DDG-Tagung: Insulinresistenz und die Wechselbeziehung zwischen Genen und Umwelt
(09.06.2004) Neues von der Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft in Hannover vom 19. bis 22. Mai 2004.
Von Insulinresistenz spricht man, wenn das blutzuckersenkende Hormon Insulin weniger als erwartet wirkt. Sie spielt neben der verminderten Insulinfreisetzung aus der B-Zelle der Bauchspeicheldrüse eine Schlüsselrolle in der Entstehung des Diabetes mellitus Typ 2.
Foto: Deutsche Messe AG, Hannover
Während der Insulinmangel beim Diabetes mellitus vom Typ 1 (= sogenannte jugendliche Form der Zuckerkrankheit) absolut ist, das heißt überhaupt kein Insulin mehr freigesetzt wird, ist der Insulinmangel beim Typ 2 relativ (sogenannter Alterszucker).Das bedeutet, dass zwar grundsätzlich noch Insulin freigesetzt wird, aber zu wenig, um die Insulinresistenz zu überwinden und den Blutzucker zu normalisieren. Es müssen also beide Komponenten in mehr oder weniger ausgeprägter Form zusammentreffen, damit sich die Krankheit entwickelt. Welche dieser Komponenten wohl am „ursächlichsten“ ist, d.h. die oder eine der genetischen Ursachen der Zuckerkrankheiten enthält, wird von Experten nach wie vor lebhaft diskutiert.
Insulinresistenz führt nicht nur zu Störungen des Glukosegleichgewichts, sondern ist auch an der Entstehung von Dyslipidämie, Bluthochdruck und Atherosklerose beteiligt. Damit wird sie in sehr enger Verbindung mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesehen. Bei der Entstehung der Insulinresistenz ist das Übergewicht von herausragender ursächlicher Bedeutung. Als Vermittler zwischen dem übermäßigen Körperfett und der Insulinresistenz werden seit langem freie Fettsäuren, seit kurzem aber auch bestimmte Eiweißmoleküle diskutiert, die aus dem Fettgewebe freigesetzt werden (ähnlich wie Hormone aus Drüsen) und in anderen Geweben (z.B. Leber, Muskel) das Insulinsignal stören.
Eine besondere Rolle unter diesen Eiweißmolekülen spielt das jüngst entdeckte Adiponectin. Interessanterweise scheint es bei Adipositas abzunehmen und vor Insulinresistenz und Alterzucker zu schützen. Darin liegt ein großes wissenschaftliches und möglicherweise auch therapeutisches Potential, dessen Untersuchung gerade beginnt.
Vererbung spielt eine große Rolle in der Entstehung der Zuckerkrankheit. Welche Gene bzw. welche Mutationen in Genen genau dafür verantwortlich sind, ist für die Mehrzahl von Zuckerkranken noch immer unklar. Einige Kandidaten sind in letzter Zeit auf unterschiedlichen Wegen zur Diskussion gestellt worden. Um die Vererbung des Typ 2 Diabetes erfassen zu können, muss zusätzlich der Einfluss von nicht-genetischen Faktoren, wie körperliche Aktivität und Ernährung berücksichtigt werden.
Eine Kombination von vermehrter körperlicher Bewegung und Diät konnte bei Probanden mit gestörter Glukosetoleranz das Diabetesrisiko halbieren, was den Einfluss dieser Faktoren nachhaltig unterstreicht. Um zu untersuchen, ob einzelne Menschen von derartigen Interventionen mehr oder weniger profitieren, werden derzeit groß angelegte Studien durchgeführt, die insbesondere die Möglichkeit bieten, das Zusammenspiel von genetischen und Umweltfaktoren bei der Entstehung komplexer Erkrankungen wie Typ 2 Diabetes zu analysieren. Die eindeutige Identifizierung dieser genetischen Faktoren würde zu einer viel spezifischeren Behandlung, d.h. am Defekt orientierten, und möglicherweise Verhütung von Insulinresistenz und damit der Zuckerkrankheit führen.
Dr. Joachim Spranger, Potsdam-Rehbrücke; Prof. Dr. Michael Stumvoll, Leipzig
Meldung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) zur Veranstaltung auf der Jahrestagung der DDG: Symposium - Regulation des Stoffwechsels durch Gen-/Umwelteinflüsse |