Durch einen gut eingestellten Blutzucker kann man diabetesspezifische Folgeerkrankungen wesentlich verzögern oder weitgehend verhindern. Für jeden Diabetiker ist eine ausgewogene Ernährung von wichtiger Bedeutung. Körperliche Betätigung verhilft nicht nur zur Reduktion des Körpergewichtes, sondern beeinflusst zusätzlich wichtige Stoffwechselprozesse, senkt erhöhte Blutdruck- und Blutfettwerte. Alkohol- und Nikotinkarenz wirken sich günstig auf die Stoffwechselprozesse im Körper aus und bewirken eine Senkung des Blutzuckerspiegels. Chronischer Alkoholkonsum kann eine Polyneuropathie auslösen oder eine diabetische Neuropathie verschlechtern. Ein erhöhter Blutdruck und erhöhte Cholesterinwerte im Blut sollten bei Diabetikern frühzeitig und konsequent behandelt werden.
Die ärztliche Therapie variiert je nach Symptomatik und Stadium der Neuropathie. Werden bei einer Routineuntersuchung Einschränkungen bestimmter Empfindungsqualitäten (des Vibrationsempfinden z. B.) festgestellt, die der Patient noch gar nicht bemerkt hat (subklinischen Neuropathie), so besteht trotz geringer Symptome Handlungsbedarf. Druckstellen an den Füßen sollten vermieden und die Füße gut gepflegt werden. Wenden Sie sich dazu an einen professionellen Fußpfleger. In speziellen Diabetes Zentren steht in den sog. Fußambulanzen speziell geschultes Personal zur Verfügung. Insbesondere bei Verformungen der Füße ist eine orthopädisch-technische Versorgung mit Schuheinlagen oder speziellem Schuhwerk notwendig.
Bei akuten Schmerzereignissen im Rahmen der peripheren sensomotorischen Neuropathie kommen zunächst einfache Schmerzmittel zum Einsatz (Paracetamol, Novalgin).
Bei chronischen Schmerzuständen können viele verschiedene Pharmaka je nach der individuellen Situation des Diabetikers in Betracht gezogen werden. Gesicherte Nachweise für den sinnvollen Einsatz in der Therapie der diabetischen Neuropathie gibt es für spezielle Neuropathiemittel (z. B. Alpha-Liponsäure), Antiepileptika (Carbamazepin, Gabapentin), das starke Schmerzmittel Tramadol, trizyklische Antidepressiva (Amitryptilin, Clomipramin, Desipramin Imipramin). Für die Flüssigkeit Capsaicin (zum Einreiben schmerzender Gelenke), den antiarrhythmischen Wirkstoff Mexiletin und die Antidepressiva Sitalopram und Paroxetin ist der sinnvolle Einsatz in der Therapie der diabetischen Neuropathie nachgewiesen. In Deutschland sind diese Medikamente allerdings zur Therapie der diabetischen Neuropathie noch nicht zugelassen.. Die Physikalische Therapie (Wärme- und Kältebehandlungen) spielt eine weitere wichtige Rolle in der Therapie der peripheren sensomotorischen Neuropathie.
Sind die Schmerzleitenden Nervenfasern beeinträchtigt fehlt ein wichtiges Frühwarnsymptom zur Vermeidung von Druckstellen an den Füßen oder anderen Körperstellen. Die regelmäßige Inspektion der Füße, angemessenes Schuhwerk, sowie Physiotherapie können die Entstehung von Druckstellen vermeiden. Wegen ihrer komplexen Symptomatik kann die diabetische Neuropathie die Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen (Diabetologen, Neurologen , Chirurgen, spezialisierter Fußambulanz, Fußklinik, Orthopädietechniker, orthopädischer Schuhmacher) erforderlich machen.
Im Rahmen der autonomen Neuropathien können viele verschiedene Organsysteme befallen sein. Eine Reihe von speziellen symptomatischen Therapieverfahren stehen dafür zur Verfügung.
Die Schädigung der Nerven am Magen (diabetische Gastropathie) und am Herzkreislaufsystem (kardiale autonome diabetische Neuropathie), erektile Funktionsstörungen bei männlichen Diabetikern und die gestörte Wahrnehmung von Hypoglykämien stehen als häufigste Formen der autonomen diabetischen Neuropathie im Vordergrund. Die spezielle Therapie der autonomen kardialen diabetischen Neuropathie ist in vielen Fällen nicht nötig. Bei einer zu hohen Herzfrequenz (Sinustachykardie) können Betablocker in niedriger Dosierung eingesetzt werden. Zur Regulation von orthostatischen Kreislaufproblemen empfehlen sich physikalische Maßnahmen, wie z. B. Kompressiosstrümpfe, körperliches Training in einem vernünftigen Maß, Schlafen mit erhöhtem Oberkörper, langsames Aufstehen nach Bettruhe und das Kreuzen der Beine im Stehen. Die Beeinträchtigung der Magenfunktion bei der diabetischen Gastroparese lässt sich am günstigsten mit einer individuellen Einstellung des Spritz-Ess-Intervalls behandeln.
Um das Risiko von Hypoglykämien nach dem Essen durch die verzögerte Magenentleerung zu verringern, kann Insulin z. B. erst nach dem Essen gespritzt werden. Zur Behandlung der erektilen Funktionsstörung bei männlichen Diabetikern stehen prinzipiell Medikamente (Sildenafil, Schwellkörper-Autoinjektionstherapie) oder mechanische Erektionshilfen zur Verfügung (Vakuumerektionshilfen, Schwellkörperprothesen).
Anja Neufang-Sahr, Prof. Dr. med. Werner Scherbaum, Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf
Dieser Beitrag wurde inhaltlich zuletzt im August 2001 aktualisiert