Diabetes und Reisen
(14.04.2003) Diabetes und Reisen ist im Grunde genommen kein Problem, wenn man einige Regeln einhält.
Die folgenden Empfehlungen für Reisende mit Diabetes beziehen sich auf Personen, die sich mit Insulin oder blutzuckersenkenden Tabletten behandeln. Vor einer Reise sollte man folgendes beachten: grundsätzlich ist ein ausreichender Vorrat aller Materialien für die Selbstkontrolle und die Insulin- bzw. Tablettenbehandlung mitzuführen. Vor Antritt der Reise sollte überprüft werden, ob die Ersatzteile funktionieren und die Haltbarkeitsdaten von Insulin oder Tabletten noch nicht abgelaufen sind. Es sollte vor Antritt einer Reise ins Ausland geklärt werden, welche Insuline dort im Handel sind und ob sie austauschbar sind für die selbst verwendeten. Insulin gehört immer ins Handgepäck und im Hotelzimmer immer an den kühlsten Ort. In heißen Ländern sollte das Insulin nicht gerade hinter der Windschutzscheibe des Autos in der Sonne 'braten', sondern im Schatten und so kühl wie möglich gelagert werden. Bei einer Behandlung mit Pen und Pumpe sollte man sicherheitshalber immer auch Spritzen mitführen, um sich bei einem Ausfall der Geräte das Insulin injizieren zu können. Bei Pumpenbehandlung sollte für eine eventuell nötige Behandlung mit Spritzen auch langwirkendes Insulin mitgenommen werden.
Bei einer Therapie mit blutzuckersenkenden Tabletten sollte man sich den Namen des Wirkstoffes an sicherer Stelle notieren, damit man bei Verlust der Tabletten unproblematisch Ersatz im Ausland besorgen kann. Ins Gepäck gehören auch Keton-Streifen zum Ausschluß einer Ketoazidose. Dies ist ein Zustand hochgradigen Insulinmangels, der für einen Menschen mit Diabetes lebensgefährlich sein kann. Auslösend können z.B. Magen-Darm-Infekte mit Durchfall oder fieberhafte Erkrankungen sein. Eine Ketoazidose kann an hohen Blutzuckerwerten sowie an einem positiven Keton-Streifen erkannt werden. Die Keton-Streifen werden in den Urin gehalten. Wenn der Körper im Rahmen einer Ketoazidose Ketone bildet, färbt sich der Streifen auf eine charakteristische Weise an.
Reisen mit Auto, Bahn oder Flugzeug innerhalb einer Zeitzone bieten keine besonderen Probleme für Personen mit Diabetes. Bei Flugreisen in andere Zeitzonen sollte man sich bei Behandlung mit intensivierter oder konventioneller Insulintherapie auf die Ortszeit des Landes einstellen hinsichtlich der nächsten Injektion von Langzeit- oder Mischinsulin. Bei Reisen nach Westen wird der Tag länger, in diesen Fällen sollte man mit zusätzlichen Mahlzeit(en) und kurzwirkendem Insulin die Zeit bis zum Schlafengehen oder Abendessen überbrücken. Patienten, die sich sonst mit Mischinsulin behandeln, sollten für diesen Zweck kurzwirkendes Insulin mit sich führen.
Bei Reisen nach Osten wird der Tag kürzer. Eingenommene Mahlzeiten sollten mit kurzwirkendem Insulin abgedeckt werden. Die Dosis des Mischinsulins zum Abendessens oder des Langzeitinsulins zum Schlafengehen sollte allerdings eventuell leicht reduziert werden, je nach Blutzuckerverlauf, da ja die Injektionszeiten durch die Zeitverschiebung enger zusammenliegen. Bei Behandlung mit Tabletten sollte vor der Reise mit dem behandelnden Diabetologen geklärt werden, wie die "gewonnene" oder "verlorene" Zeit überbrückt werden kann. Hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, die individuell ausgewählt werden sollten.
Für Menschen mit Diabetes ist fremdländisches Essen immer eine Herausforderung, geschmacklich aber natürlich vor allem "insulin-strategisch". Mit anderen Worten: Wieviel Kohlenhydrate verstecken sich in meiner Mahlzeit und wieviel Insulin ist wohl dafür zu spritzen? Dies läßt sich nur durch Wiederholung herausbekommen, d.h. individuelles Austesten ist gefragt. Wer zur Behandlung seines Diabetes nur Diät einhält, darf das individuelle Austesten allerdings nicht übertreiben.
Dr. med. Jutta Meinhold; Prof. Dr. med. Werner Scherbaum, Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf Düsseldorf
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