Die Schlafdauer beeinflusst den Zuckerstoffwechsel
(25.05.2005) Lange Arbeitszeiten, Schichtarbeit, Fernsehen, Computer, ein in den späten Abend verschobenes Freizeitverhalten und vielfältige andere Veränderungen haben in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass sich die allgemeine Schlafdauer in unserer Gesellschaft verkürzt hat: Heute schlafen die Menschen in den westlichen Industrienationen durchschnittlich ein bis zwei Stunden weniger pro Nacht als noch vor 100 Jahren.
Eine Schlafdauer von 7 bis 8 Stunden pro Nacht scheint für den Zuckerstoffwechsel am günstigsten zu seinVerschiedene Untersuchungen haben mittlerweile zeigen können, dass eine sehr kurze Schlafdauer bzw. Schlafmangel überdurchschnittlich häufig mit Übergewicht bei den Betroffenen einhergeht. Über die genauen Ursachen wird noch spekuliert. Unter anderem ist bekannt, dass Schlafentzug zu einer Absenkung des Sättigungshormons Leptin führt, während das „Hungerhormon“ Ghrelin vermehrt ausgeschüttet wird. Die Folge: Das Hungergefühl und der Appetit nach kalorienreichen Nahrungsmitteln steigt an.
Aber nicht nur die Regulierung des Appetits, auch der Zuckerstoffwechsel wird durch die Schlafdauer beeinflusst. Wissenschaftler um Dr. Daniel Gottlieb von der Boston University School of Medicine haben vor kurzem in einer großen Studie den Zuckerhaushalt von „Kurz“-, „Normal“- und „Langschläfern“ untersucht. Hierzu befragten sie 1.486 Männer und Frauen im Alter zwischen 53 und 93 Jahren nach ihrem Schlafverhalten. Ebenso wurde dokumentiert, ob die Teilnehmer einen Diabetes oder eine gestörte Glukosetoleranz (= Zuckerverwertungsstörung bzw. Diabetes-Vorstadium) hatten.
Die Ergebnisse: 21 Prozent aller Teilnehmer waren Diabetiker, weitere 28 Prozent zeigten eine gestörte Glukosetoleranz. Etwa 27 Prozent der Befragten schliefen pro Nacht höchstens 6 Stunden („Kurzschläfer“). Hiervon gaben mehr als 8 Prozent der Männer und Frauen eine Schlafdauer von weniger als 5 Stunden an. Im Gegensatz hierzu berichteten fast 9 Prozent, pro Nacht 9 Stunden oder länger zu schlafen („Langschläfer“). Die restlichen Teilnehmer gaben als Schlafdauer 7-8 Stunden an („Normalschläfer“).
Der Vergleich zwischen Schlafdauer und Zuckerhaushalt zeigte einen deutlichen Zusammenhang: Personen, die nur 5 Stunden oder weniger pro Nacht schliefen, waren 2,5-mal häufiger als „Normalschläfer“ von einer Diabeteserkrankung betroffen. Bei 6 Stunden Schlaf waren es immerhin noch fast 1,7-mal so viele im Vergleich zu den Teilnehmern mit einer Schlafdauer von 7-8 Stunden. Ebenso fanden sich bei den „Kurzschläfern“ überdurchschnittlich häufig Personen mit einer gestörten Glukosetoleranz (= Diabetes-Vorstadium). Auch die „Langschläfer“ mit mehr als 9 Stunden Schlaf pro Nacht waren öfter von einem Diabetes oder einer gestörten Glukosetoleranz betroffen. Diese Ergebnisse veränderten sich auch nicht, nachdem Teilnehmer mit Schlafstörungen aus der Auswertung herausgenommen wurden. Eine Schlafdauer von 7 bis 8 Stunden pro Nacht scheint für den Zuckerstoffwechsel am günstigsten zu sein: Personen, die regelmäßig weniger als 6 oder mehr als 9 Stunden schlafen, sind nach der vorliegenden Studie überdurchschnittlich oft von einem Diabetes mellitus und einer gestörten Glukosetoleranz betroffen.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Gottlieb DJ, Punjabi NM, Newman AB et al.: Association of Sleep Time With Diabetes Mellitus and Impaired Glucose Tolerance. Arch Intern Med 2005; 165: 863-867 |