Übergewicht erhöht das Lungenembolie-Risiko
(19.10.2005) Die Thrombose ist eine relativ häufige Erkrankung – in Deutschland werden pro Jahr etwa 200.000 Fälle diagnostiziert. Man versteht darunter den Verschluss eines Blutgefäßes durch ein Blutgerinnsel bzw. einen Blutpfropf (= Thrombus). Eine besonders gefährliche Situation liegt vor, wenn sich ein solcher Thrombus im tiefen Venensystem bildet, zum Beispiel in den tiefen Bein- und Beckenvenen: Gelangt das Gerinnsel mit dem Blutstrom durch das Herz in die Lungengefäße und verstopft hier eine Lungenarterie (sog. Lungenembolie), kann dies zu einer plötzlichen Überlastung des Herzens und in der Folge zu einem tödlichen Herzstillstand führen.
Lungenembolien werden klinisch zu häufig übersehen Foto: Dr. Ley, DGK
Das Risiko für Thrombosen und venöse Thromboembolien (= Einschwemmen eines Blutgerinnsels, dass aus den Venen stammt) nimmt mit höherem Alter zu. Weitere Risiken sind unter anderem langes Stehen und Sitzen, Operationen, Schwangerschaft und Rauchen (vor allem in Kombination mit der Antibabypille). Auch die erbliche Veranlagung spielt eine Rolle.
Über die genannten Risiken hinaus wird seit vielen Jahren diskutiert, ob Übergewicht ebenfalls zu einem erhöhten Thrombose- und Thromboembolie-Risiko beiträgt. Dieser Frage hat sich aktuell eine Studiengruppe um Dr. Paul D. Stein vom St. Joseph Mercy Krankenhaus in Pontiac, Michigan, gewidmet. Die Wissenschaftler überprüften anhand einer Gesundheitsdatenbank (National Hospital Discharge Survey) die Entlassungsinformationen von mehreren Millionen Menschen aus den Jahren 1979 bis 1999: Hierunter befanden sich mehr als zwölf Millionen Patienten, die mit der Diagnose Adipositas (= deutliches Übergewicht) und fast 700 Millionen Menschen, die ohne eine solche Diagnose aus dem Krankenhaus entlassen wurden.
Die Auswertung der Daten zeigte, dass bei Patienten mit Übergewicht eine tiefe Beinvenenthrombose etwa 2,5 mal häufiger auftrat als bei schlanken bzw. normalgewichtigen Personen. Das Risiko für eine Lungenembolie war im Vergleich ebenfalls um mehr als das Doppelte erhöht (relatives Risiko: 2,2). Insgesamt erlitten Frauen häufiger als Männer eine tiefe Venenthrombose (relatives Risiko: 2,75 versus 2,02).
Ein besonders bemerkenswertes – und alarmierendes – Ergebnis fand sich bei Patienten unter 40 Jahren: Hier war das Risiko für eine tiefe Venenthrombose bei übergewichtigen Frauen sogar um den Faktor 6,1 und bei adipösen Männern immerhin noch um den Faktor 3,7 erhöht.
Übergewicht ist ein Risikofaktor für eine tiefe Venenthrombose und die daraus resultierende – oftmals lebensbedrohliche – Lungenembolie. Vor allem jüngere Menschen (< 40 Jahre) und Frauen mit Adipositas sind erheblich stärker gefährdet als ihre normalgewichtigen oder schlanken Altersgenossen.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Stein PD, Beemath A, Olson RE. Obesity as a risk factor in venous thromboembolism. Am J Med 2005; 118: 978-980. |