Neuigkeiten in der Entwicklung des inhalativen Insulins
(13.06.2000) Während der 35. Jahrestagung der DDG berichtete Prof. Werner A. Scherbaum, vom Deutschen Diabetes Forschungsinstitut in Düsseldorf, über den derzeitigen Stand der Entwicklung des Inhalativen Insulins.
In welcher Form liegt das Insulin vor?
Die Lungenalveolen bieten eine riesige resorptive Fläche, die bei der Inhalation von Insulin genutzt werden kann. Damit die Insulinpartikel jedoch bis in die Alveolen gelangen und nicht vorher im Bronchialbaum abgefangen und über das oberflächliche Epithel wieder nach oral transportiert werden, müssen sie auf eine Größe von 0,003 mm gebracht werden. Dies ist der Firma "Inhale Therapeutic Systems" gelungen, indem sie das Insulin pulverisiert hat, so dass der Patient das Medikament als trockene, feinst verstaubte Pulverwolke einatmen kann. Dazu ist der feste Wirkstoff in ein gut inhalierbares Aerosol verwandelt worden, wobei ein Staubpartikel mit Insulin die Größe von ein bis zwei Mikrometer hat.
Wie hoch ist die Bioverfügbarkeit?
Etwa 20% des mit einem Inhalationsstoß verabreichten Insulins sind aktiv verfügbar. Daher ist bei dieser Therapieform ein größerer Einsatz von Insulin erforderlich.
Wie kann das Insulin dosiert werden?
Der Prozentsatz der Bioverfügbarkeit des inhalativen Insulins ist beim gleichen Menschen ziemlich konstant, so dass die Dosierung keine Probleme bereitet. Die Dosis kann durch die Verwendung von Aluminium-Durchdrückpackungen (Blister) festgelegt werden.
Welche Erfahrungen gibt es aus den bisherigen Studien?
Das inhalierte Insulin wirkt sehr schnell und kann daher zu den Mahlzeiten verabreicht werden. Der maximale Wirkspiegel wird schon nach 20 bis 30 Minuten erreicht. Die Dosis ist ebenso gut reproduzierbar wie bei der subkutanen Isulinapplikation. Allerdings wirkt das inhalative Insulin bei Rauchern stärker und schneller als bei Nichtrauchern.
Wer wird vom inhalativen Insulin profitieren?
Optimale Kandidaten für diese neuartige Pharmakotherapie sind zunächst einmal Typ 1-Diabetiker mit einer intensivierten Insulintherapie, wobei das schnellwirksame Insulin durch inhalatives Insulin ersetzt werden kann. Mindestens zur Nacht brauchen diese Menschen aber trotzdem noch eine Spritze mit einem langwirksamen Insulin, das noch nicht in der inhalierbaren Form zur Verfügung steht. Weitere Kandidaten sind u.a. die vielen Typ 2-Diabetiker, die eine schlechte Stoffwechseleinstellung aufweisen und vor dem Umstieg auf die notwendige Insulintherapie zurückschrecken. In den bisherigen Studien hat sich gezeigt, das alle diese Typ 2-Diabetiker das inhalative Insulin auch nach Beendigung der Studie beibehalten wollten. Unter den neuen Therapieformen berichten die Patienten über eine Verbesserung der Lebensqualität.
Wann wird das Inhalative Insulin verfügbar sein?
Ein genauer Zeitpunkt ist noch nicht zu nennen. Zunächst ist es noch erforderlich, im Rahmen von gezielten klinischen Untersuchungen mehr praktische Erfahrungen mit dem inhalativen Insulin zu gewinnen.
Prof. Dr. med. Werner Scherbaum, Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf
DDG - Tagung in München 31.05.-03.06.2000 |