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Die diabetische Neuropathie (= diabetische Nervenerkrankung) ist eine häufige Folgekomplikation des Diabetes mellitus. Insbesondere Diabetiker mit längerer Diabetesdauer und unzureichender Stoffwechseleinstellung sind betroffen.

Unter anderem können die Störungen des Nervensystems Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verursachen, was die Lebensqualität oft deutlich einschränkt.

Die diabetische Neuropathie lässt sich je nach betroffenem Gebiet in verschiedene Formen einteilen. Die diabetische sensomotorische Polyneuropathie ist eine Erkrankung der peripheren Nerven, das heißt der Nerven außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks. Hierbei können sowohl willentlich gesteuerte Teile des Nervensystems (Berührungs- und Schmerzwahrnehmung, Innervation der Körpermuskulatur) als auch das autonome Nervensystem (z. B. Regulation von Atmung, Herzfrequenz, Darmbewegungen, Blasenfunktion) betroffen sein.

Die diabetische Neuropathie spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung des diabetischen Fußsyndroms: Beim Diabetiker mit Polyneuropathie ist das Risiko für eine Fußamputation gegenüber der Normalbevölkerung um das 10 bis 22-fache erhöht.

Ist das willentlich gesteuerte Nervensystem betroffen, kann es zu Störungen des Tastsinns und des Schmerzempfindens an den entsprechenden Hautpartien oder/und zu Bewegungsstörungen bestimmter Muskeln kommen. In der Regel sind dabei ganze Körperpartien (z. B. Beine) betroffen. Typisch ist ein strumpfförmiger beidseitiger Befall der Füße und Unterschenkel.

Bei der autonomen diabetischen Neuropathie sind die Nerven der inneren Organe (autonomes oder vegetatives Nervensystem) geschädigt. Das autonome Nervensystem versorgt jene Körperbereiche, die nicht der bewussten Steuerung unterliegen. Dazu gehören alle inneren Organe, Blutgefäße und Drüsen. Die autonome diabetische Neuropathie geht häufig mit Störungen der Magen-Darmbewegungen (Peristaltik) oder/und mit Regulationsstörungen der Herzfrequenz einher. Letzteres birgt die Gefahr von Herzrhythmusstörungen, die unter Umständen lebensbedrohlich sein können (plötzlicher Herztod).

Auch sexuelle Störungen im Rahmen des Diabetes mellitus sind häufig, werden allerdings sowohl vom Arzt als auch von den Diabetikern selbst oft tabuisiert. Schätzungen gehen davon aus, dass rund 50 Prozent der männlichen Diabetiker und etwa 30 Prozent der Diabetikerinnen betroffen sind. Die diabetische Neuropathie kann bei Männern zu Erektions- und Ejakulationsstörungen führen, meist zu einer verminderten Steifigkeit des Gliedes (Erektile Dysfunkton) oder auch zu einem vorzeitigen und nach innen gerichteten Samenabgang (Retrograde Ejakulation). Bei den Frauen ist die Fähigkeit zur Vaginalsekretion vermindert und es treten vermehrt Orgasmusprobleme auf.

Eher selten und überwiegend bei älteren Diabetikern finden sich Schädigungen einzelner Nerven (= Mononeuropathie). Dabei können zum Beispiel Augen- oder Gesichtsnerven betroffen sein. Die Folge sind Lähmungen bestimmter Augenmuskeln oder der mimischen Muskulatur (sehr selten). Bei der seltenen Mononeuropathie von Rumpfnerven kommt es zu Schmerzen und Gefühlsstörungen an der Bauchwand.

Krankheitszeichen und Folgen

Die Anfangsphase der Neuropathie verläuft für den betroffenen Diabetiker meist beschwerdefrei und wird daher oft übersehen. Allerdings kann der Arzt mit Hilfe einfacher Untersuchungen bereits in diesem Stadium Einschränkungen nachweisen: z. B. beim Vibrations-, Wärme- und Kälteempfinden oder bei den Muskeleigenreflexen. Mit speziellen Geräten lässt sich außerdem die Nervenleitgeschwindigkeit messen, die bei der diabetischen Neuropathie herabgesetzt ist.

Tückisch und häufig ist, dass eine sensomotorische diabetische Neuropathie dazu führt, dass Schmerzen, Wärme und Berührungsreize an den Füßen kaum noch oder nicht mehr wahrgenommen werden.

Häufig auch erste für den Patienten wahrnehmbare Zeichen für die Nervenschädigung sind Missempfindungen an den Füßen. Im weiteren Verlauf können Schmerzen in den Beinen, am Körperstamm oder im Gesicht auftreten. Typisch sind auch Beschwerden wie ein Brennen und Kribbeln in den Beinen. Diese Symptome machen sich bevorzugt in Ruhephasen (z. B. nachts) bemerkbar.

Schreiten die Schäden weiter fort, etwa durch einen schlecht eingestellten Blutzucker, gehen Schmerzfasern in den Nerven zugrunde und es kommt zum kompletten Gefühlsverlust. Die Betroffenen berichten zum Beispiel, dass sie „wie auf Watte“ gehen und nachts beim Gehen unsicher sind. Die Muskeleigenreflexe lassen sich zunehmend schwerer auslösen. Im weiteren Verlauf sind auch die Nervenanteile betroffenen, die die Muskulatur versorgen. Der Untergang dieser Nervenanteile wird von Schmerzen und Lähmungserscheinungen begleitet, zum Beispiel im Bereich der Oberschenkel- und Beckenmuskulatur.

Zu den Langzeitkomplikationen der diabetischen Neuropathie zählt auch der diabetische Fuß mit Druckgeschwüren, die sich infizieren können und sehr schlecht abheilen.

Schädigungen der autonomen oder vegetativen Nervenversorgung betreffen ganz verschiedene Organsysteme. Den Blutgefäßen geht zum Beispiel die Fähigkeit zur reflektorischen Verengung der Blutgefäße – und damit eine wichtige Kontrollfunktion über den Blutdruck und die Durchblutung der Organe – verloren.

Außerdem ist der Abkühlungsmechanismus durch die reflektorische Schweißsekretion vermindert. Die betroffenen Diabetiker haben warme, rote Füße mit trockener, brennender Haut. Der Körper versucht, dies zu kompensieren, indem er die Schweißsekretion an anderen Körperstellen steigert.

Schädigungen der Nerven am Herzen können schwerwiegende Folgen für den Diabetiker haben. Die Regulation der Herzfrequenz wird dabei oft beeinträchtigt. Herzrhythmusstörungen können auftreten. Auch eine so genannte Frequenzstarre ist möglich, das heißt Herzfrequenz und Blutdruck können nicht mehr an die jeweilige Lebens- und Belastungssituation des Körpers angepasst werden. Die Schädigung der schmerzleitenden Nerven führt zum Auftreten von klinisch „stummen“, schmerzlosen Herzinfarkten. Die Pumpleistung des Herzens ist vermindert und das Risiko für einen plötzlichen Herztod erhöht.

Ist der Magen-Darm-Trakt betroffen, können Bewegungsstörungen der Speiseröhre zu Schluckstörungen führen. Nervenstörungen am Magen machen sich durch Völlegefühl, Übelkeit, Aufstoßen und Druck im Oberbauch bemerkbar. Durch die unkontrollierte Nahrungsabgabe vom Magen in den Darm (Gastroparese) und die damit unkalkulierbare Aufnahme von Nährstoffen kann es zu schweren Unterzuckerungen kommen. Die Schwäche der Darmmuskulatur äußert sich mit Durchfällen und Verstopfung im Wechsel. In seltenen Fällen kommt es auch zu Blasen- und Mastdarmlähmungen mit unwillentlichem Abgang von Harn oder Kot (Inkontinenz).

Maßnahmen

Die Wissenschaft geht heutzutage davon aus, dass an der Entstehung der diabetischen Neuropathie viele verschiedene Faktoren gleichzeitig beteiligt sind. Es spielen insbesondere Stoffwechselveränderungen und gefäßbedingte Veränderungen eine Rolle. Beim Diabetes lassen sich Folgeerkrankungen wie die Neuropathie durch eine konsequente Einstellung des Blutzuckers verzögern oder sogar verhindern. Der Verzicht auf Alkohol und Nikotin wirkt sich ebenfalls günstig aus.

Medikamente, mit denen sich die Neuropathie heilen lässt, stehen trotz intensiver Forschungsbemühungen bisher nicht zur Verfügung. Bei Nervenstörungen mit Schmerzen werden im Einzelfall spezielle Schmerzmedikamente eingesetzt. Je nach Neuropathieform kann auch eine Physikalische Therapie (Wärme- und Kältebehandlungen), Krankengymnastik oder Elektrostimulation hilfreich sein.


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