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    Der Typ 2 Diabetiker - ein Hochrisikopatient für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
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    Der Typ 2 Diabetiker - ein Hochrisikopatient für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

    Begründung für eine umfassende Behandlung - die "multimodale Diabetestherapie"

    Prof. Dr.med. D. Tschöpe
    Prof. Dr.med.
    D.Tschöpe, 
    Direktor des
    Diabeteszentrums Bad Oyenhausen


    Hier eine Übersicht über diesen Beitrag:

    Epidemiologie

    Die meisten Patienten mit Diabetes sterben an Komplikationen durch Blutgerinnsel in den durch Atherosklerose ("Arterienverkalkung") veränderten Gefäßen, d.h. meistens an Herzinfarkt oder Schlaganfall. Im Gegensatz zur nichtdiabetischen Allgemeinbevölkerung besteht diese Situation nahezu unverändert fort bzw. scheint sich für Frauen sogar noch weiter zu verschlechtern.

    Die manifeste Stoffwechselkrankheit "Diabetes mellitus" ist ein unabhängiger Risikofaktor für diese Komplikationen. Es hat sich aber gezeigt (Metaanalyse der DECODE Studie), dass ein großes Risiko für die o.g. Komplikationen bereits in einer besonders frühen Phase der Stoffwechselstörung, nämlich im Stadium vor Bekannt werden eines Diabetes mellitus Typ-2 (gestörte Glukosetoleranz), vorhanden ist. Somit entgehen viele Menschen einer rechtzeitigen Diagnostik und der daraus folgenden Behandlung Ihrer Herz-Kreislauf-Erkrankung.

    Wie kommt es zu dem erhöhten Risiko für Blutgerinnsel?

    Meistens tritt der überwiegende Teil der Fälle von Typ-2-Diabetes regelhaft im Rahmen einer Anhäufung der folgenden Risikofaktoren ("Metabolisches Syndrom") auf:

    • Veränderte Blutfettwerte (Dyslipoproteinämie)
    • Bluthochdruck (Hypertonie)
    • massives Übergewicht (Adipositas)

    Dies ereignet sich häufig vor einem genetisch vorbestimmten Hintergrund, der die Bedeutung dieser Risikofaktoren, insbesondere für das Herz, erhöht. Dieser genetisch bestimmte Hintergrund lässt sich aber leider derzeit weder wissenschaftlich noch diagnostisch genau fassen. Die Feststellung von ähnlichen Erkrankungen in der Familie (Familienanamnese) ist derzeit das wesentliche Instrument, diesem Sachverhalt gerecht zu werden. Allerdings können die bekannten statistischen Zuordnungen der klassischen Risikofaktoren den Ablauf der Herz-Kreislauf-Komplikationen bis hin zum Herzinfarkt oder Schlaganfall nicht ursächlich erklären.

    Bei Diabetikern liegt ein Zustand vor der Entstehung der Blutgerinnsel (präthrombotischer Zustand) vor. Dieser Zustand begründet sich auf verschiedenen Faktoren wie erhöhte Blutgerinnungsfaktoren (plasmatische Koagulatoren), verminderte Auflösung von Blutgerinnseln (Fibrinolyse), eine für Blutgerinnsel reduzierte Resistenz des Gewebes, das die Gefäße auskleidet (endotheliale Thromboresistenz) und vor allem auf gesteigerter Reaktivität der Blutplättchen (korpuskuläre Hyperreaktivität).

    Letztlich kommt es bei Menschen mit Diabetes zu einer beschleunigten Entwicklung einer Artherosklerose der Herzkranzgefäße, die sich von der Atherosklerose bei Menschen ohne Diabetes in Beschaffenheit und Funktion unterscheidet. Diese Atherosklerose ist mit einer reduzierten Schwelle für die Blutgerinnung und so mit einer beschleunigten Entstehung von Blutgerinnseln (Thromben) kombiniert.

    Aktivierung der Blutgerinnung nach den Mahlzeiten

    Bereits eine Entgleisung des Stoffwechsels nach den Mahlzeiten mit verlängerter Erhöhung der Blutzuckerwerte (Hyperglykämie) und Blutfettewerte (Hyperlipidämie) kann zu einer Aktivierung des Gerinnungssystems führen. Dieser Befund verleiht der frühen Störung der Glukosetoleranz mit Überzuckerung nach den Mahlzeiten eine besonders gefährliche Rolle, da im Tagesverlauf der Zustand nach den Mahlzeiten überwiegt. Dieses könnte der Entwicklung eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls Vorschub leisten.

    Therapie

    Die starke Zunahme erkannter Störungen des Glukosestoffwechsels - einschließlich des Stadiums der gestörten Glukosetoleranz vor dem Bekannt werden des Diabetes - weist der Betreuung von Diabetespatienten vorrangig die Aufgabe einer gefäßmedizinischen Vorbeugung (Prävention) zu. Die Blutzuckernormalisierung allein kann die komplexe gegenseitige Abhängigkeit zwischen Risikofaktoren und ihren mittelbaren Konsequenzen nicht unwirksam machen. Sie ist gleichwohl aber eine notwendige Voraussetzung zur Verbesserung der Prognose von Herz-Kreislauf-Ereignissen wie Schlaganfall und Herzinfarkt bei Diabetikern.

    In der Steno-2 Studie konnte die nachhaltige Wirksamkeit einer Behandlung sowohl von erhöhtem Blutzucker als auch von Bluthochdruck bestätigt werden. In dieser Studie wurde eine günstige Beeinflussung des Erkrankungsverlaufs von Typ-2-Diabetikern hinsichtlich der Gefäßkomplikationen der großen und kleinen Gefäße (mikro- und makrovaskulärgezeigt.

    Hieraus ergibt sich eine Therapiewahl, die sich individuell am Patienten orientiert. Die Therapie sollte den nach klinischer Evidenz belegten Therapiekorridor sicher erreichen, d.h. praktisch mindestens eine Normalisierung der entsprechenden Werte anstreben:

    • Blutdruck <130/80 mmHg
    • LDL Cholesterin <100 mg/dl
    • HBA1 <7 % etc.

    Umfassender Eingriff in die Risikofaktoren ("Multimodale Diabetestherapie")

    Die Diagnose "Typ-2-Diabetes" an sich muss als Leitparameter für einen konsequenten, individuell an den Patienten angepassten, gefäßschützenden Eingriff in die Risikofaktoren dienen. Neben einer Beratung zu gesunder Lebensführung (z.B. Verzicht auf Nikotin, Veränderung der Ernährung und vor allem Bewegung) orientieren sich die Maßnahmen gegen Überzuckerung, erhöhten Blutdruck, erhöhte Blutfettwerte und Blutgerinnselbildung (antihyperglykämische, antihypertensive, lipidsenkende und antithrombotische Maßnahmen) an den individuellen Bedürfnissen des einzelnen Patienten.
    Damit rücken allerdings die umfassenden Wirkungen der medikamentösen Behandlung auch mit Blick auf Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme oder Häufigkeit von Unterzuckerungen als besonders wesentlich in den Vordergrund. Ein so komplexer Therapieansatz zur frühestmöglichen Vorbeugung von Gefäßkomplikationen ("Risikofaktorenmanagement") lässt sich allerdings nur in Zusammenarbeit der beteiligten medizinischen Fachrichtungen und Instanzen ("Schnittstellenmanagement") nachhaltig umsetzen.

    Prof. Dr. med. Diethelm Tschoepe, Dr. Melanie Stapperfend
    Redaktion: Prof. Dr. med. W. A. Scherbaum, Dr. med. M. Stapperfend

    Erstellt: November 2001

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