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    Wochenschwerpunkt: Grundlagen des Diabetes mellitus (Teil 2)
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    Wochenschwerpunkt: Grundlagen des Diabetes mellitus (Teil 2)

    Ursachen des Diabetes mellitus

    Diabetes mellitus bezeichnet kein einheitliches Krankheitsbild, sondern eine Stoffwechselstörung mit unterschiedlichen Ursachen. Der Typ 1 Diabetes ist durch einen Verlust der insulinproduzierenden Zellen bedingt. Beim Typ 2 Diabetes steht eine verminderte Empfindlichkeit der Körperzellen auf Insulin (Insulinresistenz) im Vordergrund.

    - Typ 1 Diabetes

    Beim Typ 1 Diabetes spielen sowohl erbliche als auch Umweltfaktoren eine Rolle. Der Typ 1 Diabetes wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 3-5 % von einem Elternteil auf ein Kind vererbt. Sind beide Eltern an Typ 1 Diabetes erkrankt, steigt das Risiko auf 10-25 %. Bei einem zunächst nicht erkrankten eineiigen Zwilling eines Typ 1 Diabetikers liegt das Risiko des anderen Zwillings bei 30-50%. Man geht davon aus, dass es auf der Grundlage einer genetischen Veranlagung auslösende Faktoren gibt. Hierfür werden vor allem Virusinfektionen, eventuell auch Ernährungsfaktoren, verantwortlich gemacht. Diese führen über eine fehlgeleitete Immunreaktion zur Zerstörung der körpereigenen insulinproduzierenden Zellen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Autoimmunerkrankung. Eine Virusinfektion kann eine Autoimmunerkrankung auslösen, bei der Immunzellen und Antikörper (Abwehrstoffe) gebildet werden, die gegen körpereigenes Gewebe reagieren. Die wichtigsten Antikörper beim Typ 1 Diabetes sind Inselzell-Antikörper (ICA), Insulin-Autoantikörper (IAA), Antikörper gegen das Enzym Glutamatdecarboxylase (GADA) und Antikörper gegen die Tyrosinkinase IA-2. Diese Antikörper sind schon Monate bis Jahre vor dem Ausbruch des Diabetes im Blut der Betroffenen nachweisbar.

    - Typ 2 Diabetes

    Beim Typ 2 Diabetes wirken mehrere erbliche und nicht-erbliche Faktoren zusammen: Genetisch bedingt sowie in Folge von Übergewicht, Fehlernährung und Bewegungsmangel sprechen die Körperzellen weniger auf Insulin an (=Insulinresistenz). Des weiteren ist die Insulinausschüttung reduziert.

    Dass die Vererbung beim Typ 2 Diabetes eine wichtige Rolle spielt, weiß man aus Vergleichsbeobachtungen an Zwillingen. So beträgt das Erkrankungsrisiko für eineiige Zwillinge von Typ 2 Diabetikern 50-90%. Neben der genetischen Grundlage wird die Auslösung eines Typ 2 Diabetes entscheidend gefördert durch:
    · Fehlernährung,
    · Übergewicht
    · Zigarettenrauchen
    · Bluthochdruck und
    · höheres Lebensalter.

    Zu Beginn des Prozesses der Insulinresistenz kann der Körper den Mehrbedarf noch durch eine Mehrproduktion von Insulin ausgleichen und so den Blutzuckerspiegel im Normbereich halten. Nach einiger Zeit erschöpft sich jedoch die Insulinproduktion. Es entsteht zunächst ein überhöhter und verlängerter Blutzuckeranstieg nach Zuckeraufnahme (gestörte Glukosetoleranz) und schließlich ein manifester Typ 2 Diabetes.


    - Schwangerschaftsdiabetes

    Beim Schwangerschaftsdiabetes treten im Verlauf der Schwangerschaft hormonelle Umstellungen auf, die zu einem erhöhten Insulinbedarf und zu erhöhten Blutzuckerspiegeln führen können.

    - Sonstige Diabetesformen

    Ein Diabetes kann grundsätzlich auch durch Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse oder im Rahmen anderer Krankheiten oder bei bestimmten genetischen Störungen auftreten. Auch manche Medikamente, insbesondere Kortison, können an der Entstehung eines Diabetes beteiligt sein.


    Krankheitszeichen beim Diabetes mellitus

    Wichtige Symptome sind vermehrter Durst, vermehrtes Wasserlassen, Müdigkeit und Gewichtsverlust.

    Beim Typ 1 Diabetes treten die Symptome aufgrund des absoluten Insulinmangels in der Regel sehr akut und dramatisch auf. Beim Typ 2 Diabetes können dagegen oft jahrelang keine Beschwerden angegeben werden.

    Charakteristische Symptome

    Dazu gehören unter anderem:

    • starker Durst,
    • vermehrtes Wasserlassen,
    • unerklärbare Gewichtsabnahme,
    • Abgeschlagenheit und allgemeine Leistungseinbuße,
    • Neigung zu Infektionen,
    • schlecht heilende Wunden,
    • Wadenkrämpfe,
    • Sehstörungen,
    • Juckreiz und
    • Azetongeruch der Atemluft.

    Beim Typ 1 Diabetes kommt es ohne rechtzeitige Behandlung innerhalb weniger Wochen zu Gewichtsverlust, Unwohlsein, quälendem Durst, häufigem Wasserlassen bis hin zu schnellerer und vertiefter Atmung, Veränderungen im Säure-Basen-Haushalt des Körpersund zur Entwicklung eines diabetischen Komas mit Bewußtseinsverlust.

    Der Beginn des Typ 2 Diabetes verläuft meist schleichend und kann anfangs zunächst völlig beschwerdefrei sein. Allgemeine Symptome wie vermehrter Durst, schlechtes Allgemeinbefinden, erhöhte Infektanfälligkeit, Juckreiz, leichte Ermüdbarkeit und Schwindel werden dabei oft fehlgedeutet. Trotzdem können zu diesem Zeitpunkt bereits Folgeschäden z.B. an Herz, Nieren, Augen und Nerven entstanden sein. Vor allem die Begleit- und Folgeerkrankungen beeinträchtigen das Wohlbefinden der Patienten.
    Ein Schwangerschaftsdiabetes verursacht im allgemeinen keine Beschwerden und kann deshalb leicht übersehen werden. Trotzdem muss er behandelt werden, da es zu Schwangerschaftskomplikationen kommen kann.


    Untersuchungen beim Diabetes mellitus

    Für Patienten mit Diabetes ist sowohl die Selbstkontrolle des Stoffwechsels als auch die regelmäßige ärztliche Untersuchung entscheidend.

    Hierbei sind verschiedene Aspekte von Bedeutung. Auf der einen Seite gilt es, den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren und die Diabetestherapie so optimal wie möglich an den aktuellen Bedarf anzupassen. Auf der anderen Seite sollen mögliche Folgeerkrankungen frühzeitig erkannt und behandelt werden.

    - Ärztliche Kontrollen

    Alle drei Monate sollten beim Arzt Körpergewicht, Blutdruck, HbA1c-Wert sowie der Blutzucker (nüchtern und nach dem Essen) bestimmt werden. Ein sogenannter Mikroalbuminurietest (Urinuntersuchung auf Eiweiße) ist zur Untersuchung auf Nierenschäden notwendig. Insbesondere beim Vorliegen einer diabetischen Nervenschädigung muss wegen der Gefahr unbemerkt entstehender Geschwüre auch eine Untersuchung der Füße durchgeführt werden. Zusätzlich sind einmal pro Jahr die Bestimmung von Gesamtcholesterin sowie HDL- und LDL-Cholesterin, Triglyceriden und Kreatinin im Serum sowie eine Untersuchung der Beingefäße, ein EKG und eine eingehende neurologische Untersuchung angezeigt. Alle diese Untersuchungen sind Bestandteil des "Gesundheitspass Diabetes DDG". Bei Bedarf müssen weitere technische Untersuchungen, wie zum Beispiel eine 24-Stunden-Blutdruckmessung oder ein Ultraschall des Herzens veranlasst werden. Ebenfalls notwendig ist die jährliche Vorstellung beim Augenarzt zur frühzeitigen Erkennung von Augenschäden.

    - Selbstkontrollen

    Eine Selbstkontrolle ist als Basis jeder Diabetestherapie anzusehen und dient zur regelmäßigen und systematischen Kontrolle der Stoffwechselsituation. Stoffwechselentgleisungen lassen sich so frühzeitig erkennen und therapieren. Durch die Beobachtung dieser Werte über längere Zeiträume kann Ihr Arzt Entscheidungshilfen für Ihre Betreuung erhalten. Auch Krisensituationen lassen sich so leichter beherrschen.
    Wichtige Parameter der Selbstkontrolle sind:

    • das Körpergewicht
    • der Blutdruck
    • der Urin auf Urinzucker
    • das Blut auf Blutzucker
    • der Urin auf Aceton


    - Kontrolle des Urins auf Zucker

    Dies ist eine mittels Teststreifen einfach durchzuführende und preiswerte Methode. Das Vorhandensein von Zucker im Urin weist auf einen überhöhten Blutzuckerspiegel hin, der dann über die Nieren ausgeschieden wird. Für Typ 2 Diabetiker, die mit Diät oder Tabletten behandelt werden, ist eine regelmäßige Urinzuckerkontrolle manchmal ausreichend.

    - Kontrolle des Urins auf Aceton

    Die Untersuchung des Urins auf Aceton ist für die Erkennung von Stoffwechselentgleisungen notwendig. Aceton entsteht, wenn statt der Kohlenhydrate Fette zur Energiegewinnung benutzt werden müssen. Dies ist der Fall bei Fasten und bei starkem Insulinmangel mit beginnender Stoffwechselentgleisung. Für die Acetonbestimmung gibt es spezielle Teststreifen.

    - Blutzuckerkontrollen

    Eine regelmäßige Blutzuckerkontrolle sollte von jedem insulinspritzenden Diabetiker durchgeführt werden.
    Unerlässlich ist sie bei Patienten, die eine sogenannte "intensivierte Insulintherapie" durchführen, da hier die Insulindosen an den aktuellen Blutzucker, die geplante Kohlenhydratzufuhr und die Intensität der körperlichen Betätigung angepasst werden müssen. Aber auch Typ2Diabetiker profitieren von einer regelmäßigen Blutzuckerkontrolle, insbesondere wenn mit Insulin behandelt wird oder wenn der Blutzucker eingestellt wird (also normnah unter der Ausscheidungsschwelle über die Niere)

    - Gewicht

    Eine regelmäßige Gewichtskontrolle ist insbesondere bei Typ-2-Diabetikern notwendig, bei denen das Körpergewicht einen entscheidenden Einfluss auf die Stoffwechsellage hat.

    - Blutdruck

    Die Blutdruckselbstmessungerlaubt dem Diabetiker mit einer arteriellen Hypertonie Blutdruckentgleisungen rasch festzustellen.


    Behandlung des Diabetes mellitus

    Die Folgeerkrankungen des Diabetes lassen sich verhindern oder hinauszögern, wenn der Diabetes und seine Begleiterkrankungen richtig behandelt werden.

    Bei der Behandlung des Diabetes mellitus werden verschiedene Ziele angestrebt. Die Betroffenen sind zunächst bestrebt Symptome wie Durst, Müdigkeit und Leistungsschwäche sowie Akutkomplikationen der Blutzuckerentgleisung zu vermeiden. Langfristig besteht das Ziel in der Erhaltung einer hohen Lebensqualität und darin, Folgeerkrankungen (z.B. Schäden an Herz, Blutgefäßen, Nieren, Augen, Füßen) zu verhindern. Sind bereits Folgeschäden aufgetreten, müssen diese behandelt und ein weiteres Fortschreiten verhindert werden.

    Wichtige Grundlagen einer guten Diabetestherapie sind Schulungen der Betroffenen und eventuell auch ihrer Angehörigen sowie eine geregelte Lebensweise.

    - Typ 1 Diabetes

    Die Behandlung eines Typ 1 Diabetes besteht immer und von Anfang an im Ersatz des fehlenden Insulins. Dies ist durch Injektionen (mindestens 4 mal täglich) mit Hilfe einer Spritze oder eines sogenannten Pens oder durch kontinuierliche Infusion mit einer Insulinpumpe möglich. Ein "Pen" ist eine Art besonderer Spritze, die aussieht wie ein dicker Kugelschreiber, und mit deren Hilfe, sich Insulin sehr einfach spritzen lässt.

    Die erforderliche Dosis von Insulin richtet sich nach dem aktuellen Blutzucker, der Menge der zugeführten Kohlenhydrate und nach der geplanten körperlichen Bewegung. Zum Erlernen der Insulintherapie, und auch zum Erwerb eines fundierten Hintergrundwissens über den Diabetes werden für die Patienten und auch für ihre Angehörigen spezielle Schulungskurse angeboten. Bei unzureichender Behandlung des Typ 1 Diabetes ist das Risiko für akute Entgleisungen und für diabetische Folgeerkrankungen hoch.

    - Typ 2 Diabetes

    Beim Typ 2 Diabetiker stehen zunächst die geregelte Lebensweise, Ernährungsumstellung, meist eine Reduktion des Körpergewichts, vermehrte körperliche Bewegung sowie Nikotin- und Alkoholverzicht im Vordergrund. Viele Patienten können damit über Jahre hinweg gut behandelt werden. Reicht dies nicht oder nicht mehr aus, so sind dann auch Tabletten (orale Antidiabetika) oder eine Insulintherapie angezeigt. Die Therapie des Typ 2 Diabetes darf sich nicht auf die Normalisierung des Blutzuckers beschränken, sondern es müssen Blutdruck, Blutfette und andere Störungen konsequent mitbehandelt werden, um insbesondere auch Folgeerkrankungen an den großen Gefäßen zu verhindern. Nach 15 bis 20 Jahren Krankheitsverlauf brauchen auch Typ 2 Diabetiker häufig Insulin.
    Sehr wichtig für Typ 2 Diabetiker sind spezielle Diabetikerschulungen, in denen man sich umfassend über die Erkrankung, die Therapiemöglichkeiten und das Leben mit Diabetes informieren kann.

    Diese Hilfe zur Selbsthilfe ist ein wesentlicher Bestandteil einer modernen Diabetestherapie.

    - Schwangerschaftsdiabetes

    Der Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) muss behandelt werden, um Komplikationen bei Kind und Mutter zu vermeiden. Reicht eine Ernährungsumstellung nicht aus, muss zur Normalisierung der erhöhten Blutzuckerwerte Insulin gespritzt werden. Eine Diabetesbehandlung mit Tabletten ist während einer Schwangerschaft nicht erlaubt, da diese Medikamente das heranwachsende Kind schädigen können. Unbehandelt kann die Zuckerkrankheit zu Entwicklungsstörungen und Fehlbildungen und im schlimmsten Fall sogar zum Tod des ungeborenen Kindes führen. Eine Kontrolle des Blutzuckers in der 26. - 28. Schwangerschaftswoche wird empfohlen, um einen Schwangerschaftsdiabetes rechtzeitig zu erkennen. Frauen mit einem Schwangerschaftdiabetes sollten unbedingt eine spezialisierte diabetologische Betreuung in Anspruch nehmen.


    Verlauf des Diabetes mellitus

    Ohne Behandlung oder bei unzureichender Einstellung des Blutzuckers kommt es zu einer Reihe von Fehlfunktionen bis hin zum Versagen verschiedener Organe.

    Beim Typ 1 Diabetes kommt es ohne rechtzeitige Behandlung innerhalb weniger Wochen zu Gewichtsverlust, Unwohlsein, häufigem Wasserlassen, schnellerer und vertiefter Atmung und Veränderungen im Säure-Basen-Haushalt (d.h. der Mineralsalze in Blut und Zellen) des Körpers. Daraus kann sich ein diabetisches Koma mit Bewusstlosigkeit entwickeln, das zum Tod führen kann.

    Beim Typ 2 Diabetes sind zu Anfang der Erkrankung die Symptome nicht eindrucksvoll und werden leicht fehlgedeutet. Deshalb wird ein Typ 2 Diabetes häufig erst nach jahrelangem Verlauf und eher zufällig entdeckt. Trotzdem können zu diesem Zeitpunkt bereits Folgeschäden an Herz, Nieren, Augen und Nerven entstanden sein.

    Charakteristische Symptome beider Arten des Diabetes mellitus sind unter anderem quälender Durst, vermehrtes Wasserlassen, Gewichtsabnahme, Abgeschlagenheit und allgemeine Leistungseinbuße, Neigung zu Infektionen, schlecht heilende Wunden, Wadenkrämpfe, Sehstörungen und Juckreiz.

    An Folgeerkrankungen des Diabetes treten vor allem Augenschäden (Retinopathie) bis zur Erblindung, Nierenschäden (Nephropathie) bis zum Nierenversagen, Nervenschäden (Neuropathie) und Durchblutungsstörungen mit dem Risiko für ein diabetisches Fußsyndrom und Amputationen auf. Darüber hinaus ist der Diabetes mellitus auch mit einem erhöhten Risiko für eine Arteriosklerose, speziell für die koronare Herzkrankheit, Schlaganfall und die periphere arterielle Verschlusskrankheit behaftet. Hauptursache dieser Folgeerkrankungen ist eine Schädigung der kleinen und großen Blutgefäße (Mikro- und Makroangiopathie) durch den hohen Blutzucker. Es kommt hierbei zu direkten Schäden an den Blutgefäßwänden, die in Kombination mit schlechteren Fließeigenschaften des Blutes die Durchblutung verringern.

    Diese Folgeerkrankungen sind abhängig von Dauer und Ausmaß der Blutzuckerhöhung sowie von bestehenden Begleiterkrankungen. Mit anderen Worten, je länger ein Diabetes schlecht oder gar nicht eingestellt ist, desto wahrscheinlicher und gravierender sind die zu erwartenden Folgeerkrankungen.

    Vor allem die Begleit- und Folgeerkrankungen beeinträchtigen das Wohlbefinden der Patienten und führen zu einer Verringerung ihrer Lebensqualität und Lebenserwartung.

    Prof. Dr. med. Werner Scherbaum, Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf

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