Gestörte Caspase-3 Bildung bei Typ 1 Diabetikern
(15.06.2005) Das menschliche Immunsystem ist ein hoch kompliziertes und spezialisiertes System, welches hauptsächlich damit beschäftigt ist, körperfremde Substanzen abzuwehren. Allerdings ist es auch von entscheidender Bedeutung, dass das Immunsystem Reaktionen zu verhindern weiß, die gegen körpereigene Strukturen gerichtet sind. Die speziellen Immunzellen, die gegen körpereigene Strukturen reagieren werden als autoreaktiv bezeichnet und können Krankheiten, so genannte Autoimmunerkrankungen, wie zum Beispiel den Typ 1 Diabetes oder die Multiple Sklerose auslösen.
Das Immunsystem bedient sich eines sehr effektiven Mechanismus, der so genannten „Apoptose“ oder auch programmierten Zelltod, um den Körper vor dem Angriff durch autoreaktive Immunzellen zu schützen und diese zu eliminieren. Hierbei spielen bestimmte Moleküle (Rezeptoren) auf der Zelloberfläche sowie eine komplexe Aneinanderreihung verschiedener Reaktionen in der Zelle die Hauptrolle in dem Prozess. Die als autoreaktiv identifizierte Immunzelle wird sozusagen in den „Selbstmord getrieben, stirbt ab und ein Angriff auf körpereigene Strukturen wird verhindert.
Bereits in verschiedenen Tiermodellen wurde gezeigt, dass eine Störung im Apoptose-Prozess an der Entwicklung von autoimmunen Reaktionen beteiligt ist. So wurde zum Beispiel auch bei der NOD-Maus, als bekanntes Tiermodell für den Typ 1 Diabetes, darüber berichtet, dass die autoreaktiven Immunzellen nicht auf bestimmte Signale einer Apoptose reagieren. Vergleichbare Ergebnisse eines gestörten Apoptose-Prozesses in Immunzellen wurden in Patienten mit einem Typ 1 Diabetes beschrieben. Eine zentrale Rolle bei der Apoptose wird dem Protein Caspase-3 zugeschrieben.
In einer aktuell veröffentlichten Studie italienischer Wissenschaftler wurde nun die Rolle von Caspase-3 bei der Apoptose von Immmunzellen beim Typ 1 Diabetes näher beleuchtet. Insbesondere wurde die Bildung (Expression) der Caspase-3 und der Zusammenhang von Apoptose und Caspase-3-Bildung bei frisch manifesten Typ 1 Diabetikern im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen untersucht. Es nahmen dabei 37 neu manifeste Diabetiker im Alter von 8 bis 30 Jahren und 36 gesunde Kontrollpersonen im Alter von 6 bis 44 Jahren an der Studie teil.
Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Die Caspase-3 Bildung in Immunzellen war bei 18 von 37 Typ 1 Diabetikern reduziert. Bei den Kontrollpersonen wies nur eine Person (von insgesamt 36) eine erniedrigte Bildung der Caspase-3 auf.
- Eine Reduktion der Caspase-3 Bildung in Immunzellen wurde bei all den Patienten nachgewiesen, deren Immunzellen ebenso trotz Stimulierung nicht durch Apoptose zugrunde gingen, das heißt, diese waren resistent.
Aus den ermittelten Ergebnissen wurde geschlussfolgert, dass eine gestörte Bildung und Funktion des Proteins Caspase-3 in Immunzellen von Typ 1 Diabetikern in engen Zusammenhang mit einem gestörten Apoptose-Prozess zu stehen scheint. Folglich würde dieses Phänomen zu der Entwicklung autoimmuner, gegen körpereigene Strukturen gerichteter Immunreaktionen in Personen führen, die aufgrund ihres genetischen Hintergrundes dafür anfällig sind.
Dr. Patricia Schott-Ohly, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Vendrame F et al. Defective lymphocyte caspase-3 expression in type 1 diabetes mellitus. Eur J Endocrinol 152: 119-125, 2005 |