EASD-Tagung: Diabetes wird zur größten Epidemie in Europa
(27.09.2004) Mehr als 12.000 Ärzte aus aller Welt nahmen Anfang September 2004 am Diabetes-Kongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD) in München teil. Sie stehen einer Krankheit gegenüber, die sich nach Meinung der Deutschen Diabetes-Stiftung in Europa mittlerweile epidemieartig ausbreitet.
„Was AIDS am Ende des 20. Jahrhunderts war, wird Diabetes in den nächsten Jahren dieses Jahrhunderts sein“, warnte vor einigen Wochen der australische Diabetologe Prof. Dr. Paul Zimmet. Dass diese drastische Aussage insbesondere im Hinblick auf Europa nicht übertrieben ist, beweisen die nackten Zahlen: Knapp 50 Millionen Menschen in Europa haben bereits Diabetes, viele weitere Millionen werden in den nächsten Jahren hinzukommen.
Schon jetzt werden in europäischen Ländern allein für die Behandlung von Diabetes etwa 50 Milliarden Euro ausgegeben. „Wenn wir nicht aufpassen, wird Diabetes zum Totengräber unseres Gesundheitssystems“, so Prof. Dr. Dieter Grüneklee, Vorsitzender der Diabetes-Stiftung. Kein Wunder, denn wer an Diabetes leidet, muss sich in vielen Fällen nicht nur täglich Insulin spritzen, sondern auch mit schweren Folgeerkrankungen – bis hin zu Schlaganfall oder Herzinfarkt – rechnen.
Deutschland nimmt im Reigen der europäischen Länder eine unrühmliche Spitzenposition ein: 10,2 Prozent der erwachsenen Bevölkerung (20 bis 79 Jahre) leiden unter Diabetes – mehr als in jedem anderen Land Mitteleuropas. Und Experten gehen von weiter steigenden Zahlen aus. Die Internationale Diabetes Föderation (IDF) erwartet, dass die Zahl der Diabetiker in Europa in den kommenden zwanzig Jahren um mehr als 20 Prozent steigen wird. Reinhart Hoffmann, Sprecher der Deutschen Diabetes-Stiftung, befürchtet jedoch eine weitaus dramatischere Entwicklung: „Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Zahl der Zuckerkranken in Deutschland jedes Jahr um 300.000 ansteigt. Wenn die Entwicklung so weiter geht, haben wir 2025 doppelt so viele Diabetiker wie heute.“
Hauptursache für diese besorgniserregende Entwicklung ist die Gewichtszunahme der Europäer. Das Durchschnittsgewicht jüngerer Österreicher (unter 40 Jahren) steigt zum Beispiel jährlich um 200 Gramm. Heute sind zwölf Prozent der Österreicher und über 20 Prozent der Deutschen fettsüchtig. Europaweit schwanken die Werte zwischen neun Prozent (Niederlande) und 23 Prozent (Tschechien). „Damit befinden sich die Europäer auf dem besten Weg mit den Amerikanern gleichzuziehen, bei denen jeder Dritte krankhaft übergewichtig ist“, prognostiziert Prof. Dr. Grüneklee.
Längst sind die Zeiten vorbei, in denen der Bierbauch erst mit dem vierzigsten Geburtstag zu wachsen begann. „Auch bei jedem fünften Kind und gar jedem dritten Jugendlichen in Deutschland schlägt die Nadel beim Wiegen in den roten Bereich“, so Prof. Dr. Hans Hauner, Ernährungsexperte und Kurator der Deutschen Diabetes-Stiftung. „Eine Studie beweist: Kinder bewegen sich heute nur noch halb so viel wie noch vor Jahren, sie sitzen viel zu viel am Computer. Fettreiche Kost und Fast Food tun ein Übriges. Die Folge: Wir haben heute deutschlandweit schon etwa 5.000 Kinder mit dem früher so genannten 'Altersdiabetes', der Krankheit, die im vorigen Jahrhundert überwiegend bei älteren Erwachsenen auftrat.“
Die wenigsten Diabetiker finden sich übrigens auf Island. Gerade mal zwei von hundert erwachsenen Isländern sind zuckerkrank. Grund dafür? Wahrscheinlich die hohen Lebensmittelpreise. Wer weniger isst und sich mehr bewegt, bekommt auch weniger leicht Diabetes! So einfach ist das.
Christian Gahrmann, Presseerklärung der Deutschen Diabetes-Stiftung (DDS)
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