Fettzelle als Ursache des Typ 2 Diabetes mellitus
(13.08.2003) Übergewicht bzw. starkes Übergewicht (Adipositas) ist der bei weitem wichtigste beeinflussbare Risikofaktor für die Entwicklung des Typ 2 Diabetes mellitus und gleichzeitig der entscheidende Schrittmacher des metabolischen Syndroms (Vorstufe des Diabetes mellitus). Zahlreiche Studien beim Menschen zeigen, dass eine Gewichtsabnahme den Diabetes verhindern und die Blutzuckereinstellung deutlich verbessern kann.
Allerdings ist eine langfristige Gewichtssenkung gerade bei übergewichtigen Menschen mit Diabetes nur sehr schwer zu erreichen. Bis heute ist weitgehend ungeklärt, über welche molekularen Mechanismen Übergewicht den Diabetes fördert.
Aktuelle Forschungsarbeiten zur Funktion des Fettgewebes könnten in dieser Frage zu neuen Erklärungsansätzen führen. Bis vor kurzem herrschte die Auffassung vor, dass Fettzellen vor allem der Speicherung überschüssiger Energie in Form von Triglyzeriden dienen, die bei erhöhtem Bedarf oder bei Nahrungsmangel genutzt werden können.
In den letzten Jahren konnten überraschenderweise Hinweise gesammelt werden, dass Fettzellen darüber hinaus eine Vielzahl von Faktoren bilden und freisetzen, die sowohl auf lokaler Ebene als auch an anderen Organen vielfältige Wirkungen besitzen. Der entscheidende Ausgangsbefund war die Entdeckung, dass Fettzellen einen Faktor freisetzen, der dem Gehirn die Energiereserven des Fettgewebes meldet und dort als Sattheitshormon wirkt. Eine wichtige Entdeckung war außerdem, dass Fettzellen sog. Zytokine freisetzen, die möglicherweise die Verwertung der Glukose im Körper stören und eine Insulinresistenz induzieren. Gleichzeitig produzieren Fettzellen von übergewichtigen Menschen weniger vom Faktor Adiponektin, was zu einer gesteigerten Glukosebildung in der Leber führt und ebenfalls einen Diabetes begünstigt.
Eine Arbeitsgruppe am Deutschen Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf konnte kürzlich zeigen, dass menschliche Muskelzellen in Gegenwart von Fettzellen deutlich schlechter auf Insulin ansprechen und dieser Effekt ebenfalls durch freigesetzte Faktoren verursacht ist. Somit könnte der Typ 2 Diabetes auch als Folge einer gestörten endokrinen Funktion von vergrößerten Fettzellen betrachtet werden.
Diese Beobachtungen lenken den Blick auf eine fettzellorientierte Behandlung des Typ 2 Diabetes. Durch Gewichtsabnahme verändert sich nachweislich die endokrine Funktion von Fettzellen in günstiger Weise. Bestimmte blutzuckersenkende Medikamente haben ebenfalls einen positiven Einfluss auf die gestörte endokrine Funktion von Fettzellen bei Übergewicht. Somit gerät das Fettgewebe und insbesondere die Fettzelle immer stärker ins Visier auch für neue Ansätze zur Behandlung des Typ 2 Diabetes.
Prof. Dr. med. Hans Hauner, Ärztlicher Direktor des Else-Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin der Technischen Universität München, Klinikum Rechts der Isar, Mitglied des Fachbeirats von www.diabetes-deutschland.de
Meldung der DDG zur Pressekonferenz auf der 38. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) 2003 in Bremen
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