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    Antibiotikabehandlung von Bakterien im Urin ohne Beschwerden bei Diabetes sinnvoll?
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    Antibiotikabehandlung von Bakterien im Urin ohne Beschwerden bei Diabetes sinnvoll?

    (21.03.2003) Urin ist im Normalfall keimfrei. Das Auftreten von Bakterien im Urin ohne Beschwerden (asymptomatische Bakteriurie) ist bei Diabetikerinnen dreimal so häufig wie bei Frauen ohne Diabetes.

    Ebenfalls erhöht sind Harnwegsinfektionen mit Beschwerden, wie Blasen- und Nierenbeckenentzündungen (4-5 mal häufiger). Harnwegsinfektionen mit Beschwerden steigern die Wahrscheinlichkeit für Nierenbeckenentzündungen, Urosepsis (von den Harnwegen ausgehende Blutvergiftung) und andere schwere Komplikationen, die zu Krankenhausaufnahmen führen.

    Die meisten Diabetes-Experten tendieren deshalb bisher dazu, Bakterien im Urin auch ohne Beschwerden bei Diabetikerinnen mit Antibiotika zu behandeln. Ob dieses Vorgehen sinnvoll ist, haben kürzlich kanadische Wissenschaftler untersucht.

    Von 1900 untersuchten Diabetikerinnen wurden 105 nichtschwangere in die Studie aufgenommen, bei denen zweimal im Abstand von 2 Wochen Bakterien im Urin nachgewiesen wurden, ohne dass hierbei Beschwerden bestanden. Die Frauen wurden entweder 14 Tage mit einem Standardantibiotikum (Trimethoprim/Sulfamethoxazol 160/800 mg 2 x tgl., bzw. Ciprofloxacin 2 x 250 mg) oder mit einem Scheinmedikament (Placebo) behandelt (Randomisierung), ohne dass bekannt war, wer welcher Gruppe angehörte (Verblindung).

    Nach Aufhebung der Verblindung nach 6 Wochen wurden nur in der Gruppe mit antibiotischer Behandlung beschwerdefreie Rückfälle (erneuter Nachweis von Bakterien im Urin bei Beschwerdefreiheit) erneut standardisiert antibiotisch behandelt. In der Placebo-Gruppe wurden bei fehlenden Beschwerden keine Antibiotika gegeben. Harnwegsinfekte mit Beschwerden wurden in beiden Gruppen gleich standardisiert mit einem Antibiotikum behandelt.

    Insgesamt war die Blutzuckereinstellung der Frauen mit einem durchschnittlichen HbA1-Wert von 13,2% in der Placebo-Gruppe und 12,7% in der Antibiotika-Gruppe schlecht. Nur 15% der Frauen hatten einen Nüchternglukose-Wert von unter 114 mg/dl. Bei ca. der Hälfte der Frauen lag dieser Wert über 216 mg/dl. Nur 22% der Frauen in der Placebo-Gruppe und 31% der Antibiotika-Gruppe waren sexuell aktiv (bekannter Risikofaktor für Harnwegsinfektionen).

    Ergebnisse:

    Während einer Nachbeobachtungszeit von durchschnittlich 2 Jahren traten in beiden Gruppen gleich viele Harnwegsinfekte mit Beschwerden auf, obwohl der Kurzzeiterfolg der Behandlung mit Antibiotika in den ersten 6 Wochen erfolgreich war (bei 80% der Antibiotika-Gruppe verschwanden die Bakterien im Urin im Gegensatz zu 22% in der Placebo-Gruppe). Sowohl die Häufigkeit als auch die Zeitspanne bis zum Auftreten von Harnwegsinfekten mit Beschwerden (Blasen- und Nierenbeckenentzündung) unterschieden sich wie auch die Zahl der Krankenhausaufnahmen in beiden Gruppen nicht. Die Gesamtdosis der eingenommenen Antibiotika war in der Antibiotika-Gruppe 5-mal höher als in der Placebo-Gruppe; unerwünschte Nebenwirkungen traten in der Antibiotika-Gruppe 3mal häufiger auf.

    Frauen mit einer antibiotischen Langzeitprophylaxe (mehr als 6 Monate Behandlung mit Trimethoprim/Sulfamethoxazol 40/200mg 3 mal wöchentlich oder 100 mg 160/800 mg Trimethoprim 1x täglich) haben insgesamt von der Behandlung profitiert; es handelt sich jedoch nur um eine kleine Untergruppe der Frauen aus der Placebo-Gruppe (4 von 50 Frauen): Die Zahl der neuauftretenden Harnwegsinfektionen mit Beschwerden wurde bei diesen Frauen in der Placebo-Gruppe deutlich (von 8,44 pro 1000 Tage auf 0,44 pro 1000 Tage) reduziert.

    Sollen Bakterien im Urin ohne Beschwerden mit Antibiotika behandelt werden?

    Die Ergebnisse zeigen insgesamt, dass die zweiwöchige Behandlung von Bakterien im Urin ohne Beschwerden mit Standard-Antibiotika bei nicht schwangeren Diabetikerinnen in der Regel nicht sinnvoll ist. Deshalb ist auch ein Screening auf Bakterien im Urin bei diesen Frauen nicht sinnvoll. Eine antibiotische Behandlung eines beschwerdefreien Harnwegsinfektes sollte ebenso wie die antibiotische Langzeitbehandlung wegen der möglichen Nebenwirkungen nur im Einzelfall erfolgen.


    Dr. med. Michael Hauk, Dr. med. Melanie Stapperfend, Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf, 07.02.03

    Quelle: Godfry K.M: Harding M.D., George G.Zhanel, Ph.D., Lindsay E.Nicolle, M.D., and Mary Cheang, M.Math.(stat.), For The Manitoba Diabetes Urinary Tract Infection Study Group. Antimicrobial Treytment in Diabetic Women with Asymptomatic Bacteriuria. N Engl J Med 2002; Vol. 347: 1576-1583

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