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    Der Glykämische Index
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    Der Glykämische Index

    Die Kohlenhydrate aus verschiedenen Lebensmitteln gehen unterschiedlich schnell ins Blut. Für Menschen mit Typ 1 Diabetes kann das eine wichtige Rolle spielen.

    Glas mit OrangensaftDer Glykämische Index (GI) ist ein Maß für die sofortige Wirkung kohlenhydrathaltiger Lebensmittel auf den Blutzucker. Als Bezugsgröße wird der schnelle Anstieg des Blutzuckers nach Aufnahme von Traubenzucker (Glukose) mit 100 Prozent zugrunde gelegt. Hiermit wird der Blutzuckerverlauf nach dem Verzehr von Lebensmittelportionen mit gleich großem Kohlenhydrathaltgehalt verglichen (siehe schematische Abb.)

    Der Glykämische Index hat in der letzten Zeit zunehmend an Aufmerksamkeit gewonnen. Bereits 1972 schlug Professor Hellmut Otto aus Bremen vor, kohlenhydrathaltige Lebensmittel nach ihrer Wirkung auf den Blutzucker einzuordnen. Dr. D. J. A. Jenkins, Universität Toronto, hat dieses Prinzip in den 80er Jahren untersucht und für viele kohlenhydrathaltige Lebensmittel die Blutzuckerverläufe nach dem Verzehr im Vergleich zu Traubenzucker beschrieben. Traubenzucker (Glukose) erhöht den Blutzucker am schnellsten, er wird deshalb von Diabetikern zur schnellen Behandlung einer Unterzuckerung (Hypoglykämie) genutzt. Die Fläche unter der Blutzuckerkurve von Traubenzucker (siehe Grafik) bestimmt dessen Glykämischen Index (GI). Der GI von Traubenzucker hat den Wert 100 Prozent erhalten und gilt als Bezugsgröße für alle anderen kohlenhydrathaltigen Lebensmittel. Deren GI ist daher kleiner als 100 Prozent, zum Beispiel für französisches Baguette 95, übliches Weißbrot 71 und Croissant 67.Der GI von Äpfeln liegt bei 38 und der von fettarmer Milch bei 32, der von Linsen gar nur bei 29. Vorausgesetzt, man hat immer Lebensmittelportionen mit vergleichbarem Kohlenhydratgehalt gegenübergestellt. Jenkins hat Lebensmittelportionen verglichen, die 25 Gramm verdauliche Kohlenhydrate enthalten. Eine zu kohlenhydratreiche Ernährung kann negative Auswirkungen auf die Blutfette von Diabetikern haben. Sie kann dadurch zu erhöhten" schlechten" Triglyzerid- und zu niedrigen "guten" HDL-Cholesterinspiegeln im Blut beitragen. Dies kann vermieden werden durch kohlenhydrathaltige Nahrung, die überwiegend aus Lebensmitteln mit niedrigem Glykämischen Index besteht. Studien haben belegt, dass eine solche Kost mit niedrigeren Blutzuckerspiegeln und besseren HbAlc-Werten verbunden ist.

    So verbessern Sie Ihre Ernährung
    Tauschen Sie öfter Lebensmittel mit höherem gegen solche mit niedrigerem Glykämischen Index, zum Beispiel wählen Sie
    an Stelle von
    öfter
    Weißbrot/hellen Brötchen
    Brot mit ganzen Körnern/Körnerbrötchen
    Minuten-/Instant-Reis
    parboiled Reis
    Kartoffelbrei und stark verarbeiteten Kartoffelprodukten
    Pellkartoffeln, Erbsen, Bohnen
    Eiscreme
    fettarmen Joghurt
    Eiernudeln
    Pasta/Spaghetti aus Hartweizen
    Pommes frites
    Hülsenfrüchte
    tropischen Früchten
    einheimische Früchte

    Häufig reicht es aus, einige Lebensmittel mit höherem GI durch solche mit niedrigerem GI zu ersetzen, um diese deutlichen Vorteile für die Stoffwechselwerte zu erreichen. Wir haben in einer europaweiten Studie (EURODIAB-Studie) die Nahrungsaufnahme von Diabetikern und das Auftreten von Komplikationen des Diabetes analysiert. Dabei zeigte sich, dass die Diabetiker, die bevorzugt Brot oder Brötchen mit ganzen Körnern und frische einheimische Früchte sowie fettarme Milchprodukte verzehrten, deutlich bessere Blutzucker-Langzeitwerte hatten. Auch das "gute" HDL-Cholesterin im Blut war höher als bei den Diabetikern, die diese Nahrungsmittel nicht oder nur äußerst selten aßen. HDL kann gegen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems schützen. Normnahe HbAlc-Werte und gute Blutfette tragen dazu bei, Folgeschäden durch Diabetes zu vermeiden. Die Diabetiker in der EURODIAB-Studie, die eine Kost mit hohem GI aßen, zeigten erheblich schlechtere Stoffwechselwerte als die Diabetiker, die diese Lebensmittel nur sehr selten verzehrten.

    Der Glykämische Index wurde weltweit bisher für einige hundert Lebensmittel oder Speisen untersucht, allerdings überwiegend in Australien und Kanada. Viele dieser Produkte sind jedoch in Deutschland nicht gebräuchlich. GI-Werte von in Deutschland üblichen Lebensmitteln liegen nur in begrenzter Zahl vor. Dennoch kann das Prinzip des Glykämischen Index für die Feinanpassung der Insulindosis von mit Insulin behandelten Diabetikern zusätzlich zur Anpassung nach Kohlenhydratportionen (10 bis 12 KH) für die untersuchten Lebensmittel benutzt werden. Insulin behandelte Diabetiker müssen wissen, dass sie zum Beispiel beim Verzehr von Spaghetti, Hülsenfrüchten, Joghurt und einheimischen Früchten mit relativ geringen Blutzuckeranstiegen rechnen können, wenn die Portionen nicht sehr groß sind. Zudem werden sie geschult, dass zum Beispiel ein Frühstück, das Weißbrot, Saft und Cornflakes enthält, zu höheren Blutzuckerwerten führt als ein Frühstück mit gleich großem Kohlenhydratgehalt, das aus Vollkornbrötchen, Joghurt und Obst besteht. Insulindosis und Spritz-Ess-Abstand müssen deshalb an den unterschiedlichen Blutzuckereffekt angepasst werden. Das erfordert Schulung und Übung mit engmaschigen Blutzuckerkontrollen. Viele gut geschulte Diabetiker erreichen jedoch im Lauf der Zeit ein beeindruckendes Schätzvermögen für ihre Lebensmittelauswahl und die Mengen bei den Mahlzeiten. Sie können Insulindosis und Spritz-Ess-Abstand so anpassen, dass die Blutzuckerwerte nach den Mahlzeiten im gewünschten Bereich liegen.

    Hier finden Sie in Deutschland gebräuchliche Lebensmittel, geordnet nach hohem, mittlerem und niedrigem Glykämischen Index.

    hoch mittel niedrig
    Brezeln Aprikosenkompott, gezuckert Vollkornbrote mit ganzen Körnern, Pumpernickel und Leinsamenbrot
    Cornflakes Gnocchi Parboiled Reis, Roggen und Weizenkörner
    gebackene Kartoffeln Kondensmilch, gezuckert Nudeln aus Hartweizen/Pasta
    Gelee-Bohnen Milchspeiseeis Milch, Joghurt natur
    Kartoffelbrei Pizza mit Käse und Tomaten Hülsenfrüchte: Bohnen, Erbsen, Linsen, Kichererbsen
    Minutenreis Roggenbrot Äpfel, Apfelsinen, Birnen, Erdbeeren, Kirschen, Pfirsiche, Pflaumen
    Vanillewaffeln Rosinen  
    Weißbrot, Baguette Haushaltszucker  

    Wird der GI die BE in Deutschland ablösen? So einfach stellt sich die Frage nicht. Für Diabetiker sind beim Essen und Trinken sowohl Kohlenhydratmengen (Gramm-KH, KH-Portionen, BE, KHE) als auch die Wirkung einzelner kohlenhydrathaltiger Lebensmittel auf den Blutzucker wichtig. Ein System, das sich auf die Einordnung der Kohlenhydrate in Gramm-Mengen stützt, lässt sich nicht durch ein bisher unzureichend verfügbares System, das Blutzuckerverläufe beschreibt, ersetzen. Die Erkenntnisse über die positiven Auswirkungen beim bevorzugten Verzehr von Lebensmitteln mit niedrigerem GI bei Typ 1 und Typ 2 Diabetikern rechtfertigen aber die Ermunterung, diese Vorteile für die Gesundheit zu nutzen.

    Dr. med. Monika Toeller, Leiterin des Ernährungsteams der Deutschen Diabetes-Klinik im Deutschen Diabetes-Forschungsinstitut in Düsseldorf
    aus Diabetiker-Ratgeber 5/2002

    Erstellt: September 2002

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