Kinder mit Typ 2 Diabetes sind häufiger von Nierenschäden betroffen
(26.06.2006) Der Diabetes mellitus ist die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindesalter. Nach aktuellen Schätzungen sind weit über 20.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland betroffen. Die mit Abstand häufigste Diabetesform in dieser Altersstufe ist der Typ 1 Diabetes. Bei diesem werden auf der Grundlage einer Autoimmunerkrankung die Betazellen der Bauchspeicheldrüse durch das eigene Immunsystem zerstört. Die Folge: Es kann nicht mehr genügend eigenes Insulin hergestellt werden, um den Blutzuckerspiegel im Normalbereich zu halten.
Neben dem Typ 1 Diabetes wird bei Kindern immer häufiger auch ein Typ 2 Diabetes beobachtet, besonders nach dem Einsetzen der Pubertät. Beim Typ 2 Diabetes nimmt die Fähigkeit des Körpers ab, auf Insulin zu reagieren (Insulinresistenz). Die Folge ist ebenfalls ein Anstieg der Blutzuckerwerte, der oft von erhöhten Blutdruckwerten und einem gestörten Fettstoffwechsel begleitet wird. Betroffen sind vor allem Kinder, die durch Übergewicht, Bewegungsarmut und eine unausgewogene Ernährung auffallen. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass etwa 7 % aller übergewichtigen Jugendlichen bereits eine Störung des Glukosestoffwechsels aufweisen.
Australische Wissenschaftler haben in der Fachzeitschrift Diabetes Care jetzt erstmals Daten veröffentlicht, die Folgekomplikationen bei Kindern mit einem Typ 1 Diabetes und einem Typ 2 Diabetes vergleichen. Für die Untersuchung wurden Daten von 1.433 Patienten mit einer Typ 1 und 68 Patienten mit einer Typ 2 Diabeteserkrankung ausgewertet. Das Durchschnittsalter der Jugendlichen lag bei 15,7 (Typ 1) bzw. 15,3 (Typ 2) Jahren. Alle Teilnehmer waren jünger als 18 Jahre. Die bekannte Diabetesdauer betrug 6,8 Jahre in der Typ 1 Gruppe und 1,3 Jahre in der Typ 2 Gruppe.
Bei der Datenauswertung zeigte sich klar, dass Heranwachsende mit einem Typ 2 Diabetes viel häufiger von einem Bluthochdruck und auch ersten Nierenschäden betroffen waren: 36 Prozent hatten zu hohe Blutdruckwerte (Vergleich Typ 1 Diabetes: 16 %) und bei 28 Prozent wurde eine Mikroalbuminurie diagnostiziert (Vergleich Typ 1 Diabetes: 6%). Als Mikroalbuminurie wird das Ausscheiden kleinerer Eiweißmengen mit dem Harn bezeichnet – ein deutlicher Hinweis, dass bereits eine Schädigung der Nieren vorliegt. Interessanterweise lag die Komplikationsrate in der Typ 2 Gruppe höher, obwohl die Blutzuckerwerte insgesamt besser eingestellt und die Diabetesdauer geringer waren. Lediglich bei den Augenproblemen drehten sich die Verhältnisse um: Hier wiesen „nur“ 4 Prozent der jungen Typ 2 Diabetiker Veränderungen an der Netzhaut (Retinopathie) auf. In der Typ 1 Gruppe lag die Retinopathie-Häufigkeit bei 20 Prozent.
Kinder und Jugendliche mit einem Typ 2 Diabetes sind besonders gefährdet für diabetische Begleit- und Folgekomplikationen wie Bluthochdruck und Nierenschäden. Dies ist bei der Betreuung der Heranwachsenden zu berücksichtigen. Auch Kinder, bei denen der Blutzucker noch nicht dauerhaft erhöht ist, die aber entsprechend gefährdet sind, sollten besonders aufmerksam gescreent werden.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Eppens MC, Craig M, Cusumano J et al. Prevalence of Diabetes Complications in Adolescents With Type 2 Compared With Type 1 Diabetes. Diabetes Care 2006; 29: 1300-1306 |