Macht Dicksein glücklich (Jolly Fat)?
(01.12.2003) In einer multizentrischen kontrollierten Querschnittsuntersuchung wurden adipöse Probanden mit und ohne Anliegen einer Gewichtsreduktion mittels strukturierter psychiatrischer Interviews im Hinblick auf die psychiatrische Komorbidität (ICD-10) untersucht und mit normalgewichtigen Probanden verglichen.
251 Optifast-Teilnehmer und 151 Adipositas-Chirurgie Patienten wurden mit Zufallsstichproben von 173 normalgewichtigen und 129 adipösen Probanden ohne Anliegen einer Gewichtsreduktionsmaßnahme verglichen. Bei adipösen Frauen betrug die Lebenszeitprävalenz psychiatrischer Störungen 46,7 % bis 60,1 % verglichen mit 41,7 % bei normalgewichtigen Frauen. Im Vergleich zu normalgewichtigen Männern mit einer Prävalenz von 29,8 % lag die Prävalenz adipöser Männer zwischen 46,9 % und 52,9 %. (Essstörungen: normalgew. Frauen: 6,0 %; adipöse Frauen ohne Anliegen einer Gewichtsreduktion: 13,2 %; Optifast-Programm-Teilnehmerinnen, Adipositas-Chirurgie Patientinnen: 25,0 %.
Das relative Risiko einer psychiatrischen Störung (Punktprävalenz) war bei adipösen Menschen im Vergleich zu Normalgewichtigen deutlich erhöht (OR 2,2, 95% CI=1,2-4,2). Im Vergleich zu normalgewichtigen hatten adipöse Frauen ein doppelt so hohes Risiko an einer Depression zu leiden (OR 2,4, 95% CI=0,610,2). Bei adipösen Männern ohne Anliegen einer Gewichtsreduktionsmaßnahme konnte ein ähnliches Risiko für eine Angststörung beobachtet werden (OR 2,0, 95 % CI=0,3 -12,9).
Weder adipöse Frauen noch Männer mit Anliegen einer Gewichtsreduktionsmaßnahme (Optifast, Adipositas-Chirurgie) zeigten im Vergleich zu adipösen Probanden ohne Anliegen einer Gewichtsreduktionsmaßnahme ein erhöhtes Risiko für eine psychiatrische Störung. Im Vergleich zu normalgewichtigen Menschen ist bei adipösen Menschen mit und ohne Anliegen einer insititutionalisierten Gewichtsreduktionsmaßnahme von einer erheblich größeren psychiatrischen Komorbidität insbesondere von Angst- und depressiven Störungen auszugehen. Ein Unterschied zwischen adipösen Menschen mit und ohne Anliegen einer Gewichtsreduktionsmaßnahme konnte nicht beobachtet werden.
Herpertz S 1, Kielmann R 1, Stang A 2, Siffert W 3, Wolf AM 4, Husemann B 5, Hulisz T 6, Machleit U 6, Chen-Stute A 7, Stroh C 8, Jöckel K 2, Senf W 1.
1. Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie; 2. Institut für Biomathematik und Statistik; 3. Institut für Pharmakologie, Universität Duisburg-Essen, Deutschland; 4. Abteilung für Viszeral- und Thoraxchirurgie, Universitätsklinik Ulm, Deutschland; 5. Dominikus Krankenhaus Düsseldorf, Deutschland; 6. Adipositas-Zentrum Bochum, An der Augusta-Kranken-Anstalt, Bochum, Deutschland; 7. Adipositas-Zentrum Duisburg, Evangelisches Krankenhaus Bethesda, Duisburg, Deutschland; 8. Chirurgischen Klinik des Klinikums der Stadt Gera, Deutschland
Erschienen in "Aktuelle Ernährungsmedizin", Heft 5, Oktober 2003. 2003 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart/New York zur Adipositas-Jahrestagung im Oktober 2003 in Salzburg |