Einstellung des Diabetes mellitus mittels Telematik

(03.09.2003) Der Diabetes gilt als Krankheit, die die Betroffenen vielfach selbst "managen" können. Zur Unterstützung dienen Schulungen , die von Kliniken und Schwerpunktpraxen angeboten werden. Trotzdem kommt es gelegentlich zu Stoffwechselentgleisungen. Der Zucker ist zu hoch und nicht in dem, von den Ärzten und deren Leitlinien, vorgegebenen Zielbereich. Beratende Gespräche und neue Dosisvorgaben der Ärzte können hier Abhilfe schaffen.

Foto: TELEDIABBesonders dann, wenn die Patienten Insulin spritzen, verlangt dieser Prozess etliche Besuche in einer Arztpraxis oder sogar einen Klinikaufenthalt. Und solche Arztbesuche kosten Zeit , nicht nur im Wartezimmer, sondern auch für die Fahrt zur nächsten größeren Stadt, wo ein Diabetesspezialist praktiziert oder eine Diabetesambulanz an eine Klinik angegliedert ist.

Für diese Beratungsgespräche notwendig, ja unumgänglich, ist die Kenntnis der Blutzuckerprofile der letzten Zeit, welche die Menschen mit Diabetes mit ihren kleinen handlichen Messgeräten messen und in ein "Tagebuch" schreiben, zusammen mit der jeweiligen Insulindosis. Alle modernen Geräte messen diese Werte nicht nur, sondern sie speichern auch über hundert davon zusammen mit Zeit und Datum.

Nun ist bereits die halbe "Telemedizin" getan. Gelingt es nämlich, diese Werte an den zuständigen Diabetesarzt "telematisch" zu übermitteln, so ist in vielen Fällen auf eine persönliche Anwesenheit des Patienten in der Praxis verzichtbar. Die modernen Kommunikationsmethoden, reichend von der normalen Telefonverbindung bis zu Internet und Email, machen eine solche Übermittlung des "elektronischen Tagebuches" möglich. Ein sich daran anschließendes Telefonat zwischen Arzt und Patient kann das Gespräch in der Praxis ersetzen. Wohlgemerkt, der Patient benötigt nicht unbedingt einen Computer dazu!

Mittlerweile sind diese Methoden so weit ausgereift, dass sie jedem mit eine wenig technischen Verstand ausgerüstetem Patienten mitgegeben werden können und auch finanziell im Rahmen bleiben. Arztpraxen sind heute meist ohnehin mit einem Computer ausgestattet und die Techniken der Systeme sind nun aus den Kinderschuhen herausgewachsen, sodass sich auch Arztpraxen damit ausrüsten können.

Diesem Zweck dient ein Workshop, den das Diabeteszentrum München-Schwabing für Ärzte aus Kliniken und Praxen veranstaltet, um sie mit der Technik und den Methoden vertraut zu machen. Zwei Systeme werden hier vorgestellt und die Teilnehmer am Workshop können eine Telekonsultation "üben". Ärzte aus Praxen und Kliniken werden Tutoren sein.

1.

Acculink-Modem
Vollautomatisches Übertragungs - und Wählmodem (Roche Diagnostics) zum direkten Upload von Daten der Selbstkontrolle (Blutzucker, Insulindosen und sonstige Ereignisse) aus dem Messgerät über das Modem an das Diabeteszentrum oder den nieder- gelassenen Diabetesspezialisten.
Benötigt wird ein Messgerät der Fa. Roche-Diagnostics, ein Interfacekabel und ein gewöhnlicher Telefonanschluss. Ein PC im Hause des Patienten ist nicht erforderlich.

2.

Gluconet eignet sich für Patienten, die zuhause über einen PC mit Internet/Email verfügen. Sie lesen ihre Daten aus den Blutzuckermessgerät in das Programm DIABASS (Fa. Mediaspects, Konstanz) ein mit welchem sie ausgewertet und graphisch dargestellt werden können.

Vor einer telemedizinischen Beratung verschicken sie diese verschlüsselt über Email-Technologie an Ihren Arzt. GLUCONET ist die entsprechende Zusatzsoftware zu DIABASS. Der Arzt kann die Daten per Knopfdruck an die Datenbank des Patienten "anhängen" und sie anschliessend in einem ähnlichen Format anzeigen, wie auf dem patienten-seitigen Bildschirm.

Die Techniken der zwei Systeme CAMIT pro/Acculink der Fa. Roche Diagnostics und DIABASS/glucoNET der Fa. Mediaspects/Konstanz wurden bereits in einem vom Bayerischen Sozialministerium über "Bayern Online" finanzierten Projekt TELEDIAB im Diabeteszentrum München-Schwabing, an über 40 Patienten erprobt und mit fortentwickelt.

Diabetesbedingte Spätfolgen werden mit der Telemedizin nicht weniger werden! Das Leben mit Diabetes wird aber unkomplizierter und eine "Neueinstellung" kann in den Alltag integriert werden. Volkwirtschaftliche Kosteneinsparungen können klar gezeigt werden.

Was aber besonders zählt ist die Zufriedenheit der Patienten mit solch neuen Formen der Betreuung. Voraussetzung ist natürlich, dass die medizinische Kompetenz am anderen Ende der Leitung stimmt. Nun ist es an der Zeit, dass auch Krankenkassen diese Betreuungsform anerkennen und der Gesetzgeben die "persönliche Leistungserbringung" unter bestimmten Umständen durch Telemedizin ersetzbar.

Dr. Eberhard Biermann, Krankenhaus München-Schwabing

Meldung der DDG zum Workshop "Telemedizin" auf der 38. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) 2003 in Bremen