Fettstoffwechselstörungen bleiben häufig unerkannt
(29.07.2005) Fettstoffwechselstörungen erhöhen bekanntermaßen das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen: Über Jahre zu hohe Triglyzeride (sog. „Neutralfette“, bestehen aus drei mit Glyzerin veresterten Fettsäuren), zu viel LDL-Cholesterin und zu wenig vom gefäßschützenden HDL-Cholesterin fördern die gefährliche Arteriosklerose in den Gefäßen.
Quelle: G. Löffler; P.E. Petrides: Biochemie und Pathobiochemie, 1997
Die Folgen können zum Beispiel ein frühzeitiger Herzinfarkt oder Schlaganfall sein. Gerade beim Typ 2 Diabetes ist bekannt, dass die große Mehrheit der Betroffenen gleichzeitig an einer solchen Fettstoffwechselstörung – im Fachjargon auch als diabetische Dyslipidämie bezeichnet – leidet. Aber auch Menschen mit einem Typ 1 Diabetes und Personen ohne Diabeteserkrankung weisen häufig behandlungsbedürftige Fettwerte auf.
Dr. R. Paul Wadwa und Kollegen von der Universität in Colorado, USA, sind der Frage nachgegangen, wie hoch der Anteil von Personen mit Fettstoffwechselstörungen unter den Typ 1 Diabetikern und Menschen ohne Diabeteserkrankung ist und wie viele Betroffene überhaupt von ihrem erhöhten Risiko wissen und behandelt werden.
An der Studie nahmen 1.416 Menschen zwischen 19 und 56 Jahren aus dem US-Bundesstaat Colorado teil – darunter 652 Menschen mit einem Typ 1 Diabetes und 764 Nicht-Diabetiker. Personen mit einer bekannten Herz-Kreislauferkrankung wurden bereits im Vorfeld der Studie ausgeschlossen. Alle Teilnehmer füllte einen Fragebogen aus und unterzogen sich einer Nüchternblutentnahme, bei der die Werte für Triglyzeride, Gesamt-Cholesterin, LDL- und HDL-Cholesterin bestimmt wurden.
Das Ergebnis: Bei 47 Prozent der Typ 1 Diabetiker wurde eine Fettstoffwechselstörung nachgewiesen. Allerdings wusste nur die Hälfte der Betroffenen, dass ihre Werte nicht in Ordnung waren. Behandelt wurde die Dyslipidämie lediglich in etwas mehr als einem Drittel der Fälle und nur 15 Prozent ließen ihre Werte regelmäßig kontrollieren. Bei den Personen ohne bekannte Diabeteserkrankung war die Wahrnehmung einer vorhandenen Fettstoffwechselstörung noch geringer ausgeprägt: Hier kannten nur etwas mehr als ein Drittel der betroffenen Teilnehmer ihre erhöhten LDL-Cholesterin- bzw. Triglyzeridwerte oder/und ihren zu niedrigen HDL-Cholesterinwert.
Bei der Bewertung der Studienergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die Untersuchung in der US-amerikanischen Bevölkerung durchgeführt wurde. Aber auch für Europa und Deutschland sind ähnliche Verhältnisse zu erwarten: Fettstoffwechselstörungen bleiben häufig über einen langen Zeitraum unerkannt und werden auch nur bei einem Teil der Betroffenen behandelt. Da Menschen mit Typ 1 Diabetes bereits ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko aufweisen, sollte hier auf die Fettwerte ein besonderes Augenmerk gelegt werden.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Wadwa RP, Kinney GL, Maahs DM et al. Awareness and Treatment of Dyslipidemia in Young Adults With Type 1 Diabetes. Diabetes Care 2005; 28: 1051-1056
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