Behandlung der Erektionsstörung mit Sildenafil (Viagra®)
(11.03.2002) Die erektile Dysfunktion tritt bei jedem zweiten Diabetiker im Alter von mehr als 59 Jahren auf und beeinträchtigt die Lebensqualität. Im Deutschen Diabetes-Forschungsinstitut wurden im vergangenen Jahr die Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, die die Wirksamkeit und Sicherheit der oralen Gabe (Tablettenform) von Sildenafil (Viagra®) bei Bedarf bei Männern mit Typ 2 Diabetes und erektiler Dysfunktion untersuchte.
In die 12-wöchige Studie (randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Multizenterstudie) wurden 219 Männer mit Diabetes Typ 2 und erektiler Dysfunktion im Durchschnittsalter von 59 Jahren einbezogen. 110 dieser Männer erhielten eine Behandlung mit Sildenafil in flexibler Dosierung (25-100 mg Sildenafil), während die 109 Männer der Kontrollgruppe ein Scheinmedikament (Placebo) erhielten. Die Männer wurden zufällig den beiden Studiengruppen zugeteilt und waren hinsichtlich der mittleren Diabetesdauer (9,8 Jahren in der Sildenafil-Gruppe, 9,4 Jahren in der Placebo-Gruppe) und der Dauer der erektilen Dysfunktion (4,6 und 3,7 Jahre) vergleichbar.
Die Wirksamkeit wurde nach 12 Wochen anhand der allgemeinen Frage "Hat die Behandlung Ihre Erektion verbessert?" bewertet. In einem Tagebuch hatten die Patienten dokumentiert, ob ein versuchter Geschlechtsverkehr erfolgreich war. In der mit Sildenafil behandelten Gruppe lag der Anteil der Patienten mit positiver Antwort auf die allgemeine Frage zur Wirksamkeit der Behandlung bei 65 %. Dies war ein bedeutend (p<0,001) höherer Prozentsatz als in der Placebo-Gruppe (11%). Der Anteil der erfolgreichen Versuche des Geschlechtsverkehrs (13,2% bei allen Patienten zu Beginn der Studie) stieg unter Sildenafil um das 4fache auf 58,8%, während der Anstieg unter Placebo auf 14,4% nur minimal war. Als Nebenwirkungen traten u.a. gering oder mittelgradig ausgeprägte Kopfschmerzen in 18,2% und Gesichtsrötung in 14,5% der mit Sildenafil behandelten Patienten auf. Dies waren bedeutend mehr Nebenwirkungen als in der Placebo-Gruppe, die durch die Medikamentenwirkung von Sildenafil erklärt werden können. Beeinflussungen von Sildenafil auf den Blutzuckerspiegel konnten in dieser wie in anderen Sildenafil-Studien nicht festgestellt werden.
Kommentar: Sildenafil (Viagra®) ist eine wirksame und gut verträgliche Substanz in der Behandlung der erektilen Dysfunktion bei Männern mit Typ 2 Diabetes. Die Erfolgsraten bei Typ 2 Diabetikern waren höher als sie bisher für Untersuchungen bei gemischten Gruppen von Typ 1 und Typ 2 Diabetikern berichtet wurden. In weiteren Untersuchungen wurden sogar Hinweise auf einen positiven Effekt von Sildenafil auf das die Gefäße auskleidende Gewebe (Endothel) gefunden. Dieses ist bei Atherosklerose (sog. Gefäßverkalkung"), der häufigsten Ursache für eine erektile Dysfunktion, verändert. Weiterführende Studien sollen nun zeigen, ob Sildenafil durch Wiederherstellung des Endothels zu einer allgemeinen Verbesserung der Durchblutung der Gefäßfunktion führen kann.
Dr. med. Melanie Stapperfend und Prof. Dr. med. Dan Ziegler 21.02.2002
Quelle. Diabetologia (2001) 44: 1296-1301 |