EASD-Tagung: Blutverdünnung zur Schlaganfall-Vorbeugung: Viel ist nicht immer mehr
(08.09.2004) Schlaganfälle sind die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Schlaganfälle sind auch die häufigste Ursache einer permanenten Behinderung mit rund-um-die-Uhr-Versorung durch Familie, Pflegedienst oder im Pflegeheim. Daher spielt die Vorbeugung des Schlaganfalls sowohl gesundheitspolitisch wie auf der menschlichen Ebene eine große Rolle. Patienten, die bereits eine flüchtige Durchblutungsstörung des Gehirns ein „Schlägle“ oder einen Schlaganfall erlitten haben, haben ein hohes Risiko, einen weiteren und diesmal schwereren Schlaganfall zu erleiden. Beruhte der Schlaganfall auf einer Durchblutungsstörung des Gehirns, beträgt das Risiko eines erneuten Schlaganfalls im kommenden Jahr nach dem Ereignis zwischen 5% und 20%. Zur Vorbeugung ist es besonders wichtig, alle Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Zuckerkrankheit oder erhöhtes Cholesterin zu behandeln.
Zusätzlich werden Medikamente verabreicht, die das Verplumpen der Blutplättchen und damit die Bildung von Blutgerinnseln hemmen. Am besten bekanntes Beispiel für diese Substanzgruppe ist Aspirin. Eine weitere Substanz, die das Verplumpen der Blutplättchen verhindert, ist Clopidogrel. Diese Substanz hat in einer großen Studie, die 1996 veröffentlicht wurde, gezeigt, dass sie insbesondere bei Patienten mit hohem Risiko, einen erneuten Schlaganfall oder einen Herzinfarkt zu erleiden, besser wirksam ist als Aspirin allein.
Herzspezialisten (Kardiologen) haben in der Folgezeit dann zeigen können, dass für Patienten mit einer Erkrankung der Herzkranzgefäße eine Kombinationsbehandlung aus Aspirin mit Clopidogrel besser wirksam ist als eine Behandlung mit Aspirin allein. Dieses Konzept wurde anschließend in der sog. MATCH-Studie untersucht, die von der Fa. Sanofi-Synthelabo in Frankreich initiiert wurde und deren Studienleiter Professor Diener von der Neurologischen Universitätsklinik in Essen war.
In diese Studie wurden 6600 Patienten aufgenommen, die eine flüchtige Durchblutungsstörung des Gehirns, eine sog. transiente ischämische Attacke, oder einen Schlaganfall erlitten hatten. Alle Patienten waren sog. Risikopatienten, d. h. sie hatten neben dem Schlaganfall weitere Risikofaktoren wie eine Zuckerkrankheit oder hatten bereits ein anderes Ereignis wie einen Herzinfarkt erlitten oder litten an Durchblutungsstörungen der Beine. Die eine Hälfte der Patienten wurde über 18 Monate mit Clopidogrel allein behandelt, die andere Hälfte mit einer Kombination aus Clopidogrel plus Aspirin.
Die Ergebnisse der Studie wurden in der berühmten Fachzeitschrift „Lancet“ veröffentlicht. Die Studie zeigte, dass die Kombinationsbehandlung die Häufigkeit erneuter Ereignisse wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Tod durch Schlaganfall oder Herzinfarkt verringert. Gleichzeitig führte aber die Kombinationsbehandlung leider zu einer Zunahme lebensbedrohlicher und schwerer Blutungen, so dass der Nutzen der Kombinationsbehandlung durch die Blutungskomplikationen aufgehoben wurde. Diese Studie, die in 28 Ländern durchgeführt wurde, zeigt damit, dass im Gegensatz der koronaren Herzerkrankung die Kombination von Clopidogrel und Aspirin nicht besser wirksam ist als Clopidogrel allein, wenn Schlaganfallpatienten mit hohem Risiko behandelt werden.
Prof. Hans-Christoph Diener, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinik Essen
Quellen: - Diener H, Bogousslavsky J, Brass L, Cimminiello C, Csiba L, Kaste M, Leys D, Matias-Guiu J, Rupprecht H-J, on behalf of the MATCH Investigators. Acetylsalicylic acid on a background of clopidogrel in high-risk patients randomised after recent ischaemic stroke or transient ischaemic attack: The MATCH trial results. Lancet 2004;364:331-334. - Vortrag auf der Jahrestagung der Europäischen Diabetes-Gesellschaft (EASD) vom 05. bis 09. September 2004 in München: "Update on clinical trials", H.C. Diener (D): Secondary stroke prevention with Clopidogrel and Aspirin: Results from the MATCH Study with particular focus on patients with diabetes mellitus |