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    Augenerkrankungen bei Diabetes mellitus (Teil 2)
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    Augenerkrankungen bei Diabetes mellitus (Teil 2)

    Was sollte der Augenarzt untersuchen? - Untersuchungen

    (03.02.2003) Bei einer Untersuchung durch den Augenarzt wird zunächst die Dauer der Diabeteserkrankung und die Qualität der Blutzuckereinstellung erfragt, um das Risiko einer diabetischen Retinopathie einschätzen zu können. Auch andere Erkrankungen, deren medikamentöse Therapie sowie bekannte Unverträglichkeiten sind für den Augenarzt von Interesse. Anschließend werden die verschiedenen Bestandteile des Auges untersucht.

    Augenlid, Stellung der Lider und die Weite der Lidspalte werden bei jeder augenärztlichen Untersuchung zum Ausschluss von Entzündungen oder Tumoren der Lidhaut beurteilt. Um Augenlider, Bindehaut und Hornhaut komplett beurteilen zu können wird das obere Augenlid von der darunter liegenden Bindegewebsplatte abgehoben (Ektropionieren). Das Ektropionieren ist eine harmlose und schmerzfreie Untersuchung. Die Horn- und Bindehaut wird nun mit der Spaltlampe untersucht. Die Spaltlampe eröffnet, neben einem Vergrößerungseffekt, die Möglichkeit durch Spaltbeleuchtung einen "optischen Schnitt" durch die Hornhautschichten zu legen. Eine gesunde Hornhaut hat eine glatte, klare, spiegelnde Oberfläche. Trübungen oder Verkrümmungen der Hornhaut verändern das Bild des reflektierenden Lichtes. Mit entsprechenden Messgeräten können Hornhautwölbung und Hornkrümmung genau bestimmt werden. Gewebedefekte in der Hornhaut lassen sich mit einer fluoreszierenden Lösung einfärben. Augenlinse, Glaskörper und Pupille werden ebenfalls mit der Spaltlampe untersucht. Dazu werden Augentropfen eingesetzt, welche die Pupille vergrößern (medikamentöse Mydraisis). Form und Lichtreaktionen sind wichtige Kriterien zur Beurteilung der Pupillenfunktion. Pharmakologische Testungen der Pupille sind ebenfalls möglich.
    Zur Bestimmung des Drucks in der vorderen Augenkammer wird unter örtlicher Betäubung ein Messgerät (Aplanationstonometer) auf die Hornhaut aufgesetzt. Über die Härte des Augapfels kann nun der Augeninnendruck bestimmt werden. Normalerweise liegt der Druck zwischen 10 und 21 mm/Hg. Bei einer diabetisch bedingten Erhöhung des Augeninnendrucks (sekundäres Glaukom) können Druckwerte zwischen 40 und 70 mm/Hg auftreten.

    Um die vorderen Augenkammern einsehen zu können wird unter lokaler Betäubung ein Kontaktglas auf die Hornhaut aufgesetzt (Gonioskopie). Durch die im Glas eingebauten Spiegel können die Winkel der vorderen Augenkammern untersucht und ausgemessen werden. Das Gesichtsfeld, d. h. der Bereich eines Raumes, den man ohne die Bewegung der Augen wahrnehmen kann, wird mit Hilfe der Perimetrie bestimmt. Dazu wird eine definierte Testmarke (Stift o.ä.) von außen an das Gesichtsfeld herangeführt, bis sie für den Untersuchten zu sehen ist.

    Mit der Spiegelung des Augenhintergrundes (Ophthalmoskopie oder Funduskopie) werden Blutgefäße, der Austrittspunkt des Sehnerven aus der Netzhaut (Sehnervenpapille) und der Punkt des schärfsten Sehens (Makula lutea) untersucht. Eine exakte Beurteilung des "gelben Flecks" (Makula lutea) kann nur durch eine binokulare mikroskopische Untersuchung der Augen erlangt werden. Auch der Glaskörper kann mit Hilfe der Ophthalmoskopie beurteilt werden. Die Fundoskopie stellt die wichtigste Augenuntersuchung für den Diabetiker dar, da sie regelmäßig, unter geringem zeitlichen und technischen Aufwand durchgeführt werden kann. Zur Untersuchung der Farbsinne werden Bildtafeln (z. B. pseudoisochromatische Ishihara Tafeln) mit Zahlen und Figuren in unterschiedlichen Farben eingesetzt.
    Die Sehschärfe (Refraktion) wird mit standardisierten Zeichen und in einer normierten Entfernung untersucht (Zahlen oder Buchstaben), die der Untersuchte laut aufzählen muss.

    Eine weitere wichtige Untersuchung für den Diabetiker ist das Fluoreszenzangiogramm (FAG). Nach Injektion einer fluoreszierenden Lösung in die Vene wird mit einer Funduskamera, die über spezielle Filter verfügt, der Ein- und Abstrom des Kontrastmittels in den Gefäßen der Netzhaut fotografiert. Blutgefäßanomalien (Mikroaneurysmen, Kaliberschwankungen) und Quellungszustände des Gewebes sind mit dieser Methode besonders gut zu erkennen. Zur Kontrolle der Retinopathie ist die FAG nicht regelmäßig erforderlich, für die Diagnose der Makulopathie allerdings von großer Bedeutung.

    Gibt es Augenerkrankungen, die sich auf ähnliche Weise bemerkbar machen? - Differentialdiagnosen

    Veränderungen der Lidform oder der Lidspalte können angeboren sein oder krankhafte Ursachen haben. Eine Entzündung der Lider (Blepharitis) oder ein "Hagelkorn" (Chalazion) können durch bakterielle oder virale Infektionen oder eine noch unbekannte Diabeteserkrankung ausgelöst werden. Schwellung und Rötung der Augenlider treten außerdem bei allergischen Reaktionen auf. Gelegentlich sind auch Tumore der Lidhaut zu beobachten.

    An der Hornhaut können grundsätzlich angeborene Fehlbildungen (z.b. Keratokonus), Entzündungen viraler (Herpes corneae) oder bakterieller Art (Keratitis), Pilzinfektionen (Keratomykose) oder die Alterstrübung der Hornhaut (Arcus seniles ) beobachtet werden. Aufgrund der häufig geschwächten Abwehrlage treten bei Diabetikern gelegentlich Infektionen der Hornhaut auf. Bei Augenverletzungen ist die Hornhaut häufig mitbetroffen. Die bei Diabetikern gelegentlich vorkommende Trübung der Augenlinse (diabetischer Katarakt) geht mit zunehmendem Blendungsgefühl und allmählicher Abnahme der Sehschärfe einher. Die Iris kann durch Verletzungen, Entzündungen im Rahmen rheumatischer Erkrankungen oder Tumoren (Aderhautmelanom) in ihrer Funktion beeinträchtigt sein. Im Rahmen des Diabetes mellitus treten Blutgefäßneubildungen an der Iris (Rubeosis iridis) auf, die zu einer Überproduktion an Kammerwasser führen und damit ein sekundäres Glaukom hervorrufen können. Die Rubeosis iridis ist eine häufige Ursache für Erblindungen bei Diabetikern.

    Der Lichteinfall auf die Netzhaut wird über Vergrößerung und Verkleinerung der Pupille reguliert. Die Verkleinerung der Pupille (Miosis) wird durch parasympathische Nervenfasern aus dem Ganglion ciliare hervorgerufen. Die Vergrößerung der Pupille (Mydriasis) erfolgt durch sympathische Nervenfasern aus dem paravertebralen Grenzstrang. Zu Funktionsstörungen der Pupille kann es im Rahmen mechanischer oder neurologischer Schäden kommen. Nicht nur im Rahmen eines Diabetes mellitus treten Schädigungen der, für die Pupillenfunktion verantwortlichen sympathischen und parasympathischen, Nerven auf. Auch Schlaganfälle, Verletzung und Vernarbung, oder Erkrankungen des Gehirns (Tumoren, Entzündungen) können durch Schädigung der entsprechenden zentralen Nervenkerne zu Funktionsstörungen der Pupille führen.

    Die Netzhaut kann, als zentrales Organ für die Umwandlung von Lichtreizen in nervale Impulse, durch Blutgefäßveränderungen, (Arteriosklerose, Hypertonie, Arterielle und venöse Gefäßverschlüsse) etwa im Rahmen eines Diabetes mellitus, geschädigt werden. Weitere Ursachen für Erkrankungen der Netzhaut mit Verlust des Sehvermögens sind Entzündungen der Blutgefäße (Vaskulitiden), die Einnahme bestimmter Medikamente (Chloroquin,) oder Tumoren (Retinoblastom). Je nachdem welche Areale betroffen und wie stark die Schädigung ausgeprägt ist, unterscheiden sich die Beeinträchtigungen des Sehvermögens stark voneinander.
    Schädigungen des Sehnerven selbst (N. Opticus) treten im Rahmen entzündlicher Erkrankungen (Neuritis nervi optici, Encephalitis disseminata) von Vergiftungen, Durchblutungsstörungen oder Tumoren auf.

    Wie werden die diabetische Retino- und Makulopathie behandelt? -Therapie

    Für jeden Diabetiker ist ausgewogene Ernährung sinnvoll. Fettarme Kost und körperliche Betätigung verhelfen nicht nur zur Reduktion des Körpergewichtes, sondern beeinflussen zusätzlich wichtige Stoffwechselprozesse und senken erhöhte Blutdruck- und Blutfettwerte. Alkohol- und Nikotinkarenz sind besonders wichtig, da Nikotin mit der Entwicklung und Progression einer Retinopathie assoziiert ist. Ein erhöhter Blutdruck und erhöhte Cholesterinwerte im Blut sollten bei Diabetikern frühzeitig und konsequent behandelt werden.

    Die ärztliche Therapie der Retinopathie und Makulopathie besteht sowohl aus diabetologischen als auch aus augenärztlichen Methoden. Durch gut eingestellte Blutzuckerwerte können diabetesspezifische Folgeerkrankungen wesentlich verzögert oder weitgehend verhindert werden. Dabei werden möglichst normnahe HbA1c-Werte zwischen 6 und 7 % angestrebt. Liegt bereits eine geringgradige Retinopathie vor, kann die normnahe Blutzuckereinstellung das Risiko des Fortschreitens für Typ1 und Typ2 Diabetiker langfristig erheblich reduzieren. Bei Patienten mit Typ1 Diabetes ist Bluthochdruck mit der Entwicklung und dem Fortschreiten der diabetischen Retinopathie assoziiert. Wichtig ist daher die medikamentöse Senkung eines erhöhten Blutdruckes unter 140/80 mmHg. Diabetiker (sowohl Typ1 als auch Typ2) mit Fettstoffwechselstörungen haben ein besonders hohes Risiko eine Makulopathie mit Sehstörungen zu entwickeln. Das Risiko für eine proliferative diabetische Retinopathie ist bei dieser Gruppe von Diabetikern ebenfalls erhöht. Wie auch bei der diabetischen Nierenerkrankung werden ACE-Hemmer zur Blutdrucksenkung empfohlen, weil sie nachweislich die Verschlechterung einer bestehenden Retinopahtie aufhalten und die Entwicklung in eine proliferative Retinopathie verhindern. Auch durch den Einsatz von Betablockern konnten mikrovaskuläre Komplikationen verhindert werden.

    Ist der Blutzuckerspiegel gut eingestellt können vorhandene geschädigte Stellen an der Netzhaut mit Laser bestrahlt und dadurch vor weiteren Schäden bewahrt werden. Mit Hilfe der Laserkoagulation kann das Fortschreiten einer Visusminderung verhindert werden. Das eingebüßte Sehvermögen kann jedoch nur in seltenen Fällen wiedergewonnen werden.
    In schweren Fällen, z. B. bei fortschreitender Verschlechterung trotz Lasertherapie kann eine Vitrektomie durchgeführt werden. Bei dieser Operation werden Glaskörperblutungen und Gewebewucherungen entfernt und die Netzhaut wieder angelegt.
    Perspektiven für neue Therapieansätze bieten biochemische Stoffe, welche die Produktion von Wachstumsfaktoren und "Advanced Glycation end products" (AGE) hemmen sollen.

    Was passiert, wenn ich nichts unternehme? -Verlauf ohne Therapie, Komplikationen

    Abgesehen von krisenhaften Entgleisungen des Zuckerstoffwechsels (diabetisches Koma, Hyperosmolares Koma), die ohne Therapie selten überlebt werden, entwickeln sich im Laufe der Jahre Schäden an Augen, Nieren, Herz und autonomem Nervensystem. Ohne die konsequente Einstellung des Blutzuckerspiegels durch Diät und eventuell zusätzliche Tabletten (orale Antidiabetika) und/oder Insulin leben Diabetiker mit einer Vielzahl von Erkrankungsrisiken.
    Das Spektrum der Augenerkrankungen als Spätkomplikation des Diabetes mellitus ist vielfältig.

    Neben den Netzhautschäden (Retino- und Makulopathie), werden Hautentzündungen an Ober- und Unterlid, Beeinträchtigungen aller an der Funktion des Auges beteiligten Nerven, sowie Augendruckveränderungen und Linsentrübungen beobachtet. Alle diese Erkrankungen beeinträchtigen das Sehvermögen und die Lebensqualität des Diabetikers in hohem Maße. In besonders schweren Fällen kann es zur Erblindung des Betroffenen Diabetikers kommen. In Deutschland sind die meisten Erblindungen immer noch auf Diabeteserkankungen zurückzuführen.

    Wie kann ich Augenerkrankungen im Rahmen eines Diabetes mellitus vorbeugen?

    Wesentlich für den Erhalt der Sehkraft ist eine normnahe Einstellung der Blutzuckerwerte durch Diät, eventuell zusätzlich Tabletteneinnahme (orale Antidiabetika) oder ggf. Insulintherapie. Durch gut eingestellte Blutzuckerwerte können diabetesspezifische Folgeerkrankungen wesentlich verzögert oder weitgehend verhindert werden. Bei Typ1 Diabetikern sollten Hb-A1c-Werte von unter 7% angestrebt werden, für Typ 2 Diabetiker werden Werte unter 6,5% empfohlen.

    Durch die Therapie mit ACE-Hemmern oder Betablockern sollten erhöhte Blutdruckwerte frühzeitig gesenkt werden. Dabei werden Werte unter 140/80 mmHg angestrebt. Alkohol- und Nikotinkarenz sind besonders wichtig, da Nikotin die Retinopathie auslösen und verschlimmern kann. Körperliche Betätigung verhilft zur Reduktion des Körpergewichtes, und senkt zusätzlich erhöhte Blutdruck- und Blutfettwerte.

    Wie funktioniert die Laserkoagulation? - Therapieinformation

    1959 wurde zum ersten Mal über Laserbestrahlung (Laserkoagulation) der Netzhaut berichtet. Damals setzte Prof. Dr. Meyer-Schwickerath (Bonn) einen Xenonphotokoagulator ein, um Blutungsquellen, wie etwa Aussackungen von Blutgefäßen zu verschließen oder die Netzhaut mit der darunter liegenden Aderhaut (Choridea) zu verschweißen und damit eine schwerwiegende Komplikation, die Netzhautablösung (Amotio) zu verhindern.
    Seit 1970 kommt der Argonionenlaser zunehmend zum Einsatz. Zur Zeit kommen die Argongrünlaser und Infrarot-Laser zu Einsatz. Heute wird die Behandlung am sitzenden Patienten in lokaler Betäubung (Oberflächenanästhesie) über ein Hornhautkontaktglas oder am liegenden Patienten mit einem in einen Augenspiegel (Ophthalmoskop) eingebauten Laserstrahl durchgeführt. Mit dem Laser können sowohl großflächige als auch sehr kleine "Brennflecke" erzeugt werden. Die Intensität und Flächenausdehnung der Laserbestrahlung der Netzhaut richtet sich nach den jeweiligen Befunden. Droht eine Netzhautablösung, werden großflächigere Brennflecke gesetzt, um die Netzhaut mit ihrer Unterlage zu verschweißen und sie damit zu fixieren. Kleine, dünne Brennflecke (Durchmesser von 200 - 300 um eignen sich um krankhaft veränderte Blutgefäße in der Region der Makula zu verschließen und damit Flüssigkeitsansammlungen, Fettablagerungen und eventuelle Blutungsquellen innerhalb der Netzhaut/ an der Makula auszuschließen. Durch die Laserkoagulation der Netzhaut wird außerdem die Freisetzung von Wachstumsfaktoren auf die Blutgefäße verringert und die Sauerstoffversorgung der Netzhaut (Retina) verbessert.

    Die Lasertherapie ist zwar in der Lage die morphologischen Befunde der Makulopathie zu Verbessern, Rückgang der Ödeme und Lipidablagerungen, aber eine Visusverbesserung kann nur in Ausnahmefällen erzielt werden. Das Risiko eines weiteren Visusverlustes konnte verringert werden, so dass der Befund stabilisiert werden kann und die Verschlechterungen nicht weiter fortschreiten.
    Die Möglichkeit zu einer Lasertherapie muss nach dem jeweiligen Befund von Retina und Makula abgewägt werden, denn es gibt auch Situationen in denen die Laserkoagulation keine Besserung bringt. Diese Entscheidung unterliegt dem behandelnden Augenarzt.

    Wer hilft

    Wenn bei Ihnen bereits ein Diabetes mellitus festgestellt wurde, dann sprechen Sie Ihren Hausarzt auf Untersuchungen des Herzens, der Blutgefäße in den Beinen und der Nieren an. Je früher die Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus erkannt werden, desto größer ist die Chance auf Heilung.
    Wenn Sie als Diabetiker oder Diabetikerin unter schmerzenden, schweren Beinen, Sehstörungen oder erhöhten Blutdruckwerten leiden, sollten Sie unverzüglich Ihren Hausarzt aufsuchen.


    Anja Neufang-Sahr, Prof. Dr. med.Werner Scherbaum, Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf

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