Diabetes und Fettstoffwechselstörung
(22.07.2002) Vor kurzem wurde von Dr. Freeman aus Glasgow eine interessante Studie veröffentlicht, in der gezeigt wurde, dass eine Therapie mit Pravastatin zu einer signifikanten Senkung des Risikos führt, an einem Diabetes zu erkranken. Der Mechanismus dieses unerwarteten Effektes ist bisher unbekannt aber Gegenstand aktueller Forschung.
Patienten mit Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) haben ein ca. dreifach höheres Risiko, an einem Herzinfarkt zu versterben als Nichtdiabetiker. Die größte Studie, die den Effekt einer Therapie des Diabetes auf Sterblichkeit und Folgeerkrankungen untersucht hat, die United Kingdom Prospective Diabetes Study (UKPDS), hat gezeigt, dass eine blutzuckersenkende Therapie zwar zu einer signifikanten Reduktion des Risikos führt, eine Diabetesbedingte Störung an Nieren, Augen oder Nerven zu erleiden, nicht aber zu einer Senkung des Herzinfarktrisikos. Aus diesem Grund müssen bei Patienten mit Diabetes neben der Blutzuckereinstellung vor allem auch die anderen Risikofaktoren für einen Herzinfarkt erkannt und behandelt werden.
Neben der Blutdruckeinstellung und des Einstellen des Rauchens kommt den Fettstoffwechselstörungen diesbezüglich eine besondere Rolle zu. Die typischen Veränderungen des Lipidprofils bei Patienten mit Diabetes sind erhöhte Triglyzeridspiegel, erniedrigtes HDL-Cholesterin ("gutes Cholesterin") und ein in seiner Zusammensetzung verändertes LDL ("schlechtes Cholesterin"). Es konnte auch gezeigt werden, dass die Verweildauer von LDL im Plasma bei Diabetikern verlängert ist, was zu einer die Atherosklerose begünstigenden Veränderung des LDLs führt. Auf der anderen Seite ist der Abbau des bezüglich der Atherosklerose (,Gefäßverkalkung") günstigen HDLs bei Diabetikern beschleunigt. Die UKPD-Studie hat gezeigt, dass die beiden Faktoren, die mit der größten Sicherheit voraussagen können, ob ein Diabetiker einen Infarkt erleiden wird, die Höhe des LDL- und HDL-Cholesterins sind.
Subgruppenanalysen der ,,4S" und "CARE"-Studien haben ergeben, dass die Therapie von Diabetikern mit Statinen, d.h. Medikamenten zur Senkung des LDL-Cholesterins, zu einer signifikanten Senkung des Herzinfarktrisikos führen. Auf dem Jahrestreffen der American Heart Association in Anaheim im November 2001 wurden die Ergebnisse der "Heart Protection Study" vorgestellt, bei der über 20.000 Patienten für 5 Jahre entweder mit einem Multivitaminpräparat, Simvastatin oder Placebo behandelt wurden. Bei dieser Studie wurden auch ca. 4000 Diabetiker untersucht. Während die Gabe von Vitaminen keinerlei günstigen Effekt zeigte, führte die Gabe von Simvastatin bei den Diabetikern zu einer signifikanten 30%igen Senkung der Herzinfarktrate. Die bisher einzige Studie mit einem Lipidsenker, die ausschließlich Patienten mit einem Diabetes untersuchte, ist die "Diabetes Atherosclerosis Intervention Study" oder DAI-Studie. In DAI-Studie wurde der Einfluss des Medikamentes Fenofibrat untersucht, welches hauptsächlich zu einer Erniedrigung der Triglyzeride und einer Erhöhung des HDL-Cholesterins führt. Es konnte gezeigt werden, dass es im Vergleich zu Placebo unter einer Therapie mit Fenofibrat zu einer signifikant verringerten Zunahme der Atherosklerose in den Herzkranzgefäßen kam.
Patienten mit Diabetes, bei denen keine koronare Herzkrankheit bekannt ist, haben das gleiche Risiko, in den nächsten 10 Jahren einen Infarkt zu erleiden, wie Nichtdiabetiker, die bereits einen Infarkt hatten. Aus diesem Grund sollten Diabetiker auch genauso intensiv behandelt werden. Die American Diabetes Association fordert daher, dass bei allen Diabetikern das LDL-Cholesterin unter 100 mg/dl (2,6 mmol/l liegen sollte und spätestens ab einem Wert von über 130 mg/dl (3,4 mmol/I) ein Statin eingesetzt werden sollte.
Zusammenfassung:
Zusammenfassend kann man sagen, dass der Therapie von Fettstoffwechselstörungen bei Patienten mit Diabetes eine wachsende Bedeutung zukommt. Leider wird noch eine sehr große Zahl von Patienten mit Diabetes trotz Indikation nicht mit Lipidsenkern therapiert, obwohl der Nutzen dieser Therapie erwiesen wird. Fortgesetzte Bemühungen um Aufklärung und Fortbildung sind notwendig, damit die Prävention und Therapie von Patienten mit Diabetes weiter verbessert werden kann.
offizielle Pressemitteilung der 37. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) im Mai in Dresden |