Erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen schon bei hochnormalem HbA1c-Wert
(06.08.2001) Aktuelle Studien belegen, dass die Höhe des Blutzuckerspiegels eng mit dem Risiko für eine Erkrankung der Herzkranzgefäße (koronare Herzkrankheit - KHK) verbunden ist.
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Abbildung: Die chemische Struktur-Darstellung von Glucose |
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Die Blutzuckereinstellung sollte deshalb möglichst gut sein und auch Menschen mit einer gestörten Glukosetoleranz - eine Vorstufe des Diabetes mellitus - einschließen.
Menschen mit Diabetes mellitus haben bekanntermaßen ein erhöhtes Gefäßrisiko. Erhöhte HbA1c-Werte im Blut verursachen durch Veränderungen der kleinsten Blutgefäße Organveränderungen z.B. an Augen und Nerven (Retinopathie und Neuropathie). Diabetiker haben auch ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen der großen Blutgefäße, z.B. der Herzkranzgefäße (koronare Herzkrankheit - KHK) und der Hirngefäße, was zu Herzinfarkt und Schlaganfall führen kann. Bisher war nicht bekannt, ob das Risiko erst ab einem bestimmten HbA1c-Wert oder kontinuierlich ansteigt.
Die Höhe des HbA1c (glykosyliertes Hämoglobin) ist ein Indikator für den mittleren Blutzuckerspiegel über die vergangenen 2-3 Monate. Verschieden Analysen haben gezeigt, dass der Wert im oralen Glukose-Belastungstest nach 2 Stunden ausschlaggebend für das Risiko für Erkrankungen der großen Blutgefäße ist.
Die Autoren einer englischen Studie untersuchten die Beziehung zwischen HbA1c-Werten, Diabetes mellitus und dem Sterblichkeitsrisiko in einer männlichen Bevölkerungsgruppe im Raum Norfolk in Großbritannien.
Bei insgesamt 4662 Männern im Alter von 45 bis 79 Jahren wurden zwischen 1995 und 1997 u.a. die HbA1c-Werte untersucht und nachfolgend die Sterblichkeitsrate bestimmt. Männer mit einem bekannten Diabetes hatten eine erhöhte Gesamtsterblichkeit. Die Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall und war ebenfalls zum Teil mehr als vier mal so groß wie bei den Männern ohne Diabetes. Diese Risikoerhöhung war unabhängig von anderen Risikofaktoren wie Alter, Blutdruck, Cholesterinspiegel, Körpermassen-Index (BMI) und Zigarettenrauchen.
Die Untersuchten wurden in verschiedene Kategorien unterteilt. Eine Kategorie waren die Fälle mit bereits bekanntem Diabetes, vier weitere Kategorien bildeten die Fälle mit bisher unbekanntem Diabetes: HbA1c-Wert 7% oder größer; HbA1c-Wert 5,5-6,9%; HbA1c-Wert 5-5,4%; HbA1c-Wert unter 5%.
Überraschenderweise zeigte sich, dass die mit den höheren HbA1c-Werten verbundene Risikoerhöhung für die Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen ein Kontinuum darstellt. Die Risikoerhöhung ist sogar schon bei HbA1c-Werten weit unter denen, die beim Diabetes in der Regel erreicht werden, nachweisbar. Der HbA1c-Wert zeigte dabei für die Gesamtsterblichkeit eine stärkere Vorhersagekraft als die Werte des Gesamtcholesterins, des Übergewichts (BMI) und des Blutdrucks. Das Sterblichkeitsrisiko für die Männer mit einem bekannten Diabetes war überwiegend durch die Höhe des HbA1c-Wertes bedingt. Die Erhöhung des HbA1c-Wertes um 1% führte zu einer Erhöhung der Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauferkrankungen um 40%.
Diese Daten zeigen in überzeugender Weise, dass die Verbindung zwischen Blutzuckerspiegel und der Erkrankung der Herzkranzgefäße (koronare Herzkrankheit - KHK) ein Kontinuum darstellt, das auch die als Normalbereich bezeichneten Blutzuckerwerte mit einschließt. Je höher der HbA1c-Wert, desto größer wird das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Ergebnisse legen auch nahe, dass die Blutzuckereinstellung zur Vorbeugung vor der durch Herzerkrankungen bedingten Sterblichkeit möglich gut sein muss. Dies gilt auch für Menschen mit einer gestörten Glukosetoleranz, dem Vorstadium eines Diabetes.
Dr. med. Melanie Stapperfend, Prof. Dr. med. Werner Scherbaum, 02.07.01
Quelle: K.-T. Khaw et al. : Glycated haemoglobin, diabetes and mortality in men in Norfolk cohort of European Prospective Investigation of cancer and Nutrition (EPIC- Norfolk) Br. Med. J. 322 (2001) 1-6 |