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    Diabetes und Schwangerschaft
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    Diabetes und Schwangerschaft

    Patientenversion der Leitlinie der Deutschen Diabetes-Gesellschaft
    (05.05.2008) Ab sofort steht Ihnen eine Patientinnen-Version der Leitlinie zu Diabetes und Schwangerschaft zur Verfügung, die von einer Expertengruppe der Deutschen Diabetes-Gesellschaft erarbeitet wurde. Diese Leitlinie hilft Ihnen bei der Vorbereitung und Planung einer Schwangerschaft, natürlich auch dann, wenn Sie bereits schwanger sind.


    Hier ist eine Übersicht über diese Leitlinie:
    Dr. med. Helmut Josef Kleinwechter
    Dr. med.
    Helmut Josef Kleinwechter


    Diabetes und Schwangerschaft: Die 10 wichtigsten Regeln

    1. Planen Sie Ihre Schwangerschaft und werden Sie möglichst mit einem HbA1c-Wert unter 7 % (noch besser: unter 6,5 %) schwanger.
    2. Lassen Sie sich bei Ihrem Diabetologen und Ihrem Frauenarzt über Schwangerschaft, Geburt und die Zeit danach ausführlich informieren; machen Sie eine Bestandsaufnahme zu eventuellen Diabetes-Folgeerkankungen oder anderen Begleiterkrankungen.
    3. Hören Sie auf zu rauchen.
    4. Nehmen Sie Folsäure- und Jodtabletten ein.
    5. Überprüfen Sie Ihr Behandlungskonzept: Intensivierte Insulintherapie und Insulinpumpe bei Typ-1-Diabetes sind gleichwertig; nehmen Sie bei Bedarf erneut an einer strukturierten Schulung teil. Wenn Sie Typ-2-Diabetes haben: Lassen Sie sich von Tabletten auf Insulin umstellen.
    6. Wenn Sie Typ-1-Diabetes haben, dann informieren Sie Ihren Partner darüber, wie er bei schwerer Unterzuckerung das Glucagon-Notfallset benutzen soll.
    7. Planen Sie ausreichend Zeit für die frauenärztlichen Termine und die Besprechungen bei Ihrem Diabetologen ein; eine überwiegend telefonische Betreuung ist ungenügend.
    8. Lernen Sie, weitgehend selbstständig die Insulindosis an den steigenden Bedarf während der Schwangerschaft anzupassen.
    9. Planen Sie Ihre Geburt in einem Zentrum mit angeschlossener Kinderklinik; stellen Sie sich dort rechtzeitig vor der Entbindung persönlich mit Ihrem Mutterpass und Ihrem Blutzucker-Protokollheft vor.
    10. Stillen Sie Ihr Kind – Muttermilch ist die beste Nahrung für Ihr Kind.

    Ist dies die richtige Leitlinie für mich?

    Sie haben Typ-1-Diabetes oder Typ-2-Diabetes? Dann ist diese Leitlinie richtig für Sie. Sie hilft Ihnen bei der Vorbereitung und Planung einer Schwangerschaft, natürlich auch dann, wenn Sie bereits schwanger sind. Sie hilft Ihnen auch bei bestimmten Problemen während der Schwangerschaft, bei der Geburt und der Zeit danach. Das Gespräch mit Ihren Ärzten ersetzt die Leitlinie nicht. Schwangerschaften von Frauen mit bereits bekanntem Diabetes haben im Vergleich zu Frauen ohne Diabetes erhöhte Risiken und bedürfen immer einer gemeinsamen Betreuung durch Diabetologen (auf Diabetes spezialisierte Ärzte), Frauenärzte und Kinderärzte in enger Zusammenarbeit mit Hebammen, Augenärzten und anderen Fachgebieten. Diese Informationen und Empfehlungen für Patientinnen betreffen nicht Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes).

    Wie groß ist der Anteil an Frauen mit Diabetes unter allen Schwangeren?

    Im Jahr 2006 wurden in Deutschland rund 660.000 Kinder geboren, bei fast 5000 Kindern hatte die Mutter einen Diabetes vor der Schwangerschaft, das sind 0,76 %. Es ist also ein relativ seltenes Ereignis. Der Anteil von Frauen mit Typ-2-Diabetes mit Schwangerschaften nimmt zu. Genaue Zahlen kennen wir nicht, schätzen aber den Anteil auf etwa 20 %.

    Planung einer Schwangerschaft – was kann ich tun?

    Der erste Schritt für den guten Verlauf einer Schwangerschaft ist eine ausführliche Beratung bei Ihrem Diabetologen und Ihrem Frauenarzt, am besten zusammen mit Ihrem Partner. Hierdurch können Sie das Risiko für Fehlgeburten und Fehlbildungen Ihres Kindes durch gründliche Information, bessere HbA1c-Werte und regelmäßigere Blutzucker-Selbstkontrollen deutlich vermindern. Falls Sie rauchen: Hören Sie damit auf – Ihr Kind raucht mit. Versuchen Sie unbedingt, auch nach der Schwangerschaft Nicht-Raucherin zu bleiben.

    Ein Fehlbildungsrisiko Ihres Kindes an Wirbelsäule, Rückenmark und Gehirn sowie im Bereich von Lippen, Kiefer und Gaumen können sie selbst günstig beeinflussen. Nehmen Sie einfach schon bei Kinderwunsch Folsäure ein (1 Tablette mit 400 oder 800 Mikrogramm am Tag). Als Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse müssen Sie die Kosten für Folsäure selbst tragen, es kostet aber nur ca. 15-30 Euro-Cent am Tag, lassen Sie sich vom Apotheker über die Präparate und Preise beraten. Folsäure sollten Sie mindestens vier Wochen vor der Empfängnis und bis zum Abschluss der ersten 12 Schwangerschaftswochen einnehmen. Zusätzlich können Multivitaminpräparate und Lebensmittel mit hohem Anteil an Folsäure empfohlen werden. Zu den Lebensmitteln mit hohem Folsäureanteil zählen besonders grünes Blattgemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte, aber auch Eigelb und Leber. Mit Folsäure angereichertes Salz bietet eine weitere Möglichkeit - ein Gramm Salz enthält 100 Mikrogramm Folsäure, es ist im Lebensmittelhandel erhältlich und entsprechend gekennzeichnet.

    Wenn Ihr Kinderwunsch nicht in Erfüllung geht, Ihr Partner gesund und normal zeugungsfähig ist, dann können Sie mit Diabetes die gleichen ärztlich unterstützenden Maßnahmen in Anspruch nehmen wie Frauen ohne Diabetes. Wenden Sie sich an ein Zentrum für Reproduktions-Medizin in Ihrer Nähe. Bei Unregelmäßigkeiten Ihres Zyklus ist der erste Schritt eine verbesserte und stabile Einstellung Ihres Diabetes.

    Bei Planung der Schwangerschaft sollten Sie auch weiterhin für eine zuverlässige Verhütung Sorge tragen. Ihre Blutzucker-Einstellung soll nahe den Normalwerten sein. Sie können dies durch Ihr HbA1c-Ergebnis überprüfen: der HbA1c-Wert soll unter 7 % (besser noch: unter 6,5 %) bereits in den drei Monaten vor der Schwangerschaft liegen. Riskieren Sie aber für eine möglichst gute Einstellung Ihrer Werte keine schweren Unterzuckerungen. Erreichen Sie eine stabile, gute Einstellung, dann setzen Sie nach Absprache mit Ihrem Frauenarzt die Verhütung ab.

    Ich bin schwanger! Welche Blutzuckerwerte soll ich erreichen?

    Ist der Schwangerschaftstest positiv, sollten Sie folgende Zielwerte für Ihre Blutzuckerwerte anstreben:

     Zeitpunkt der Blutzucker-Selbstmessung  mg/dl  mmol/l
     vor dem Frühstück, Mittagessen, Abendessen  60-90  3,3-5,0
     1 Stunde nach Beginn der Mahlzeit  kleiner 140  kleiner 7,7
     2 Stunden nach Beginn der Mahlzeit  kleiner 120  kleiner 6,6
     vor dem Schlafen gehen, ca. 22-23 Uhr  90-120  5,0 – 6,6
     nachts in der Zeit von 2-4 Uhr  größer 60  größer 3,3

    Zusätzlich können Sie in regelmäßigen Abständen Ihre gemessenen Werte eines Tages zusammenzählen und durch die Anzahl der Messungen teilen. Sie erhalten dann ein mittleres Blutzuckergebnis. Ein Mittelwert unter 85 mg/dl (4,7 mmol/l) deutet auf zuviel Insulin hin, während ein Mittelwert größer 105 bis 110 mg/dl (5,8 – 6,1 mmol/l) anzeigt, dass die Einstellung noch verbessert werden kann. Sie müssen nicht beide Werte nach dem Essen messen, sondern wir empfehlen Ihnen den Wert eine Stunde nach Beginn der Mahlzeit. Dieser Wert zeigt am besten den Einfluss auf das Wachstum Ihres Kindes im Mutterleib. Bei erhöhten Werten besprechen Sie mit Ihrem Diabetologen, welche Insulin-Dosis angepasst werden soll. Spritzen Sie bitte nicht gleich jeden erhöhten Wert nach dem Essen mit kurzwirksamen Insulin herunter – dies sollten Sie nur bei Werten ab 200 mg/dl (11,0 mmol/l) tun. Während der Schwangerschaft empfehlen wir eine HbA1c-Kontrolle alle 4-6 Wochen; dieser soll im Bereich für Gesunde (sogenannter Referenzbereich) liegen. Über diesen Bereich informiert Sie Ihr Diabetologe.

    Sicherlich haben Sie sich schon gefragt, ob Ihre Blutzucker-Selbstmessungen genau und zuverlässig sind. Hierfür gibt es für jedes Selbstmessgerät Kontroll-Lösungen. Wir empfehlen, Ihr Gerät bei jedem Besuch bei Ihrem Diabetologen durch die passende Kontroll-Lösung oder eine Labor-Vergleichsmessung zu überprüfen. Sind die Ergebnisse nicht im vorgesehenen Bereich, muss nach Störmöglichkeiten gesucht oder Ihr Gerät gegen ein anderes getauscht werden.

    Bitte informieren Sie sich, ob ihr Blutzucker-Selbstmessgerät von der Herstellerfirma auf kapilläres Vollblut oder Blutplasma eingestellt (kalibriert) ist – Sie finden entsprechende Hinweise im Beipackzettel des Messgerätes, weitere Informationen liefert Ihnen das Team Ihrer Diabetes-Schwerpunkteinrichtung. Die vorgenannten Zielwerte gelten für kapilläres Vollblut. Bei einem auf Plasma eingestellten Gerät werden die Blutzucker-Ergebnisse etwa 11 % höher angezeigt, in diesem Fall gelten auch höhere Zielwerte. Weitere Auskünfte zu den höheren Zielwerten erteilt Ihnen der Hersteller Ihres Blutzucker-Messgerätes.

    Bekommt mein Kind auch Diabetes?

    Das Risiko Ihres Kindes, an einem Typ 1 Diabetes zu erkranken, liegt bei 5,3% nach 20 Jahren. Mit anderen Worten: 95 von 100 Kindern, die von Müttern mit Typ 1 Diabetes geboren wurden, bleiben bis zum 20. Lebensjahr frei von Diabetes. Wir sehen dies als eine gute Nachricht für Ihre Familienplanung. Ist auch Ihr Mann, der Vater des Kindes, an Typ 1 Diabetes erkrankt, beträgt das 5-Jahres-Risiko 11 %, ist neben der Mutter auch ein Geschwister erkrankt, liegt die Rate nach fünf Jahren bei 12 %. Das Risiko in der Allgemeinbevölkerung beträgt bis zum 25. Lebensjahr ca. 0,3 %.

    Soll ich Jod, Vitamine, und Mineralstoffe zusätzlich einnehmen?

    Während der Schwangerschaft reicht für Sie und Ihr Kind die Jodversorgung nicht aus. Nehmen Sie deshalb täglich eine Tablette mit 200 Mikrogramm Jod ein, informieren Sie sich über jodhaltige Nahrungsmittel (z.B. Seefisch) und verwenden Sie jodiertes Speisesalz. Mit Jod und Folsäure angereichertes Speisesalz ist in jedem Supermarkt erhältlich. Durch ausreichende Jodversorgung werden Risiken für einen angeborenen Kropf oder eine Schilddrüsen-Unterfunktion bei Ihrem Kind abgewendet. Besteht bei Ihnen eine Schilddrüsenerkrankung, müssen Sie von Ihren Ärzten gezielt beraten werden. Bei ausgewogener Ernährung sind zusätzliche Vitamin- oder Mineralstofftabletten im Allgemeinen nicht erforderlich. Im Gegenteil: bestimmte Vitamine (Vitamine A, C, D, E) können bei hoher Dosierung nachteilig sein.

    Was ist besser: Basis-Bolus-Therapie oder Insulinpumpe?

    Beide Behandlungen sind gleich gut. Sie sollten gut geschult sein, die Basis- und Bolus-Insulinmengen sollten stimmen und Sie sollten in der Lage sein, die Insulindosis selbstständig anzupassen. Wenn Sie sich für eine Insulinpumpe entscheiden, dann absolvieren Sie das Training hierfür am besten schon vor der Schwangerschaft, um mindestens drei Monate mit Ihrer Pumpe Erfahrung zu sammeln. Wenn Ihre Schulung schon einige Jahre zurückliegt, dann sollten Sie mit Ihrem Diabetologen besprechen, ob nicht eine erneute strukturierte Schulung mit Blick auf die geplante Schwangerschaft Ihnen mehr Sicherheit geben kann.

    Von besonderer Bedeutung für das Wachstum Ihres Kindes, dessen Geburtsgewicht und damit für Risiken bei der Geburt sind Blutzuckerwerte auch nach dem Essen wichtig. Die straffe Blutzucker-Einstellung findet ihre Grenzen, wenn bei Schwangeren mit Typ-1-Diabetes schwere Unterzuckerungen auftreten, besonders solche, bei denen Sie auf fremde Hilfe angewiesen sind. Daher müssen für Sie besondere Ziele bei gehäuften schweren Unterzuckerungen vereinbart werden.

    Im ersten Drittel der Schwangerschaft erhöht sich für Schwangere mit Typ-1-Diabetes das Risiko für Unterzuckerungen, besonders nachts. Wichtig für Sie ist in dieser Zeit, vor dem Schlafengehen eine kohlenhydrat- und eiweißhaltige (Spät-)Mahlzeit einzuplanen (z.B. Joghurt mit Früchten), um das nächtliche Risiko für Unterzuckerungen abzumildern. Nachteilige Auswirkungen für das Kind durch einzelne, schwere Unterzuckerungen sind nicht bekannt, es fehlen aber Nachbeobachtungen der Kinder bis zur Schulzeit und Pubertät.

    Der Insulinbedarf steigt im zweiten Schwangerschaftsdrittel beginnend ständig an (50-100 % mehr Insulin bis zur Geburt) - darauf müssen Sie vorbereitet sein. Wenn Sie Typ-2-Diabetes haben und übergewichtig sind, dann kann es erforderlich sein, vorübergehend sehr viel Insulin (z.B. mehrere Hundert Einheiten am Tag) einzusetzen. Bereits einige Tage vor dem errechneten Entbindungstermin kann der Insulinbedarf schon um 10-15 % sinken. Zum Zeitpunkt der Geburt fällt der Insulinbedarf dann weiter schnell ab. Mit Beginn der Geburt vermindert sich der basale Insulinbedarf um ca. 50 % (Basalrate an der Pumpe oder Dosis des Verzögerungsinsulins entsprechend vermindern). Bei der Geburt wird nur kurzwirksames Insulin, je nach Gepflogenheiten in der Klinik auch über die Vene, verabreicht. Nach der Geburt wird bei Ihnen die Insulinversorgung innerhalb weniger Tage individuell neu angepasst, als Orientierung dient der Bedarf vor der Schwangerschaft. Es ist hilfreich, wenn Sie einen Zettel mit den Insulinmengen vor der Schwangerschaft bei der Geburt mit sich führen.

    Sind Insulinanaloga und Humaninsulin gleich gut?

    Mit Humaninsulin bestehen seit 25 Jahren weltweit umfangreiche Erfahrungen. Daher sind Sie mit Humaninsulin gut beraten. Die kurzwirksamen Insulinanaloga Insulin aspart (NovoRapid®) und Insulin lispro (Humalog®) haben nach aktuellen Erkenntnissen gegenüber Humaninsulin keine Nachteile, Sie können also dabei bleiben. Mit Insulin glulisin (Apidra®) liegen keine Erfahrungen vor. Langwirksame Insulinanaloga, Insulin glargin (Lantus®) und Insulin detemir (Levemir®), sollen mangels ausreichender Erfahrungen in der Schwangerschaft nicht eingesetzt werden, eine Umstellung auf humane Basalinsuline (NPH-Insulin) bereits bei Planung der Schwangerschaft ist erforderlich. Allerdings brauchen Sie sich keine Sorgen machen, wenn Sie mit einem langwirksamen Insulinanalogon schwanger geworden sind, Hinweise für Fehlbildungen gibt es bisher nicht. Trotzdem empfehlen wir Ihnen bei bereits nachgewiesener Schwangerschaft noch die Umstellung. Ein ungeklärtes Problem ist, dass Insulin glargin (Lantus®) möglicherweise die Neigung zu Netzhautveränderungen am Auge während der Schwangerschaft verstärken kann.

    Sind schwere Unterzuckerungen oder Ketoazidosen ein Thema?

    Schwere Unterzuckerungen mit Notwendigkeit einer intravenösen Glukoseinjektion durch den Notarzt oder einer Glukagoninjektion durch den Partner müssen vermieden werden. Durch eine stabile, sehr niedrige Blutzucker-Einstellung können Warnzeichen für Unterzuckerungen unterdrückt sein und schließlich durch unzureichende Gegenregulation ganz fehlen. Ihr Partner oder ein anderer Angehöriger muss über Unterzuckerungen gut informiert und in die Anwendung des Glucagon-Notfallsets eingewiesen sein.

    Die Ketoazidose (Blutübersäuerung durch Insulinmangel) bei diabetischer Schwangerschaft ist eine kritisch zu bewertende Notfallsituation. Daher ist es wichtig, dass Sie mit Ihrem Diabetologen besprechen, ab welcher Blutzuckerhöhe oder welchen Gegebenheiten Sie nicht nur den Blutzucker, sondern auch Aceton im Urin testen und das erlernte Notfallprogramm einsetzen. Tritt eine Ketoazidose im Zusammenhang mit einer Zweiterkrankung wie z.B. einer Nierenbecken-entzündung, Fieber oder auch ungeklärten Bauchschmerzen auf, müssen Sie unverzüglich ärztlichen Rat einholen, auch nachts, und sich unter Umständen in stationäre Behandlung begeben.

    Ich habe erhöhten Blutdruck und nehme Medikamente

    Zu unterscheiden sind erhöhte Blutdruckwerte schon vor der Schwangerschaft und bis zum Abschluß der ersten Schwangerschaftshälfte (das sind gerechnete 20 Schwangerschafts-wochen=SSW) und erhöhte Blutdruckwerte nach 20 Schwangerschaftswochen, die im Rahmen einer sogenannten Schwangerschafts-Gestose (=Präeklampsie) auftreten. Während das Blutdruck-Einstellungsziel vor der Schwangerschaft und bis 20 SSW unter 140/90 mmHg angestrebt wird, liegt die Schwelle zur Blutdruck-Erstbehandlung in der Schwangerschaft nach 20 SSW höher: hier wird erst ab Werten von 160-170 mmHg systolisch (oberer Wert) und 100-110 mmHg diastolisch (unterer Wert) mit der medikamentösen Blutdrucksenkung begonnen, da bei zu frühzeitiger Therapie das Risiko einer Wachstumsverzögerung des Kindes besteht. Die Verantwortung für die Hochdruckbehandlung nach 20 SSW liegt beim Frauenarzt, der sich in enger Absprache mit dem Diabetologen über die Art der Medikamente verständigen wird. Bei diabetischer Nierenerkrankung werden für Sie ganz persönliche Einstellungsziele vereinbart.

    Die Präparategruppe der ACE-Hemmer, z.B. Ramipril, oder der AT1-Rezeptor-Hemmstoffe, z.B. Candesartan, sind während der gesamten Schwangerschaft wegen ihres erhöhten Fehlbildungsrisikos nicht erlaubt und müssen bereits vor der Schwangerschaft umgestellt werden – Alpha-Methyl-Dopa, z.B. Presinol®, ist das Medikament der Wahl. Reicht Alpha-Methyl-Dopa als Einzelbehandlung nicht aus, kann mit einem Betablocker, wie z.B. Metoprolol, kombiniert werden. Ausschwemmende Mittel, sogenannte Diuretika, sollen möglichst in der Schwangerschaft nicht neu angesetzt werden. Ein plötzlich starker Blutdruckanstieg nach 20 SSW mit Eiweißausscheidung im Urin und starken Schwellungen von Gesicht und Händen soll unbedingt in der Klinik überwacht und behandelt werden. Treten plötzlich heftige Schmerzen im rechten Oberbauch auf, begeben Sie sich bitte umgehend in die Klinik – es könnte eine Komplikation der Gestose vorliegen.

    Was ist mit diabetischen Netzhautveränderungen (Retinopathie)?

    Diabetische Netzhautveränderungen sind die häufigsten Komplikationen bei diabetischen Schwangeren mit Typ-1-Diabetes und können erstmals während der Schwangerschaft auftreten. Bereits vorhandene Netzhautbefunde können sich während der Schwangerschaft verschlechtern, meist im letzten Schwangerschaftsdrittel.

    Für eine Verschlechterung von Netzhautbefunden können verantwortlich sein:

    • die Schwangerschaft für sich (durch die hormonelle Umstellung)
    • ungünstiger Netzhautbefund vor der Schwangerschaft
    • unzureichende Laser-Behandlung vor der Schwangerschaft bei bereits bekannter Netzhauterkrankung
    • erhöhter Blutdruck
    • diabetische Nierenerkrankung
    • Rauchen
    • hoher Hba1c-Wert am Beginn der Schwangerschaft
    • schnelle Normalisierung der erhöhten Blutzuckerwerte
    • Diabetesdauer länger als 10 Jahre
    • Blutarmut (Anämie, niedriger Hämoglobin-Wert).

    Bei fehlender diabetischer Retinopathie achten Sie auf folgende augenärztliche Untersuchungen, die immer mit erweiterten Pupillen durchgeführt werden müssen:

    • bei Schwangerschaftsplanung noch vor der Empfängnis
    • sofort nach Diagnose der Schwangerschaft
    • anschließend alle drei Monate bis zur Geburt.

    Das üblicherweise zur Pupillenerweiterung eingetropfte Mittel schadet weder Ihnen noch Ihrem Kind. Bei erstmals festgestellter Retinopathie oder bei Verschlechterung einer bereits bekannten Retinopathie werden durch den Augenarzt (der Netzhautspezialist sein muss) für Sie ganz persönliche, kurzfristigere Kontrollen vereinbart, in der Regel einmal monatlich. Besteht bei Ihnen Kinderwunsch und eine behandlungsbedürftige Retinopathie (vielleicht sogar mit hohem HbA1c-Wert), dann sollten Sie sich beraten lassen, ab wann eine Schwangerschaft ohne besondere Risiken möglich ist. Die Behandlung der Retinopathie mit dem Laser soll auf jeden Fall vollständig abgeschlossen sein.

    Eine diabetische Retinopathie allein ist kein Grund für eine Kaiserschnitt-Entbindung. Durch das Pressen bei der Geburt konnten keine nachteiligen Auswirkungen auf die Netzhautgefäße belegt werden. Liegt bei Ihnen eine Retinopathie vor, dann sind im ersten Jahr nach der Geburt mehrfache Kontrollen erforderlich, die Sie mit dem Augenarzt vereinbaren, der übliche Abstand nach erst einem Jahr ist in diesem Fall zu lang. Während der Schwangerschaft neu aufgetretene Veränderungen bilden sich häufig im ersten Jahr danach von allein zurück.

    Was ist bei einer diabetischen Nierenerkrankung (Nephropathie) zu beachten?

    Wenn Ihre Niere gesund ist, wird vor und während der Schwangerschaft Ihr Urin regelmäßig am Beginn eines neuen Schwangerschaftsdrittels auf eine erhöhte Albuminausscheidung getestet. Daran kann das Risiko für eine Gestose (Präeklampsie) und eine Frühgeburt eingeschätzt werden. Untersuchungsmöglichkeiten sind entweder die zweimalige Albuminbestimmung aus spontan gelassenem Urin mit Ausrechnen eines Mittelwertes oder die Albumin-Bestimmung aus dem 24-Stunden-Sammelurin.

    Wenn bei Ihnen eine diabetische Nephropathie diagnostiziert wurde, können Sie trotzdem eine Schwangerschaft planen. Hierbei sind einige Besonderheiten zu beachten. Die Risiken für Sie als Mutter, aber auch für das Kind, sind nicht unerheblich. Das Kind kann unzureichend wachsen und ist durch eine mögliche sehr frühe Geburt gefährdet.

    Bei diabetischer Nierenerkankung und Kinderwunsch sollen Sie auf besonders hohe Risiken hingewiesen werden, wenn bei Ihnen folgendes festgestellt wird:

    • ein Serum-Kreatininwert ab 1,5 mg/dl (ab 133 µmol/l)
    • eine deutlich eingeschränkte Nieren-Filterleistung (Kreatinin-Clearance < 60 ml/min)
    • ein schwer einstellbarer erhöhter Blutdruck, der trotz Einsatz mehrerer Medikamente sich nicht ständig auf Werte unter 140/90 mm Hg einregulieren lässt.

    Eine für Sie ganz persönliche Risikobeurteilung in Zusammenarbeit mit dem Nierenspezialisten (Nephrologen) ist von größter Bedeutung, darauf sollten Sie nicht verzichten.

    Selten: Diabetische Nervenstörung (Neuropathie)

    Wenn Sie eine Schwangerschaft planen und der Diabetes bei Ihnen länger als 10 Jahre besteht, sollten Sie Ihren Diabetologen fragen, ob es bei Ihnen Hinweise für eine diabetische Magenentleerungsstörung, einen Blutdruckabfall beim Übergang vom Liegen zum Stehen oder Störungen bei der Wahrnehmung von Unterzuckerungen gibt. Wenn notwendig, kann Ihr Diabetologe entsprechende Untersuchungen veranlassen und Sie beraten.

    Selten: Durchblutungsstörungen der Schlagadern

    Frauen mit Diabetes haben ein erhöhtes Risiko für Einengungen der Gefäße des Herz-Kreislaufsystems, welches durch die Schwangerschaft weiter gesteigert werden kann. Insgesamt ist dieser Befund aber selten. Gefährdet sind Frauen mit langer Diabetesdauer, höherem Lebensalter, diabetischer Nierenerkrankung, erhöhtem Blutdruck und Raucherinnen. Bestehen bei Ihnen Einengungen der Herzkranzgefäße oder sollten Sie bereits einen Herzinfarkt durchgemacht haben, empfehlen wir für die Risikoeinschätzung und den Zeitpunkt für eine gewünschte Schwangerschaft unbedingt die Stellungnahme eines Herzspezialisten (Kardiologen) zu berücksichtigen.

    Häufig: Vergessen Sie nicht die Schilddrüse!

    Bei diabetischen Frauen besteht eine hohe Rate für eine besondere Form der Schilddrüsenentzündung (Autoimmunthyreoiditis), besonders wenn Sie über 30 Jahre alt sind. Ein Suchtest zur Schilddrüsenfunktion wird mit dem TSH-Wert gemacht. Bei auffälligem TSH-Wert schließen sich die Bestimmung des Schilddrüsenhormons im Blut und bestimmter Antikörper sowie eine Schilddrüsen-Ultraschalluntersuchung (Sonographie) an. Bei erhöhtem TSH-Wert, aber normalen Schildrüsen-Hormonwerten im Blut, muss bereits das Schilddrüsenhormon als Tablette zugeführt werden. Wegen des erhöhten Risikos einer Schilddrüsenfunktionsstörung sollen entsprechende Laborbestimmungen (TSH) auch innerhalb von 3-12 Monaten nach der Geburt erfolgen.

    Bei einer Schilddrüsen-Überfunktion in der Schwangerschaft kann mit den üblichen Medikamenten (Thyreostatika=Hormon-Stopper) behandelt werden. Hormon-Stopper sind auch während des Stillens unbedenklich. Jodid darf bei einer Schilddrüsen-Überfunktion nicht gegeben werden. Bei Unklarheiten sollten Sie unbedingt frühzeitig einen Schilddrüsenspezialisten aufsuchen.

    Wie geht es meinem Kind? Was zeigen die Ultraschalluntersuchungen?

    Die Mutterschaftsrichtlinien sehen drei Ultraschalluntersuchungen vor, die bei Ihnen durch Zusatzuntersuchungen ergänzt werden können:

    • 8-12 SSW: körperliche Intaktheit der Schwangerschaft und Herzaktionen des Kindes
    • 11-14 SSW: Nackentransparenz-Messung (wenn notwendig)
    • 19-22 SSW: Ultraschall-Feinuntersuchung zur Fehlbildungssuche (entsprechend Level DEGUM II, d.h. eine entsprechende Qualifikation Ihres Untersuchers ist erforderlich, Ihr Frauenarzt informiert Sie darüber)
    • ab 24 SSW: alle 2-4 Wochen Erhebung der Ultraschallmaße Ihres Kindes, bei Auffälligkeiten auch häufiger.

    Eine Fruchtwasserpunktion oder eine Zotten-Gewebeentnahme ist wegen Ihres Diabetes nicht erforderlich; Chromosomen-Veränderungen, wie z.B. Trisomie 21, treten bei Diabetes nicht gehäuft auf.

    Sonographische Hinweiszeichen für Übergewicht durch nicht ausreichend gut eingestellten Diabetes sind:

    Übermäßige Zunahme des Bauchumfangs Ihres Kindes bei normalem Wachstum von Kopf und Oberschenkelknochen (Femur)

    Bauchumfang bezogen auf die SSW erheblich größer als der Kopfumfang.

    Vor der Entbindung sind die Schätzung des Geburtsgewichts Ihres Kindes und die Beurteilung des Verhältnisses von Bauch und Kopf durch einen erfahrenen Ultraschall-Untersucher zu empfehlen.

    Dopplersonographie

    Diese Untersuchung wird Ihnen bei Notwendigkeit unabhängig von Ihrer Diabetesdiagnose angeboten. Bei Wachstumsverzögerung Ihres Kindes stellt sie eine zusätzliche Überwachungsmethode dar.

    Herzton-Wehenschreibung (Kardiotokographie, CTG)

    Die Häufigkeit der CTG-Kontrollen soll an Ihre individuellen und die Risiken Ihres Kindes angepasst werden. Hierdurch kann, besonders bei unzureichendem oder übermäßigem Wachstum ein drohender Sauerstoffmangel des Kindes im Mutterleib rechtzeitig erfasst werden.

    Weitere Untersuchungen: Wehenbelastungstest, Fruchtwasserinsulin, Kindsbewegungen

    Der Wehenbelastungstest als Routinemaßnahme ist heute überholt. Furchtwasserinsulin-Messungen ab 28 SSW sind geeignet zur Abschätzung übermäßiger Insulinausschüttung durch Ihr Kind, jedoch ist eine Fruchtwasserpunktion erforderlich, die mit weiteren Risiken verbunden sein kann. Nur Diese Methode besonderen Fragestellungen vorbehalten. Die Selbstüberwachung Ihrer Kindsbewegungen durch tägliches Zählen („Zähl bis Zehn“) kann in Einzelfällen (z.B. wenn Sie auf dem Land oder einer der Inseln wohnen) die frühzeitige Erfassung kindlicher Risiken zu Hause verbessern helfen, falls technische Methoden und CTG nicht schnell genug zur Verfügung stehen. Ein regelmäßiger Ersatz für die technischen Methoden ist das Selbstzählen der Kindsbewegungen nicht.

    Entzündungen der Geschlechtswege und des Nieren-Harnleitersystems

    Die Häufigkeit von bakteriellen Entzündungen der Scheide und des Nieren-Harnleitersystems bei Schwangeren mit Diabetes ist erhöht und mit gesteigerter Frühgeburtenrate verbunden. Daher werden regelmäßige Kontrollen und, wenn notwendig, eine frühzeitige Behandlung mit Antibiotika empfohlen.

    Die Geburt setzt zu früh ein: Wehenhemmung

    Vorzeitige Wehen werden meistens nicht länger als zwei bis drei Tage medikamentös behandelt. Diese Zeit reicht aus, um die Lungenreife des Kindes durch Medikamente (Kortison) anzuregen. Der Wehenhemmer Atosiban (Tractocile®) ist stoffwechselneutral und als Medikament der ersten Wahl einzusetzen. Die Wehenhemmung als Tropf mit einem Adrenalin-ähnlichen Medikament (z.B. Partusisten®) führt zum deutlichen Anstieg der Blutzuckerwerte; Bettruhe und die häufig gleichzeitige Kortisongabe zur Anregung der kindlichen Lungenreife verstärken diesen Effekt noch, so dass die Insulindosis kurzfristig erheblich erhöht werden muss. Eine stoffwechselneutrale Wehenhemmung ist auch mit blutdrucksenkenden Tabletten (Nifedipin=Adalat®) möglich.

    Anregung der kindlichen Lungenreife

    Das Frühgeburtenrisiko (Geburt vor vollendeten 37 SSW) ist bei Müttern mit Diabetes im Mittel fast 5-fach erhöht. Gleichzeitig kann beim Kind durch erhöhte, eigene Insulinspiegel die Bildung des inneren Lungenbläschen-Überzuges (Lungenbläschen=Alveolen) eingeschränkt sein mit dem Risiko von Atemnot beim Neugeborenen. Der innere Lungenbläschen-Überzug (Fachausdruck: Surfactant-Faktor) hilft bei der Entfaltung der Lunge nach der Geburt. Bei drohender Frühgeburt vor 34 SSW ist daher eine medikamentöse Anregung der Lungenreife mit Kortison durch zwei Spritzen in den Gesäßmuskel im Abstand von 24 Stunden angezeigt. Nach Beginn der Kortison-Gabe muss für vier Tage mit einer Steigerung des Insulinbedarfs um 20-40 % gerechnet werden. Erhöhte Blutzuckerspiegel werden etwa 5-6 Stunden nach der ersten Kortisongabe erwartet, eine sofortige Anpassung der Insulindosis in Absprache mit Ihrem Diabetologen ist daher ratsam.

    Mütterliche Komplikationen und Notfälle – Hypertonie, Präeklampsie/Eklampsie

    Die Gestose (Präeklampsie) ist definiert als ein Blutdruckanstieg über 140 mmHg systolisch (=oberer Wert) oder über 90 mmHg diastolisch (=unterer Wert) in Kombination mit einer Eiweißausscheidung im Urin von mehr als 300 mg (0,3 g) oder zweimal Eiweiss ++/+++ auf dem Urin-Teststreifen innerhalb von 24 Stunden im Zeitraum nach 20 SSW. Bei einem reinen Schwangerschafts-Hochdruck fehlt die Eiweissausscheidung, hierbei sind die Risiken für den weiteren Schwangerschaftsverlauf wesentlich geringer. Ist die Präeklampsie schwer, dann werden Blutdruckwerte von 170 mmHg systolisch und/oder von 110 mmHg diastolisch und darüber gemessen. Ziel der Behandlung bei diesen Befunden ist die Vermeidung einer schweren Gestose (Eklampsie), die unter anderem durch das Auftreten von Krampfanfällen des Gehirns und dem Risiko von Gehirn-Blutungen gekennzeichnet ist. Vorrangiges Zeichen des sogenannten HELLP-Syndroms, einer typischen Komplikation der Präeklampsie, ist der anhaltende, rechtsseitige Oberbauchschmerz. Die Behandlung dieser lebensbedrohlichen Erkrankungen muss in einem sog. Perinatalzentrum erfolgen.

    In bestimmten Fällen wird Ihr Geburtsmediziner Ihnen zur Vorbeugung einer Gestose die Behandlung mit niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (=ASS, z.B. Aspirin®) vorschlagen. Diese Behandlung soll möglichst vor 20 SSW begonnen werden - und sie wird spätestens mit 34 SSW wieder abgesetzt. ASS kommt in erster Linie bei Typ-1-Diabetes mit Nierenproblemen und Hochdruck in Frage oder wenn Sie schon mal eine Präeklampsie in einer vorangehenden Schwangerschaft hatten. Auch bei Präeklampsie-Fällen in Ihrer Familie (Mutter oder Schwester) wird Ihr Frauenarzt mit Ihnen über ASS sprechen.

    Nach 20 SSW soll eine Hochdruckbehandlung ab 160-170 mmHg systolisch oder 100-110 mmHg diastolisch oder - abhängig von Beschwerden oder Krankheitszeichen - bei niedrigeren Werten auch früher begonnen und eine angemessene Überwachung veranlasst werden. Das kann auch bedeuten, dass Sie im Krankenhaus beobachtet werden müssen. Ihr persönliches Risiko für eine Gestose kann durch eine Doppler-Sonographie derjenigen Blutgefäße abgeschätzt werden, die die Gebärmutter versorgen. Die Hochdruckbehandlung nach 20 SSW ist ein Schwangerschaftsproblem und soll immer durch Ihren Frauenarzt begonnen und überwacht werden.

    Wahl der Entbindungsklinik

    Die Entbindung aller Schwangeren mit Typ 1 oder Typ 2 Diabetes muss in einem sogenannten Perinatalzentrum mindestens LEVEL 2 geplant werden (Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen). Ein Entbindungszentrum arbeitet mit einer Kinderklinik, die eine Neugeborenen-Station vorhält, in unmittelbarer räumlicher Nachbarschaft zusammen. Eine rechtzeitige Vorstellung im Entbindungszentrum spätestens mit 36 SSW ist besonders wichtig und mit einer entsprechenden Überweisung Ihres Frauenarztes eine Kassenleistung. Bei bereits mit Ultraschall festgestellten Fehlbildungen muss die Entbindung mit direkter Anbindung an die erforderlichen chirurgischen Spezialdisziplinen (Kinder-, Neuro-, Kardiochirurgie) erfolgen. Ziel dieses Vorgehen ist, dass das Kind nach der Geburt nicht als Notfall erst in eine geeignete Klink transportiert werden muss.

    Geburtseinleitung und Kaiserschnitt-Geburt

    Die Gründe für eine Geburtseinleitung entsprechen denen von Frauen ohne Diabetes. Bei Erreichen des errechneten Entbindungstermins ist ein aktives Vorgehen zur Einleitung der Geburt angezeigt, Übertragungen nach dem errechneten Entbindungstermin sollen vermieden werden. Zu frühzeitiges Einleiten als Routinemethode erhöht andererseits die Rate an Kaiserschnitt-Entbindungen ohne Verringerung kindlicher Risiken nach der Geburt. Der Diabetes der Mutter allein ist kein Grund für einen geplanten Kaiserschnitt. Bei einem Schätzgewicht des Kindes über 4500 g (kleine Frauen: 4250 g) ist wegen des erhöhten Risikos für das Steckenbleiben der Schulterpartie des Kindes bei der Geburt (Schulterdystokie) ein Kaiserschnitt von vornherein mit Ihnen zu besprechen. Die Indikation zum Kaiserschnitt während der Geburt, z.B bei Geburtsstillstand oder auffälligem CTG, wird von Ihren Ärzten nach geburtsmedizinischen Gesichtspunkten entschieden, um Gefahren vom Kind abzuwenden.

    Stoffwechselführung unter der Geburt

    Blutzucker-Zielwerte unter der Geburt sollen zwischen 70-110 mg/dl (3,9-6,1 mmol/l) liegen. Es sollen plötzliche Unterzuckerungen oder auch schlagartige Blutzuckerspitzen unbedingt vermieden werden. Durch ein im Kreißsaal verfügbares, standardisiertes Behandlungsschema Ihrer Entbindungsklinik mit Anweisungen zu Infusionen und zur Insulindosis-Anpassung soll ein für Sie gleichmäßiger Stoffwechselverlauf bis zur Durchtrennung der Nabelschnur gewährleistet werden. In der Entbindungsklinik wird man Ihnen bei Interesse sicher die Blutzuckerführung unter der Geburt erläutern, wenn es Ihr Diabetologe nicht schon vorher getan hat. Bei Beginn der Geburt soll zur besseren Steuerung der Blutzuckerwerte kein langwirksames, sondern nur kurzwirksames Insulin verabreicht werden. Die Insulinpumpe kann bis zum Geburtsende eingesetzt werden, auch bei Kaiserschnitt (Befestigung z.B. am Oberarm). Während der Geburt sind stündliche Blutzuckerkontrollen bei Ihnen ausreichend. Sofortige Entscheidungen zu mehr Insulinzufuhr oder mehr Glukosegabe müssen aus den gemessenen Blutzuckerwerten gezogen werden. Verantwortlich hier ist Ihr Geburtshilfeteam. Nach Geburt der Plazenta muss die Insulindosis vermindert werden, um Unterzuckerungen bei Ihnen zu vermeiden.

    Risiken für Ihr Kind nach der Geburt

    Die Frühgeburtenrate vor 37 SSW ist, abhängig von der Stoffwechseleinstellung, bei Müttern mit Diabetes deutlich erhöht (etwa fünffach im Vergleich zu Frauen ohne Diabetes). Ebenso gesteigert ist die Verlegungsrate Ihres Kindes auf die Neugeborenen-Intensivstation zur sicheren Überwachung und Betreuung durch erfahrene Kinderärzte. Die kindlichen Komplikationen umfassen unter anderem Unterzuckerungen, Neugeborenen-Gelbsucht, Bluteindickung, vorübergehende Verdickung der Herzkammer-Scheidewand und Atemprobleme. Die besondere Überwachung ist bei gefährdeten Kindern von Müttern mit Diabetes auch deshalb notwendig, da lebensbedrohliche Risiken der Kinder bis eine Woche nach der Geburt auch heute noch etwa fünffach erhöht sind. Hierzu zählt auch der plötzlich unerwartete Tod des Kindes noch vor der Geburt. Diese belastenden Ereignisse können durch intensive Überwachung frühzeitig erkannt, aber nicht immer verhindert werden.

    Was soll ich nach der Geburt beachten?

    In den ersten Stunden nach der Geburt wird unter Umständen kein oder nur sehr wenig Insulin benötigt, etwa drei Tagen danach ist der Insulinbedarf im Vergleich zu vor der Schwangerschaft noch um ca. 20 % vermindert. Das Risiko für Unterzuckerungen ist in den ersten Tagen nach der Geburt erhöht. Der Blutzucker soll in dieser Zeit alle 4-6 Stunden kontrolliert werden, um Trends der Blutglukoseentwicklung rechtzeitig zu erfassen, bei Bedarf auch nachts.

    Soll ich stillen? Soll mein Kind geimpft werden?

    Stillen wird allen Müttern mit Diabetes ausdrücklich empfohlen. Während des Stillens kann der Insulinbedarf vermindert sein. Durch reguläre Impfungen der Kinder steigt deren Typ 1 Diabetes-Risiko nicht an. Über das empfohlene Impfprogramm informiert Sie Ihr Kinderarzt.

    Ich habe Typ-2-Diabetes, was muss ich beachten?

    Schwangerschaften bei Typ-2-Diabetes nehmen zu. Die Risiken sind genauso hoch wie bereits bei Typ 1 Diabetes beschrieben. Wenn Sie Typ-2-Diabetes haben, bestehen im Vergleich zu Typ-1-Diabetes weitere Probleme: eine höhere Rate an Übergewicht, ein höheres Lebensalter, eine kürzere Diabetesdauer mit weniger Krankheitserfahrung und eine höhere Rate an Begleiterkrankungen wie erhöhter Blutdruck oder erhöhte Blutfette mit entsprechenden Medikamenten. Die Vorbereitung auf eine Schwangerschaft muss sehr sorgfältig geschehen. Besonders wichtig ist eine rechtzeitige Umstellung von Diabetes-Tabletten auf Insulin und eine Mitbetreuung durch einen Diabetologen.

    Wenn Sie Typ-2-Diabetes haben, dann darf er durch Ihre Betreuer nicht unterschätzt oder verharmlost werden. Die Risiken sind dem Typ 1 Diabetes vergleichbar. Die Stoffwechselziele entsprechen ebenfalls denen des Typ-1-Diabetes.

    Woher weiß ich, dass meine Betreuung eine gute Qualität hat?

    Schwangerschaften bei bekanntem Diabetes entsprechen einem insgesamt seltenen Ereignis bei erhöhten Schwangerschaftsrisiken. Daher sollte sowohl die ambulante als auch stationäre Versorgung für Sie in der Hand von spezialisierten Teams (Kompetenzzentren) erfolgen. Fragen Sie einfach danach, wie viel diabetische Schwangere pro Jahr in der Schwerpunkteinrichtung betreut werden, an die Sie sich wenden wollen. Hören Sie auch auf den Rat Ihres Diabetologen, Ihres Frauenarztes und von Selbsthilfegruppen vor Ort.


    Herausgeber: W.A. Scherbaum, T. Haak

    Autoren: H.Kleinwechter1, C.Bührer2, W.Hunger-Battefeld3, F.Kainer4, A.KautzkyWiller5, B.Pawlowski6, H.Reiher7, U.Schäfer-Graf8,M.Sorger9

    Institutsangaben
    1 diabetologikum kiel, Diabetesschwerpunktpraxis und Schulungszentrum, Kiel
    2 Abteilung für Neonatologie, Universitäts-Kinderspital, Basel
    3 Klinik für Innere Medizin III, Universitätsklinikum Jena, Jena
    4 Perinatalzentrum Klinikum Innenstadt LMU, München
    5 Medizinische Universität Wien, Klinik für Innere Medizin III, Abt. für Endokrinologie & Stoffwechsel, Wien
    6 Deutsche Diabetes-Klinik, Deutsches Diabetes-Zentrum, Düsseldorf
    7 Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin, Vivantes Klinikum im Friedrichshain, Berlin
    8 Vivantes Kompetenzzentrum Diabetes u. Schwangerschaft, Vivantes Klinikum Neukölln, Berlin
    9 Medizinische Poliklinik, Universitätsklinikum Bonn, Bonn

    Erstveröffentlichung: 04/2008
    Geplante Überarbeitung: 04/2010

    Korrespondenzadressen
    Dr. med. Helmut Kleinwechter, Sprecher der Expertengruppe „Diabetes und Schwangerschaft“
    diabetologikum kiel, Diabetesschwerpunktpraxis und Schulungszentrum, Alter Markt 11, 24103 Kiel
    Tel: 0431/95807, Fax: 0431/95805, E-Mail: arzt@diabetologikum-kiel.de

    Prof. Dr. med. Werner Scherbaum, Vorsitzender der Leitlinienkommission DDG
    Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie des Universitätsklinikums Düsseldorf
    WHO Collaborating Centre for Diabetes, European Training Centre in Endocrinology & Metabolism
    Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf
    Tel: 0211/81-17810, Fax: 0211/81-17860, E-Mail: scherbaum@uni-duesseldorf.de

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