie, in der die Patienten den ACE-Hemmer Ramipril oder Placebo zusätzlich zu früher verabreichten Antihypertensiva erhielten. Die beträchtliche Risikoreduktion in der HOPE-Studie im Vergleich zur Kontrollgruppe trotz niedrigen Ausgangsblutdrucks lässt die Schlussfolgerung zu, dass ACE-Hemmer zumindest bei bestimmten Hochrisikogruppen – aufgrund der zusätzlichen Effekte – wirksamer sein könnten als konventionelle Antihypertensiva. Bestimmte kardiovaskuläre Ereignisse dürften sich mit ACE-Hemmern besser verhindern lassen als mit Kalziumantagonisten. Dies geht auch aus der STOP-2-Studie hervor, in der unter der ACE-Hemmer-Therapie signifikant weniger Herzinfarkte aufgetreten waren als unter der Gabe von Kalziumantagonisten (12,8 vs. 16,7 pro 1000 Patienten). Auch die Inzidenz der Herzinsuffizienz war unter ACE-Hemmern deutlich niedriger. „Noch komplexer ist die Situation beim Typ 2 Diabetes. Die Hypertonie stellt per se einen Risikofaktor zur Diabetesentwicklung dar. Darüber hinaus unterstreicht das hohe Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen die Bedeutung einer aggressiven Blutdrucksenkung.“ In der ALLHAT-Studie (Antihypertensive and Lipid Lowering treatment to prevent Heart Attack Trial) sollten an 40.000 Patienten 4 verschiedene Antihypertensiva (Diuretika, ACE-Hemmer, Kalziumantagonisten und a1-Inhibitoren) bezüglich ihres Langzeiteffektes (4–8 Jahre) verglichen werden. Eingeschlossen wurden Patienten mit Hypertonie und wenigstens einem weiteren KHK-Risikofaktor. Der Anteil der Diabetespatienten war mit 35,5% besonders hoch. Die Ausgangsblutdruckwerte betrugen nur 145 bzw. 83 (84) mm Hg. Ein Zwischenbericht über den Vergleich von Chlorthalidon mit dem a1-Inhibitor Doxazosin wurde vor kurzem veröffentlicht (JAMA 2000). Nach 4 Jahren lagen die Blutdruckwerte in den beiden Therapiearmen bei 135/76 bzw. 137/76 mm Hg. Die Gruppe der a1-Inhibitoren wurde im letzten Jahr von mehreren Hochdruckligas der USA und Europa in die Gruppe der „First-Line-Medikamente“ gereiht, da die günstigen Effekte auf Lipidfraktionen, Insulinresistenz und Fibrinolyse als vorteilhaft erachtet wurden. Entgegen der Erwartung hatte Doxazosin keinen Vorteil gegenüber Chlorthalidon hinsichtlich der KHK-Mortalität. Da die Rate der Herzinsuffizienz unter Doxazosin gegenüber den anderen Therapiegruppen (Diuretika, ACE-Hemmer und Kalziumantagonisten) verdoppelt wurde, wurde der Doxazosin-Arm der ALLHAT-Studie vor kurzem beendet. Da die a1-Inhibitoren im Gegensatz zu ACE-Hemmern und Diuretika die Herzinsuffizienz nicht beeinflussen, war dieses Ergebnis nicht ganz unerwartet. Der Stellenwert der a1-Inhibitoren in Kombination mit Diuretika und ACE-Hemmern muss in weiteren Studien geklärt werden. ZusammenfassungIn den letzten Jahren wurden zahlreiche Studien bei hypertensiven Patienten mit Diabetes mellitus beendet. Die Blutdrucksenkung bei Diabetespatienten ist für die Prognoseverbesserung außerordentlich wichtig. Bei Patienten ohne Mikroalbuminurie sollten Blutdruckzielwerte von 135/80 mm Hg angestrebt werden. Bei Patienten mit Mikroalbuminurie oder manifester diabetischer Nephropathie sind Werte von 120/80 mm Hg erforderlich. Die Blutdrucksenkung bei Diabetespatienten ist bezüglich der Risikosenkung und Prognoseverbesserung wesentlich erfolgreicher als bei nichtdiabetischen Patienten, wie in mehreren Studien (HOT, CAPPP, SYST-EUR) eindrucksvoll belegt werden konnte. Prim. Univ.-Prof. Dr. Guntram Schernthaner, 1.Med. Abt. Rudolfstiftung, Wien Redaktion: Dr. med. M. Stapperfend, Prof. Dr. med. W. Scherbaum Aktualisiert: Dezember 2001 |
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