Nierenerkrankung bei Diabetes mellitus (Teil I)
Diabetische Nephropathie - Kurzinformation
Die Nieren sind für den Körper lebenswichtige Organe, die Schadstoffe aus dem Blut filtern und den Harn bilden. Werden die Nieren in Folge eines Diabetes mellitus geschädigt, so spricht man von einer diabetischen Nephropathie. Eine Schädigung der Nieren ist eine häufig vorkommende Komplikation im Rahmen des Diabetes mellitus. Sie ist für den Patienten zunächst nicht erkennbar, aber durch frühzeitig einsetzende Therapie mit einer guten Stoffwechselkontrolle und bei Bedarf auch blutdrucksenkenden Medikamenten gut zu behandeln. Die Prognose der diabetischen Nephropathie ist vom Ausmaß der Nierenschädigung abhängig. Beginnende Störungen (Mikroalbuminurie) können durch eine optimale Therapie meist beseitigt werden. Ohne jegliche Therapie leidet schließlich die Funktion der Nieren und der Diabetiker kann dialysepflichtig werden. Ein Drittel aller Patienten, die in Deutschland auf die Blutwäsche (Dialyse) angewiesen sind, sind Diabetiker. Informationen über diese Folgeerkrankung des Diabetes mellitus sind wichtig, um Organschädigungen frühzeitig erkennen und therapieren zu können. .
Was ist eine Diabetische Nephropathie? - Definition
Die diabetische Nephropathie ist eine Erkrankung der Nieren, welche sich nach mehreren Jahren in Folge eines Diabetes mellitus entwickelt kann. Man unterscheidet fünf verschiedene Stadien. Während der ersten beiden Stadien kommt es zu Veränderungen an den Nieren, welche der Patient nicht bemerkt. Lediglich die verstärkte Ausscheidung kleiner Bluteiweiße im Urin (Mikroalbuminurie) ist nachweisbar. Im dritten Stadium können erhöhte Blutdruckwerte auftreten und man spricht von einer beginnenden Nephropathie. Bis zu diesem Stadium ist es möglich eine dauerhafte Schädigung der Nieren durch gezielte therapeutische Maßnahmen, wie eine optimale Einstellung des Blutzuckers und des Blutdrucks zu verhindern. In späteren Stadien kommt es zum Verlust größerer Mengen an Bluteiweißen (Makroalbuminurie), die Nierenfunktion nimmt ab und bei ca. 60% der Patienten werden erhöhte Blutdruckwerte gemessen. Im Stadium 5 sind die Nieren nicht mehr in der Lage das Blut ausreichend von Schadstoffen zu filtern und der Patient wird dialysepflichtig. Man spricht von einer terminalen Niereninsuffizienz.
Wie sieht eine Niere aus und wie funktioniert sie? - Anatomie, Physiologie
Die bohnenförmigen Nieren liegen beiderseits der Lendenwirbelsäule, hinter der Bauchhöhle. Gesunde Nieren sind ca. 10-12 cm lang, 5-6 cm breit und 4 cm dick. Sie sind für die Filtration des Blutes und die Bildung des Harns zuständig und gehören wie auch die Harnleiter, Harnblase und Harnröhren zu den Harnorganen. Durch die Nieren fließen ca. 20 % des ständig vom Herzen geförderten Blutvolumens. Eintrittspforte des Blutes in die Nieren sind die 3-4 mm dicken Nierenarterien. Die kräftigen Blutgefäße transportieren sauerstoffreiches Blut vom Herzen zu den Nieren. Die stark durchbluteten Nieren wirken wie ein extrem feiner Filter. Eiweiße und Blutzellen werden an den Nierenkörperchen (Glomerula) zurückgehalten und Wasser mit gelösten Stoffwechselendprodukten oder Fremdstoffen (Medikamenten) gelangt als Filtrat in die Harnkanälchen (Tubuli). Von dort wird der größte Teil des Filtrats (Wasser, Glukose, Mineralstoffe) durch die Wand der Kanälchen zurück ins Blut transportiert (Reabsorption). Der in der Niere produzierte Harn fließt zunächst in das Nierenbecken und von dort aus in den Harnleiter. Dieser ca. 30 cm lange Muskelschlauch transportiert den Harn vom Nierenbecken in die Harnblase. Dort wird der Harn gesammelt und mehrmals am Tag über die Harnröhre ausgeschieden. Die Nieren sind außerdem an einigen Stoffwechselprozessen (z. B. Abbau und Bildung von Eiweißen) beteiligt und produzieren Hormone (z.B. das für die Blutbildung wichtige Erythropoetin).
Wie häufig kommt die diabetische Nephropathie vor? -Häufigkeit
Nierenerkrankungen als Folge eines Diabetes mellitus sind häufig. Typ 1 Diabetiker sind häufiger von Nierenschäden betroffen als Typ 2 Diabetiker. Da allerdings absolut gesehen mehr Menschen an Typ 2 Diabetes erkranken, ist die Zahl der Typ1 und Typ 2 Diabetiker mit Nierenschäden in etwa gleichgroß. Die diabetische Nephropathie stellt die häufigste Ursache für eine terminale Niereninsuffizienz dar. In diesem Krankheitsstadium ist die Niere so stark geschädigt, dass sie ihre Funktionen nicht mehr aufrecht erhalten kann. Die betroffenen Patienten müssen schließlich in ein Dialyseprogramm integriert oder einer Nierentransplantation zugeführt werden.
In Deutschland machen Diabetiker ein Drittel aller Patienten aus, die ständig auf die Dialyse angewiesen sind. Diese alarmierenden Zahlen steigen weiter an. Die Hälfte aller neu hinzukommenden Dialysepatienten sind Diabetiker. Die diabetische Nephropathie stellt die häufigste Todesursache bei Typ 1 Diabetikern dar.
Warum wird die Niere bei Diabetes mellitus geschädigt? - Entstehung, Stadien
Die diabetische Nephropathie spielt sich innerhalb der Nieren an den Nierenkörperchen (Glomerula) ab. Durch den hohen Zuckergehalt des Blutes verdicken sich die Wände der mikroskopisch kleinen Blutgefäße in den Nierenköperchen (Mikroangiopathie), die Filtrationsbarriere wird beeinträchtigt und Störungen der Durchlässigkeit der Membranen (Permeabilitätsstörungen) treten auf. Im Rahmen der diabetischen Nephropathie kommt es zunächst zu einer Vergrößerung und einer gesteigerten Funktion der Niere, welche sich für den Patienten jedoch nicht bemerkbar macht (Stadium 1). Im Verlauf weiterer Jahre entstehen die mikroskopisch feinen Verdickungen des Gewebes im Bereich der Nierenkörperchen. Auch diese kann der Patient subjektiv nicht feststellen (Stadium 2). Schließlich sind die Glomerula so stark verdickt, dass sie ihrer Filterfunktion nicht mehr nachkommen können, kleine Eiweißmoleküle (Albumin) können in gesteigertem Maße den Filter passieren und gehen dem Körper verloren. Erhöhte Blutdruckwerte sind in diesem Stadium häufig die ersten Anzeichen für eine Nierenbeteiligung (Stadium 3). Im weiteren Verlauf der diabetischen Nephropathie kommt es zu einem kontinuierlichen Eiweißverlust, Störungen des Wasser- und Salzhaushaltes des Körpers und Infektanfälligkeit (Stadium 4). Schließlich werden Stoffwechselendprodukte nicht mehr in ausreichender Menge ausgeschieden und der Diabetiker wird dialysepflichtig. Es kommt zum Versagen sämtlicher Funktionen der Niere (terminale Niereninsuffizienz, Stadium 5) Der oben geschilderte Verlauf kann durch frühzeitig einsetzende und konsequente Therapie verhindert, oder zumindest herausgezögert werden. Ohne jegliche Therapie droht nach wenigen Jahren der völlige Untergang der Nierenfunktion, das Nierenversagen (terminale Niereninsuffizienz). Die Schäden an den Nierenkörperchen unterscheiden sich bei verschiedenen Diabetesformen nicht voneinander.
Anja Neufang-Sahr, Prof. Dr. med. Werner Scherbaum; Deutsches Diabetes Forschungsinstitut Düsseldorf |