Nierenerkrankung bei Diabetes mellitus (Teil 2)
Wie macht sich die diabetische Nephropathie bemerkbar? - Anzeichen, Symptome
Im Rahmen der diabetischen Nephropathie kommt es sowohl bei Typ1 als auch bei Typ 2 Diabetikern zunächst zu einer Vergrößerung der Niere und zu gesteigerter Funktion, welche sich für die Patienten jedoch nicht bemerkbar macht (Stadium 1). Im Verlauf weiterer Jahre entstehen die mikroskopisch feinen Verdickungen des Gewebes im Bereich der Nierenkörperchen. Auch diese kann der Patient subjektiv nicht feststellen (Stadium 2). Schließlich sind die Glomerula so stark verdickt, das sie ihre Filterfunktion nicht mehr ausüben können, kleine Eiweißmoleküle (Albumin) können den Filter passieren und gehen dem Körper verloren. Erhöhte Blutdruckwerten sind in diesem Stadium häufig die ersten Anzeichen für eine Nierenbeteiligung (Stadium 3). Im weiteren Verlauf der diabetischen Nephropathie kommt es zu kontinuierlichem Eiweißverlust, Störungen des Wasser- und Salzhaushaltes des Körpers und Infektanfälligkeit (Stadium 4). Treten zusätzlich erhöhte Blutfettwerte und Flüssigkeitsansammlungen (Ödeme) in den Beinen auf, so spricht man von einem nephrotischen Syndrom. Schließlich werden Stoffwechselendprodukte nicht mehr ausgeschieden. Es kommt zum Versagen sämtlicher Funktionen der Niere (terminale Niereninsuffizienz) und der Diabetiker wird dialysepflichtig (Stadium 5)
Bei älteren Menschen bestehen hohe Blutzuckerwerte oft über Jahre hinweg, ohne dass die Diagnose eines Diabetes mellitus gestellt wird. So kann die Diagnose eines Diabetes mellitus zum Beispiel im Rahmen eines schwer zu therapierenden Harnwegsinfektes, einer schlecht verheilende Wunde oder der Routineuntersuchung des Blutzuckerspiegels gestellt werden. In diesen Fällen sollten sich Untersuchungen der Nierenfunktion unbedingt anschließen, da die Nieren bereits durch die langfristig hohen Blutzuckerspiegel geschädigt sein können. Die bei deutlich erhöhten Blutzuckerspiegeln auftretende Glukoseausscheidung im Urin , mit starkem Durstgefühl und häufigem Harndrang ist nicht als Nierenschaden zu interpretieren. Vielmehr tritt die Glukosurie auf, wenn ein bestimmter Schwellenwert für die Rückresorption von Glukose im Blut (Nierenschwelle) überschritten wird.
Was sollte Ihr Arzt untersuchen? - Untersuchungen
Ausgangspunkt für alle nachfolgenden Untersuchungen ist zunächst die Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) durch den Hausarzt oder Internisten. Er fragt nach den aktuellen Beschwerden, vorausgegangenen Erkrankungen und Operationen, eingenommenen Medikamenten, Diabetikern in der Familie, Schwangerschaftskomplikationen usw. Daraufhin wird der Patient körperlich untersucht. Bei Verdacht auf Nierenbeteiligung sucht der Arzt besonders nach Hauterscheinungen (Juckreiz, Infektionen) und Flüssigkeitsansammlungen in den Beinen. Untersuchungen der Augen (Spiegelung des Augenhintergrundes, Messung des Augendrucks) und des Herzens (Abhören der Herztöne) schließen sich an. Weitere wichtige Untersuchungen, welche Ihr Hausarzt in regelmäßigen Abständen durchführen sollte, sind:
- Blutabnahme und Bestimmung von HbA1c, Blutfettwerten (Cholesterin, Triglyzeride), Eiweißen im Serum, Nierenfunktionswerten (Kreatinin), und Gerinnungsparametern
- Urinuntersuchungen auf Eiweißgehalt (Mikro- oder Makroalbuminurie)r , Glukose und Bakterien
- Kontrolle des Blutdrucks
- Ultraschalluntersuchung der Nieren
- Aufzeichnung eines Elektrokardiogramms (EKG)
Wenn eine Nierenschädigung aus nicht-diabetischer Ursache vermutet wird, so sollte eine Nierenbiopsie (Entnahme einer Gewebeprobe) und Einsendung des Materials zur feingeweblichen Untersuchung durchgeführt werden. Bei Vorliegen einer diabetischen Nephropathie sollten selbst geringfügig erhöhte Blutdruckwerte (ab 140/90) sollten dann medikamentös gesenkt werden. Anzustreben sind Blutdruckwerte von 120/75.
Gibt es Erkrankungen, die sich ähnlich bemerkbar machen? - Differentialdiagnosen
Ja, die gibt es! Eine erhöhte Ausscheidung von Zucker im Urin kann nach einer zuckerreichen Mahlzeit gelegentlich auch beim Gesunden vorkommen. Die Glukosurie ist in diesem Falle allerdings einmalig und tritt kurz nach der Mahlzeit auf. Auch geringe Mengen von Eiweißen können im Urin gesunder Menschen nachzuweisen sein, z. B. bei Herzinsuffizienz, in der Schwangerschaft oder nach Mahlzeiten mit großen Mengen an Eiweiß ( z.B. Fleisch). Übersteigt die Albuminausscheidung im Urin eine Menge von 30 mg/24h oder 20 mg/l muss von einem Nierenschaden ausgegangen werden. Dieser kann natürlich auch durch Entzündungen der Nieren hervorgerufen sein. Die häufig auftretenden Nierenbeckenentzündungen spielen dabei weniger eine Rolle, da die Nierenkörperchen von der Entzündung nicht betroffen sind.. Entzündungen der Nierenkörperchen (Glomerulonephritiden) können die Nieren stark schädigen. Diese kommen jedoch relativ selten vor. Ein unbehandelter Bluthochdruck kann über einen längeren Zeitraum die Niere schädigen und zu Funktionseinschränkungen führen. In ganz seltenen Fällen kann die Wiederaufnahme (Reabsorption) von Zucker aus dem Harn durch einen genetischen Fehler gestört sein. In diesen Fällen spricht man von angeborenen Tubulopathien, weil sich diese genetische Veränderung an den Harnkanälchen (Tubuli) bemerkbar macht.
Was Sie tun können ! - Therapie durch Patienten selber
Sie selber können mit der Reduzierung von Übergewicht durch sportliche Aktivitäten und eine gesunde Ernährung viel zum Erfolg der Therapie beitragen. Dies gilt besonders für Typ 2 Diabetiker. Das Ziel ist Blutzucker und Blutdruck so gut wie möglich einzustellen, denn hohe Blutzucker- und Blutdruckwerte sind die Ursachen für die Nierenschäden. Lassen sie Ihre Blutzucker- und Blutdruckwerte regelmäßig überprüfen und sprechen Sie Ihren Hausarzt auf eine Untersuchung der Nierenfunktion an.
Der Arzt hat die Aufgabe den Diabetiker über seinen Krankheit zu informieren, ihn im Umgang mit eventuellen Hilfsmitteln zu schulen und den Blutzucker des Patienten individuell einzustellen. Ein beginnender Nierenschaden lässt sich klinisch erst diagnostizieren, wenn die Eiweißausscheidung im Urin ansteigt. Für den behandelnden Hausarzt sind daher Urin- und Blutdruckwerte engmaschig zu kontrollieren um Veränderungen frühzeitig festzustellen und entsprechend reagieren zu können. außerdem sollte er regelmäßige Kontrollen des Blutdruckes durchführen, ab Werten von 140 /90 mit einer blutdrucksenkenden Therapie beginnen. Erhöhte Blutdruckwerte bei Diabetikern sollten immer frühzeitig therapiert werden, am besten eignen sich ACE-Hemmer. Es gibt übereinstimmende Hinweise in vielen Studien für den positiven Effekt von Hemmern des Angiotensin-Converting-Enzyms (ACE-Hemmer) und Angiotensin-II-Rezeptoren-Blocker auf Eiweißauscheidung (Albuminurie) und die Schädigung der Nierenkörperchen (Glomerula). Prinzipiell ist aber die Blutzuckeruntersuchung wichtiger als die Frage des dazu verwendeten Medikaments.
Was passiert wenn nicht therapiert wird? - gesundheitliche Gefahren, Vorbeugung
Die diabetische Nephropathie entwickelt sich schleichend über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Die ersten Veränderungen an den Nieren vollziehen sich ohne dass der Diabetiker etwas davon merkt. Sobald es zu vermehrten Harnwegsinfekten, erhöhten Blutdruckwerten oder Wasseransammlungen in den Beinen kommt sind die Nieren oft schon dauerhaft geschädigt. Schließlich können die Nieren ihre Funktion im Körper nicht mehr aufrechterhalten, und der Diabetiker wird dialysepflichtig. Bei der Blutwäsche (Dialyse) wird die Funktion der geschädigten Nieren durch Maschinen außerhalb des Körpers ersetzt. Obwohl die Verfahren zur Blutwäsche innerhalb der letzten Jahre technisch weiterentwickelt wurden, bergen sie eine Vielzahl an möglichen Komplikationen und einen erheblichen Verlust an Lebensqualität. Die Einstellung des Blutzuckers nach den individuellen Bedürfnissen des Patienten stellt nicht nur für die Niere, sondern auch für Herz, Augen und Nervensystem den besten Schutz vor Folgeerkrankungen dar. Treten erstmalig hohe Blutdruckwerte auf, darf diese Beobachtung nicht auf die leichte Schulter genommen werden, sondern muss eine konsequente medikamentöse Blutdrucksenkung zur Folge haben.
Wie wirken ACE-Hemmer? - Medikamenteninfo
ACE-Hemmer sind wichtige Medikamente, die bei einer Nierenschädigung zu der Therapie des Diabetes hinzukommen. In Form von Tabletten werden sie mit Erfolg in der Therapie des Bluthochdrucks und chronischer Herzkrankheiten eingesetzt. Da sie eine positive Wirkung auf die Zuckerstoffwechsellage im Körper haben und die Durchblutung der Nierenkörperchen verbessern, eignen sie sich besonders gut für Diabetiker. Die Abkürzung ACE steht für das Angiotensin-Coverting-Enzym. Dieses Enzym bewirkt - übrigens an der Niere selber- die Entstehung des Angiotensin, eines Hormones, welches über ein weiteres Hormon (Aldosteron) Wasser und Kochsalz aus dem Urin zurückgewinnt. Es wirkt also steigernd auf den Blutdruck, denn je mehr Wasser mit Kochsalz im Körper zirkuliert, desto höher ist der Blutdruck. Die ACE-Hemmer blockieren das Angiotensin-Converting-Enzym, und wirken damit der Zurückhaltung von Wasser- und Salz in den Nieren entgegen. Wasser wird vermehrt über den Urin aus dem Körper ausgeschieden und der Blutdruck sinkt. Es gibt übereinstimmende Hinweise in vielen Studien für den positiven Effekt von Hemmern des Angiotensin-Converting-Enzyms (ACE-Hemmer) und Angiotensin-II-Rezeptoren-Blocker auf die Eiweißausscheidung im Urin (Albuminurie) und die Schädigung der Nierenkörperchen (glomeruläre Schädigung). .
Wer hilft? - Informationsquellen, Hilfe
Wenn Sie sich schlapp und kraftlos fühlen, erhöhte Blutdruckwerte gemessen worden sind, sollten Sie unverzüglich Ihren Hausarzt aufsuchen. Wenn Diabetes in Ihrer Familie bekannt ist, sprechen sie Ihren Hausarzt bei ihrem nächsten Besuch auf eventuelle Früherkennungsmaßnahmen an. Wenn ein Diabetes mellitus bereits bei Ihnen festgestellt wurde, dann sprechen Sie Ihren Hausarzt auf eine Untersuchung der Nieren an.
Anja Neufang-Sahr, Prof. Dr. med. Werner Scherbaum; Deutsches Diabetes Forschungsinstitut Düsseldorf |