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    UKPDS und DCCT – lohnt sich eine gute Diabeteseinstellung?
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    UKPDS und DCCT – lohnt sich eine gute Diabeteseinstellung?

    Die Notwendigkeit einer guten Diabeteseinstellung wird durch die Resultate der großen britischen UKPDS-Studie für Typ 2 Diabetiker und vorher schon durch die Ergebnisse der DCCT-Studie für Typ 1 Diabetiker eindrucksvoll vor Augen geführt.
    Prof. Dr. med. Hellmut Mehnert, Geschäftsführer Vorstand der Forschergruppe Diabetes am Institut für Diabetesforschung, Krankenhaus München-Schwabing, Mitglied im Fachbeirat www.diabetes-deutschland
    Prof. Dr. med. Hellmut
    Mehnert, Geschäfts-
    führer Vorstand der
    Forschergruppe Diabe-tes am Institut für
    Diabetesforschung, Krankenhaus München-Schwabing, Mitglied im Fachbeirat von www.diabetes-deutschland.de

    In der UKPDS-Studie wurden mehr als 5000 Diabetiker über einen Zeitraum bis zu 20 Jahren beobachtet. Dabei zeigte sich, dass eine alleinige Behandlung mit Tabletten stets dann sinnvoll ist, wenn man damit eine optimale Einstellung erreicht. Eine solche Behandlung erfordert aber HbA1c-Werte unter 6,5 Prozent, wie sie auch von verschiedenen Konsensuskonferenzen als Grenze angegeben wurden. Jeder Prozentpunkt darüber hinaus war in der Studie bei den untersuchten Patienten mit einer erheblichen Zunahme von Gefäß- und Nervenkomplikationen liiert. Im übrigen hat sich auch gezeigt, dass selbst bei älteren Patienten die gute Einstellung erstrebenswert ist, damit diese Diabetiker nicht durch die gefährliche Hyperglykämie Folgeschäden erleiden.

    Ganz ähnliche Resultate hatten schon vorher die Autoren der DCCT-Studie für den Typ 1 Diabetes erhoben, wo über 1400 Patienten in einem Zeitraum von 10 Jahren entweder mit einer konventionellen Insulintherapie, d. h. einem starren Regime mit ein oder zwei Spritzen, oder aber mit einer intensivierten Insulintherapie, wie sie jetzt überall üblich ist, behandelt wurden. Dabei schnitten die intensiviert behandelten Patienten nicht nur im Hinblick auf den HbA1c-Wert um ein bis zwei Prozentpunkte besser ab, sondern sie zeigten auch deutlich weniger mikroangiopathische und neuropathische Komplikationen.

    Später im Rahmen dieser Studie erhobene Befunde gaben allerdings zu denken: Als Folge der intensivierten Therapie war bei solchen Typ 1 Diabetikern, die praktisch keine Diät einhielten, eine Gewichtszunahme festzustellen, die nun wiederum die Risikoparameter für die Makroangiopathie(Blutfette, Blutdruck) verschlechterten. Es kann aber sicherlich nicht der Sinn einer Diabetesbehandlung sein, dass man zwar die Mikroangiopathie und Neuropathie durch ein entsprechendes Therapieregime mit normnahen Blutzuckerwerten in den Griff bekommt, dafür aber eine Zunahme der Makroangiopathie mit der so gefährlichen Koronarsklerose in Kauf nimmt.

    Deswegen fordern die DCCT-Autoren zu recht, dass auch Typ 1 Diabetiker eine gewisse, wenn auch liberalisierte Ernährungstherapie (mit dem Ziel, Übergewicht zu vermeiden) beherzigen sollten, um nicht in das Dilemma mit den vorzeitigen makroangiopathischen Komplikationen zu geraten.

    Grundlage der Behandlung des Typ 2 Diabetes sollte die Gewichtsabnahme mit Hilfe von diätetischen Maßnahmen und körperlicher Bewegung sein. Vier bis höchstens sechs Wochen sollte der Patient allein mit Diät behandelt werden, bevor man zu den oralen Antidiabetika und später zum Insulin greift. Aus der britischen UKPDS-Studie und auch aufgrund allgemeiner ärztlicher Erfahrungen ist die Forderung abzuleiten, beim Typ 2 Diabetes frühzeitig mit einer Insulinbehandlung zu beginnen. Frühzeitig bedeutet, dass mit der Insulintherapie nicht gezögert werden sollte, wenn die gewünschten HbA1c-Werte mit einer Tablettenbehandlung nicht mehr erzielt werden können.

    Leider sieht man aber immer wieder, dass viele Patienten die erforderliche Insulinbehandlung ablehnen, weil sie sich nicht spritzen wollen. Das ist durch nichts gerechtfertigt, denn der minimale Eingriff mit der Spritze, der zudem noch sehr erleichtert wird durch die Verwendung von Insulinpens, steht in überhaupt keinem Verhältnis zum Nutzen dieser Therapie: Es gibt wenig Situationen wie diese, in denen man als Diabetologe mit so starker Überzeugung den Patienten einen Rat geben kann, der so viel zur Vermeidung von Folgeschäden und zur Verbesserung der Lebensqualität beiträgt.

    Seltener bei Typ 2 Diabetikern, stets aber bei Typ 1 Diabetikern mit schlechter Einstellung, sieht man, dass die Patienten große Mengen an Wasser und Elektrolyten verlieren, dass Muskulatur abgebaut wird und dass die Diabetiker sich matt und elend fühlen. Dass dies beim Typ 2 Diabetes weniger der Fall ist, möchte man fast bedauern, weil dadurch die Warnung vor den Folgen einer ungenügenden Stoffwechselführung in Wegfall gerät und die Patienten noch weniger zu motivieren sind, sich endlich normnahe im Hinblick auf Blutzucker und HbA1c einstellen zu lassen.

    Noch einmal zurück zur Situation der bei Typ 2 Diabetikern durchgeführten Studien. Vor vielen Jahren wurde die sogenannte UGDP-Studie durchgeführt (nicht zu verwechseln mit der UKPDS-Studie s. o.), die aber wegen gravierender Fehler in der Anlage und der Statistik von allen maßgebenden Diabetologen abgelehnt wird. Hingegen hat die britische UKPDS-Studie gehalten, was man sich von ihr versprach. Sie stellt ein Meisterstück an praktischer Relevanz und Wissenschaftlichkeit dar und hat gezeigt, dass die alten Diabetologen, wie Constam und Joslin, recht hatten, indem sie die gute Diabeteseinstellung auch bei Typ 2 Diabetikern als zwingend notwendig darstellten.

    Hinzu kommt, dass, wie die UKPDS-Studie gelehrt hat, in gleicher Weise die optimierte Behandlung des erhöhten Blutdrucks von Wichtigkeit ist. Normoglykämie, normaler Blutdruck und auch normale Blutfette bilden die entscheidende Grundlage für die Prävention vaskulärer Komplikationen. In besonders eindruckvoller Weise hat dies in jüngster Zeit die STENO-2-Studie gelehrt, bei der durch multifakorielle Therapiebeeinflussung ein dramatischer Rückgang an vaskulären Komplikationen bei intensiv mit Tabletten oder mit Insulin behandelten Typ 2 Diabetikern festzustellen war.

    Wenn man bei sehr alten Diabetikern nur selten die sonst empfohlenen Grenzwerte des HbA1c von 6,5 Prozent erreichen kann, liegt dies daran, dass viele ältere Patienten inzwischen insulinbedürftig geworden sind und damit an der kritischen Grenze zu der im Alter besonders unerwünschten Gefährdung durch Hypoglykämien liegen.

    Die UKPDS hat aber gelehrt, dass schon eine geringfügig bessere Einstellung der intensiv behandelten Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe (Unterschied nur 0,9 Prozent HbA1c) zur deutlichen Besserung in der mikrovaskulären und neuropathischen Situation führen, während eine günstige Auswirkung auf die Herzinfarktrate hinsichtlich der Signifikanz nur knapp verfehlt wurde (p=0,052 statt p<0,05).

    Die Autoren der Studie und alle maßgebenden Diabetologen betonen aber - auch aufgrund anderer Studienergebnisse und wegen eigener Erfahrungen - ,dass offensichtlich die Blutzuckernormalisierung doch die Makroangiopathie günstig zu beeinflussen vermag, wobei man keinen strikten Trennungsstrich hinsichtlich der Behandlungskriterien ziehen kann zwischen älteren und jüngeren Typ 2 Diabetikern. Jedenfalls wird man einem alten Patienten, der einen relativ stabilen Diabetes aufweist und nicht zu Hypoglykämien neigt, eine bessere Einstellung nicht deswegen vorenthalten wird, weil er sich im höheren Lebensalter befindet.

    Allerdings: Je jünger, je schlanker und je intelligenter ein Patient ist, desto mehr soll man von der oralen Therapie oder auch von der basalunterstützten oralen Behandlung (z. B. mit Insulin Glargin und Metformin) auf eine Art intensivierte oder prandiale Insulinbehandlung übergehen. Dies gilt umso mehr, als mancher verkappte Typ 1 Diabetiker sich in der Patientengruppe der Typ 2 Diabetiker versteckt, was gemäss der UKPDS-Studie bis zu 10 Prozent der Probanden ausgemacht hat.

    Die Autoren der UKPDS haben aber sicherlich mit einigem Recht betont, dass die Primärbehandlung nach dem Versuch mit alleiniger Ernährungs- und Bewegungstherapie in der Regel – und dies gilt besonders für übergewichtige Patienten – die Behandlung mit oralen Antidiabetika sein soll. Auf diese Weise kommt es insgesamt weniger zur Gewichtszunahme und seltener zu Hypoglykämien als unter der Insulinbehandlung. Andererseits ist aber stets zu bedenken, und auch das hat die UKPDS gelehrt, dass bei mäßiger oder gar schlechter Einstellung mit oralen Antidiabetika der frühzeitigen Insulintherapie - z. B. in der oben erwähnten Kombination – der Vorzug gegeben werden soll.

    DCCT und UKPDS haben den alten Diabetologen recht gegeben: Eine gute Diabeteseinstellung lohnt sich. Und die STENO-2-Studie hat darüber hinaus gezeigt, dass die multifaktorielle Behandlung des Typ 2 Diabetikers – mit Bekämpfung von Übergewicht, Bewegungsarmut, Hyperglykämie, Hypertonie, Dyslipoproteinämie und Thromboseneigung – die Therapie der Wahl darstellt.


    Prof. Dr. Hellmut Mehnert, Geschäftsführender Vorstand der Forschergruppe Diabetes am Institut für Diabetesforschung, Krankenhaus München-Schwabing, Ehrenpräsident der Deutschen Diabetes-Union e.V. Krailling

    Aus notabene medici 34 (2004), S. 19 - 20

    Dieser Beitrag wurde inhaltlich zuletzt im Mai 2004 aktualisiert
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