Zusammenhang zwischen Diabetes und Beinlänge
(13.08.2004) In der Literatur gibt es bereits einige Studien, die den Zusammenhang zwischen der Beinlänge und dem Auftreten von Krankheiten untersuchen. So wurde zum Beispiel festgestellt, dass Frauen mit gestörter Glukosetoleranz (Vorstufe zum Diabetes) oder mit einem Gestationsdiabetes (Schwangerschaftsdiabetes) im Durchschnitt kleiner sind als Frauen ohne Diabetes. Bisher ist völlig unklar, wie dieser Zusammenhang zustande kommt und ob diesen Beobachtungen eine wissenschaftliche Bedeutung zukommt. Dennoch soll hier eine weitere Studie zu diesem Thema beschrieben werden.
Das Ziel einer kürzlich veröffentlichten Australischen Studie war es, herauszufinden, ob Frauen mit Gestationsdiabetes kürzere Beine haben als Frauen ohne Diabetes. Hierzu wurde der Zusammenhang zwischen der Beinlänge und den Ergebnissen des oralen Glukose-Toleranztests (OGTT), mit dem Störungen im Blutzucker-Stoffwechsel festgestellt werden können, untersucht.
Für die Studie wurden 61 Frauen mit Gestationsdiabetes mit 161 Frauen ohne Diabetes, miteinander verglichen. Alle Frauen waren im dritten Schwangerschaftsdrittel. In Wollong in Australien wird bei allen Schwangeren (90%) zu Beginn des 3. Schwangerschaftsdrittels ein oraler Glukose-Toleranztest durchgeführt. Ein Gestationsdiabetes wurde diagnostiziert, wenn der Nüchternblutzucker über 5,5 mmol/l (100 mg/dl) lag und zwei Stunden nach dem Essen über 8,0 mmol/l (145 mg/dl).
Die Ergebnisse der Studie waren wie folgt:
- Frauen mit Gestationsdiabetes waren durchschnittlich etwas älter (Alter 26,9 gegen 30,7 Jahre), sie waren kleiner (164,9 gegen 162,1 cm), hatten einen höheren Body-Mass-Index (BMI 23,4 gegen 27,0 kg/m2) und kürzere Beine (durchschnittlich 3,2 cm) als Frauen mit Diabetes.
- Je höher der Blutzucker 2 Stunden nach Glukosegabe war (OGTT), desto kleiner (r = -0,161) waren die Frauen und desto kürzer waren die Beine (r = -0,266)
- Es wurde außerdem das Verhältnis von Beinlänge zu Gesamtkörpergröße ermittelt. Je höher der Blutzuckerwert zwei Stunden nach der Glukosegabe war, desto niedriger war dieses Verhältnis (r = - 0,294). Auch nach Anpassung an Alter und Body-Mass-Index blieb das Verhältnis statistisch bedeutsam.
Eine Erklärung für die gefundenen Zusammenhänge könnte die Theorie sein, dass Menschen mit kürzern Beinen verhältnismäßig weniger Muskelmasse besitzen und einen verhältnismäßig größeren Rumpf mit entsprechend mehr insulinresistenten Fettzellen haben als Menschen mit durchschnittlich großen oder längeren Beinen. Die wahrscheinlichste Erklärung für das gemeinsame Auftreten von kürzeren Beinen und Typ 2 Diabetes ist aber eine genetische Veranlagung. In weiteren Studien gibt es auch Hinweise darauf, dass möglicherweise die Geschwindigkeit des Wachstums in der Pubertät einen Einfluss auf die Entwicklung eines Typ 1 Diabetes haben könnte.
Im Zusammenhang mit den gefundenen Ergebnissen wird diskutiert, ob die Beinlänge oder andere Körpermaße in der Zukunft einmal zusätzlich zum Body-Mass-Index als ein zusätzlicher Risikofaktor für die Entstehung eines Typ 2 oder Gestationsdiabetes definiert werden könnten. Weiter Studien müssen aber erst klären, ob die selben Zusammenhänge auch bei Menschen in Europa oder Afrika und Amerika gelten, oder ob es sich nur um eine Besonderheit mit einem zufälligen Zusammentreffen von Erbanlagen innerhalb des kleinen Gebietes in Australien handelt. Zu diesem ungewöhnlichen und interessanten Thema werden sicherlich in Zukunft weitere Studien folgen, die der Thematik weiter auf den Grund gehen um festzustellen, ob der Zusammenhang wirklich einen wissenschaftlichen Wert hat.
Dr. med. Melanie Stapperfend, Prof. Dr. med. Werner Scherbaum; Deutsches Diabetes-Zentrum, Leibniz-Zentrum an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Diabetes-Klinik
Quelle: Moses RG, Mackay MT. Gestational Diabetes – Is there a relationchip between leg length and glucose tolerance? Diabetes Care 27:1033-1035, 2004 |