Allgemeine klinische Untersuchung
U. a. zählen zur klinischen Untersuchung die Inspektion der Haut insbesondere im Bereich der Füße, die Prüfung der Hauttemperatur, Gelenkbeweglichkeit und Fußpulse, die Gangbeurteilung sowie die optische Kontrolle der Schuhe.
Allgemeine neurologische Untersuchung des willkürlichen (peripheren) Nervensystems
- Untersuchung der Schmerzempfindung
Mit Zahnstocher oder Einmalnadeln kann die Schmerzempfindung geprüft werden. Der Patient sollte dabei die Schmerzhaftigkeit der Berührung angeben.
- Untersuchung der Berührungsempfindung (Oberflächensensibilität)
Die Berührungsempfindung kann mit einem einfachen Wattebausch überprüft werden.
- Untersuchung der Druckempfindung
Die Druckempfindung kann durch sog. Monofilamente geprüft werden. Der Nylonfaden des Monofilaments wird auf die Haut gedrückt, bis er sich ca. 1 cm durchbiegt (siehe Abbildung). Getestet werden sollte an der Fußsohle, im Bereich der Zehen, des Ballens, des Mittelfußes und der Ferse.
- Untersuchung der Vibrationsempfindung
Die Vibrationsempfindung sollte innen (medial) am Großzehengrundgelenk festgestellt werden. Dabei empfiehlt sich die Benutzung einer 128-Hz-Stimmgabel nach Rydel-Seiffer. Die Normwerte liegen hierbei für die Altersgruppe unter 30 Jahre bei einer Wahrnehmung von 6/8 oder mehr und bei der Altersgruppe ab 30 Jahre bei 5/8 oder mehr. Wenn am Großzehengrundgelenk keine sichere Empfindung nachgewiesen werden kann, sollte an einer körpernäheren (proximaleren) Stelle, d.h. am Innenknöchel (Malleolus medialis), getestet werden. Hier bestehen ähnliche Normwerte, jedoch liegen die Altersgruppen bei älter als 40 Jahre sowie 40 Jahre und darunter.
- Untersuchung der Temperaturempfindung
Einfache Methoden zur Untersuchung der Temperaturempfindung sind kleine Stifte mit einem Plastikende (warm) und einem Metallende (kalt), die kalte Stimmgabel sowie Eis- und Warmwasserreagenzgläser.
- Untersuchung der Druckempfindung
Die Druckempfindung kann durch einfachen Druck mit dem Finger an verschiedenen Stellen der Arme und Beine überprüft werden.
- Untersuchung der Muskeleigenreflexe
Bei der Prüfung der Muskeleigenreflexe ist vor allem die Abschwächung oder das Fehlen der Achilles- und Patellarsehnenreflexe, die an der Achillessehne bzw. am Knie ausgelöst werden, für die Diagnostik der diabetischen Nervenerkrankungen des willkürlichen Nervensystems (periphere Neuropathie) von Bedeutung.
Untersuchung des vegetativen oder autonomen Nervensystems
Mit Hilfe von einfachen Tests des Herz-Kreislauf-Systems werden Reaktionen der Herzschlagrate und des Blutdrucks zur Diagnose der kardiovaskulären Neuropathie geprüft. Diese Tests (Analyse der Herzschlagrate unter Taktatmung, modifizierter Ewingtest, Valsalva-Pressmanöver, Orthostase-Test) können alle mittels eines einfachen EKG-Gerätes, einer Stoppuhr und eines Blutdruckmessgeräts ausgeführt werden. Erst für weiterführende Tests sind computergesteuerte Geräte notwendig. Sind die Ergebnisse von zwei oder mehr Tests nicht in der Norm liegend, so kann die Diagnose einer autonomen diabetischen Neuropathie gestellt werden.
Erste Anzeichen einer autonomen diabetischen Neuropathie können durch eine Verminderung der Schwankung der Herzschlagrate bzw. durch eine Verminderung der natürlichen Rhythmusänderung der Atmung festgestellt werden. In fortgeschrittenen Stadien zeigt sich eine Erhöhung der Herzschlagrate in Ruhe bzw. eine Herzschlagrate über 100 in Ruhe (Tachykardie). Außerdem tritt häufig ein starker Blutdruckabfall bei Lageänderungen vom Sitzen oder Liegen zum Stehen auf (orthostatische Dysregulation), der zu Schwindel und Bewusstseinsverlust führen kann. Die Veränderungen der Herzschlagrate können im Endstadium zu einer Starre der Herzschlagrate führen.
Die Neuropathie des Herzens (kardiovaskuläre autonome Neuropathie) gilt als Leitsymptom für den gesamten Symptomenkomplex der Nervenerkrankungen des unwillkürlichen Nervensystems (autonome Neuropathie). Daher dienen die einfach durchzuführenden Tests zur Diagnose der Neuropathie des Herzens als Hinweis für mögliche weitere Nervenschädigungen des vegetativen Nervensystems (autonome Neuropathie, siehe Tabelle 1), die in der Regel nur mit wesentlich komplizierteren Tests festzustellen sind.
Manifestationsorte und Beschwerdebilder der autonomen diabetischen Nervenerkrankung |
1. Herz-Kreislaufsystem:
- Ständig erhöhter Herzschlag in Ruhe
- Blutdruckabfall und Schwindel beim Aufstehen
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2. Speiseröhre, Magen:
- Schluckstörungen, Übelkeit, Erbrechen, Völlegefühl
- Unterzuckerung nach Mahlzeiten
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3. Dünndarm:
- Durchfälle, vorwiegend nachts
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4. Dickdarm:
- Verstopfung, Blähungen, Völlegefühl
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5. Harnwege und Geschlechtsorgane:
- Verlust des Blasenempfindens mit spätem Einsetzen des Harndrangs
- Blasenüberfüllung
- Schwacher Urinstrahl
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6. Hormonhaushalt:
- Verminderte oder fehlende Wahrnehmung der Unterzuckerung durch fehlende Gegenregulation
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7. Pupille:
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8. Schweißdrüsen:
- Trockene, rissige Haut im Fuß-/Unterschenkelbereich
- Vermehrtes Schwitzen während der Mahlzeiten
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9. Fuß:
- Neuropathisches Geschwür
- Schwellung
- Fehlstellungen und Schwund der Knochen
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Bei allen Organuntersuchungen ist zu beachten, dass zahlreiche Erkrankungen des jeweiligen Organs ähnliche Beschwerden wie eine vegetative Neuropathie verursachen und somit die Diagnose erschweren können. Außerdem sollten die Einnahme von Medikamenten und das Lebensalter ggf. mitberücksichtigt werden.
Bezüglich der Beschwerden im Bereich des vegetativen Nervensystems ist jeder Patient gezielt zu befragen. Die aktuelle Diabeteseinstellung einschließlich Kontrolle des Blutes und des HbA1c-Wertes sollte stets mitberücksichtigt werden.
Dr. med. Melanie Stapperfend, Prof. Dr. med. Dan Ziegler; Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf
Dieser Beitrag wurde inhaltlich zuletzt im September 2001 aktualisiert
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