Körperliche Bewegung und Sport bei Diabetes
(31.03.2003) Bei dieser Thematik sind zwei unterschiedliche Aspekte zu betrachten. Zum einen ist körperliche Bewegung und Sport heutezutage bei vielen Menschen ein wichtiger Teil der Freizeit, dies betrifft insbesondere den jüngeren Teil der Bevölkerung. Bei Menschen mit Diabetes gibt es einige Besonderheiten zu beachten was moderate, körperliche Bewegung sowie Sport im engeren Sinne betrifft. Diese Besonderheiten werden im folgenden Abschnitt erläutert. Zum anderen kann regelmäßige, körperliche Bewegung eine wirkungsvolle Maßnahme zur Verbesserung der diabetischen Stoffwechsellage sein. Dieser Aspekt "Bewegung als Therapie beim Diabetes" wird in einem zweiten Abschnitt besprochen.
Worauf müssen nun Personen mit Diabetes achten, die sich körperlich bewegen (z.B. längerer Spaziergang) oder auch Sport treiben (z.B. Squash spielen oder joggen)? Vor, während und nach der Bewegung muß der Blutzucker besonders intensiv beobachtet werden, da es durch vermehrte Muskelbewegung zu einer Unterzuckerung kommen kann. Dies trifft allerdings nur bei insulinspritzenden oder mit Tabletten behandelten Diabetikern zu. Was kann man vorbeugend tun als Betroffene(r)? Die Dosierung von blutzuckersenkenden Tabletten oder von Insulin erfolgt normalerweise für den durchschnittlichen Alltag einer Person.
In dieser "Alltagsdosis" sind z.B. ein längerer Spaziergang, ein Hausputz, Gartenarbeit, eine Fahrradtour oder ein Dauerlauf nicht mit einkalkuliert. Für solche Situationen muß eine aktuelle Anpassung erfolgen. Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten der Anpassung: entweder wird die Insulin- bzw. Tablettendosis reduziert oder man ißt vor, während und nach dem Sport zusätzlich Zucker enthaltende Lebensmittel je nach Intensität der körperlichen Bewegung. Zu beachten ist, daß der Körper nicht nur während sondern auch nach anstrengenderen Sportarten empfindlicher auf Insulin reagiert.
Nach einem abendlichen einstündigen Dauerlauf oder einem zweistündigen Squashspiel ist das Risiko nächtlicher Unterzuckerungen bei unveränderter Insulin-oder Medikamentendosis recht hoch. Nach einer ganztätigen Fahrradtour kann sogar noch am nächsten Tag eine geringere Insulin-oder Medikamentendosis nötig sein. Hat man noch keine Erfahrung, wie man selbst auf körperliche Bewegung/Sport reagiert, sollte man in solchen Situationen die Insulin- oder Tablettendosis reduzieren und zusätzliche Blutzuckermessungen durchführen oder am besten rechtzeitig mit der(m) behandelnden Diabetologin(en) ein Vorgehen besprechen.
Hinsichtlich des Aspektes "Bewegung als Therapie beim Diabetes" läßt sich folgendes sagen: Sowohl beim "Altersdiabetes" als auch beim jugendlichen Diabetes ist eine mäßige körperliche Bewegung sinnvoll, weil hierdurch das Risiko für die Entstehung einer Herzkranzgefäßerkrankung und eines Bluthochdruckes gesenkt wird, wie man heute weiß. Auch die Einstellbarkeit eines vorhandenen Bluthochdruckes verbessert sich und der Blutfettspiegel kann günstig beeinflusst werden. So wird empfohlen, sich an mindestens 5 Tagen der Woche mindestens 30 Minuten täglich "moderat" körperlich zu bewegen (z.B. durch einen zügigen Spaziergang). Darüber hinaus sollte man jede Möglichkeit nutzen, um den Körper in Bewegung zu halten (z.B. lieber die Treppe als den Fahrstuhl benutzen).
Darüber hinaus gibt es beim Typ 2 Diabetes zur Verbesserung der Blutzuckeinstellung noch einen weiteren Ansatz außer Insulin-und Tablettentherapie: man weiß, daß durch langfristiges und regelmäßiges körperliches Training, welches sowohl an das Alter als auch die individuellen körperlichen Möglichkeiten angepaßt sein sollte, eine Verbesserung der Stoffwechseleinstellung auftritt. Derartige Bewegungsprogramme lassen sich in der Realität aber nur bei einem kleineren Teil der Personen mit Typ 2 Diabetes erfolgversprechend einsetzen: denn 2/3 der Patienten mit Typ 2 Diabetes sind über 65 Jahre alt, ihre Belastbarkeit ist aufgrund vielfältiger Erkrankungen insbesondere seitens des Herzkreislaufsystems sowie der Wirbelsäule und Gelenke stark eingeschränkt. Darüber hinaus scheitern Bewegungsprogramme häufig auch an der nicht langfristig vorhandenen Motivation der Betroffenen.
Dr. med. Jutta Meinhold; Prof. Dr. med. Werner Scherbaum, Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf
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