Lipidsenkende Therapie und Plaquestabilisierung
(20.07.2001) Atherosklerose (A.d.R.: "Arterienverkalkung") ist keine Erkrankung des Gefäßlumens, sondern ein Problem der Gefäßwand. Nicht ein eingeschränktes Gefäßlumen an einer Stenose (A.d.R.. Verengung) sondern eine massive Thrombose (A.d.R.: Blutgerinnsel) als Folge der Ruptur atherosklerotischer, wandständiger Plaques ist die Ursache der meisten Koronarereignisse (A.d.R.: z.B. Herzinfarkt), erläuterte Professor Steven Nissen, Cleveland (USA).
Dies erklärt auch die Ergebnisse mehrerer Studien, in denen eine deutliche Reduktion akuter Koronarereignisse bei Patienten auftrat, deren Serum-Cholesterin medikamentös gesenkt wurde, obwohl keine Regression (A.d.R.:Rückgang) der bestehenden Stenosen beobachtet werden konnte.
Die klassische Methode zur Charakterisierung des Schweregrads von atherosklerotischen Läsionen - die Koronarangiographie (A.d.R.: Röntgenkontrastdarstellung der Herzkranzgefäße) - basiert auf der Messung der Stenose, d. h. es wird das Lumen an der Koronarläsion mit einem benachbarten, normalen Koronarabschnitt verglichen.
Autopsien haben jedoch gezeigt, dass Atherosklerose ein diffuser Prozess ist, der die Gefäße nicht nur punktuell befällt, sondern die gesamte Arterie betrifft.
Hinzu kommt, dass durch das Phänomen des "Remodeling" das Gefäßlumen über lange Zeit konstant bleibt. Durch die kompensatorische Ausdehnung der äußeren Gefäßwand in atherosklerotischen Gefäßbereichen erscheint dann in der Angiographie (A.d.R.: Röntgenkontrastdarstellung von Gefäßen) trotz massiver atherosklerotischer Ablagerungen das Gefäßlumen nahezu unverändert.
Obwohl diese Läsionen den Blutfluss über lange Zeit kaum beeinflussen, haben klinische Studien den Nachweis erbracht, dass gerade akute Koronarereignisse meistens nicht durch den vollständigen Verschluss einer hochgradigen Stenose sondern durch die Ruptur kleinerer bis dato klinisch und angiographisch unauffälliger Plaques verursacht werden, und nur ein geringerer Anteil der Infarkte sich an der Stelle ereigneten, an der angiographisch eine hochgradige Stenose festgestellt wurde.
Mit Hilfe des IVUS (Intravascular Ultrasound) können auch geringe Veränderungen in der Struktur der Gefäßwand, die angiographisch nicht darstellbar sind, aber für den klinischen Verlauf der Atherosklerose entscheidend sein können, präzise erfasst werden. Wenn angiographisch eine Stenose nachweisbar ist, ist auf der Basis der von Nissen gezeigten IVUS-Untersuchungen mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass auch das gesamte Gefäßsystem atherosklerotische Veränderungen aufweist.
Die Erweiterung der Stenose (A.d.R.: Verengung) reduziert allein die Symptomatik einer Angina pectoris, eine KHK-Prävention muss dagegen systemisch den gesamten Patienten umfassen. Therapie der Wahl ist dabei vorrangig eine drastische Senkung erhöhter Lipidwerte, insbesondere des LDL-Cholesterins und die Behandlung anderer Risikofaktoren, wie z. B. einer bestehenden Hypertonie (A.d.R.: Bluthochdruck).
Zwei Studien, in denen die Regression (A.d.R.: Rückgang) der Atherosklerose mit IVUS untersucht werden sind die REVERSAL-Studie, in der die CSE-Hemmer Atorvastatin und Pravastatin untersucht werden und die NORMALISE-Studie bei Patienten mit Hypertonie (A.d.R.: Bluthochdruck), in der Enalapril, Amlodipin und Placebo miteinander verglichen werden.
Nissen erwartet, dass REVERSAL und NORMALISE Belege für eine Stabilisierung oder Regression atherosklerotischer Plaques durch Senkung von LDL-Cholesterin und Blutdruck bringen werden.
Kongressbericht der infoline Pfizer
Redaktion: Dr. med. M. Stapperfend, Prof. Dr. med. W. A. Scherbaum
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