Was ist bei Einnahme von Metformin im Zusammenhang mit Röntgenkontrastmitteln zu beachten?
(11.10.2000) Laut deutschem Beipackzettel des oralen Antidiabetikums Metformin, das zur Stoffgruppe der Biguanide gehört, sollte die Einnahme dieses Medikamentes mindestens 2 Tage vor bis frühestens 2 Tage nach einer Untersuchung mit iodhaltigen Röntgenkontrastmitteln (u.a. Angiographie, Computertomographie, Pyelographie, Koronarangiographie) ausgesetzt werden. Der Grund für das vorgeschriebene Absetzen von Metformin ist, daß dieser Wirkstoff ausschließlich über die Niere ausgeschieden wird, was bei normaler Nierenfunktion zu keinerlei Problemen führen sollte. Liegt aber die durch Röntgenkontrastmittel überproportional häufig ausgelöste Komplikation der Niereninsuffizienz vor, so kann Metformin nicht mehr ausgeschieden werden. Es sammelt sich im Körper an und kann zu einer schweren Stoffwechselentgleisung (Laktatazidose) führen.
In fast allen aufgetretenen Fällen der Laktatazidose in Zusammenhang mit Metformin und auch mit Röntgenkontrastmitteln bestanden aber meistens bereits eine Niereninsuffizienz oder erhöhte Laktatwerte im Blut und Metformin allein hätte eigentlich schon nicht verabreicht werden dürfen. Deshalb hat im Januar 1998 die United States Food and Drug Administration zugestimmt, die Herstellerempfehlungen dahingehend zu ändern, daß Metformin in den USA jetzt auch erst zum Zeitpunkt der Kontrastmitteluntersuchung abgesetzt werden darf. Weiterhin darf Metformirr erst 48 Stunden nach der Untersuchung wieder angesetzt werden. Für die Kontrastmitteluntersuchung und die Wiedereinnahme von Metformin sollte dabei eine normale Nierenfunktion, die durch einen normalen Kreatininwert im Blut angezeigt werden soll, Voraussetzung sein.
Eine große Gefahr besteht darin, daß gerade bei älteren Menschen der Kreatininwert im Blut keine sichere Aussage über die intakte Nierenfunktion zuläßt, und deshalb Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion übersehen und einer Kontrastmitteluntersuchung unterzogen werden könnten, was mit einem erhöhten Risiko für eine Laktatazidose einherginge. Der Arzt sollte schon aus haftungsrechtlicher Sicht nach den bestehenden Richtlinien zum Absetzen des Metformin handeln, denn bei eintretenden Komplikationen ist er der Verantwortliche. Notfalluntersuchungen ohne abgesetztes Metformin sind manchmal aber bei strenger Nutzen-Risiko-Abwägung nicht zu vermeiden; hierbei sollte Metformin spätestens nach der Untersuchung abgesetzt werden. Strenge Kontrollen und gegebenenfalls zusätzliche Behandlung sind in solchen Fällen notwendig.
Wir empfehlen deshalb, den die Untersuchung durchführenden Arzt möglichst frühzeitig vor einer Kontrastmitteluntersuchung von einer Metformintherapie zu unterrichten. In einigen Fällen wird es sogar möglich sein, auf ein nicht jodhaltiges Kontrastmittel auszuweichen. Keinesfalls sollte selbstständig die Einnahme von Metformin abgesetzt werden, da es ohne zusätzliche Blutzuckerkontollen und evtl. kurzfristige Behandlungsumstellungen zu Entgleisungen des Glukosestoffwechsels kommen kann.
Dr. med. Melanie Stapperfend, Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf
Quelle:Diabetes und Stoffwechsel Nr. 9 (2000), S. 235-23 |