(13.09.2004) Insbesondere in den letzten Jahren wurde in der Diagnostik, Behandlung und dem Management der chronischen Krankheit Diabetes mellitus sehr viel dazu gelernt. Dabei sind jedoch die Ansichten, Wünsche und vor allem Nöte der Patienten wesentlich zu kurz gekommen. So wissen wir wenig über die Gründe, warum Betroffene sich oft anders verhalten als Ärzte und andere Gesundheitsanbieter dies wünschen, vereinbart oder eventuell sogar vorgeschrieben haben.
Wir wissen, dass dort wo ein spezialisiertes Diabetes-Team sich um die Belange jedes einzelnen Menschen mit Diabetes kümmern kann, die Versorgung und Betreuung deutlich besser ist. Trotz guter Diabetes-Betreuung wird der Betroffene dennoch mit psychosozialen Problemen konfrontiert, die mit der Realisation eng in Zusammenhang steht, dass diese Krankheit ein lebenslanges tagtägliches Problem mit ungewissem Ausgang darstellt.
Die DAWN (Diabetes Attitudes, Wishes and Needs) - Studie versucht die psychosozialen Ansichten, Wünsche und Nöte nicht nur der Betroffenen, sondern auch der Gesundheitsanbieter (Ärzte, Krankenschwestern, Diabetesberaterinnen) und der Gesundheitspolitiker in verschiedenen Gesundheitssystemen weltweit zu untersuchen, zu quantifizieren und daraus schließlich Handlungsanweisungen für alle Beteiligten zu entwickeln.
Initiator dieser Studie ist Novo Nordisk A/S in enger Kooperation mit der International Diabetes Föderation (IDF) und einem internationalen wissenschaftlichen Advisory Board. Die Studie ist keine epidemiologische Studie, aber die weltweit größte Untersuchung, die 5.426 Patienten mit Diabetes, 2.194 Hausärzte, 556 Diabetologen und 1.122 Krankenschwestern und Diabetesberaterinnen aus 13 Ländern (Australien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Indien, Japan, Norwegen, Polen, Spanien, Schweden, Niederlande, Großbritannien und USA) einschloss.
Studienziele waren folgende:
- Verständnis wecken und Steigerung der Akzeptanz/Wahrnehmung des Diabetes bei den Betroffenen
- Verständnis entwickeln für die Ansichten und Verantwortlichkeiten der Gesundheitsanbieter und –politiker
- Identifizierung möglicher Verbesserungen im psychosozialen Management
- Identifizierung der wichtigsten psychosozialen Barrieren und Lösungsansätze für ein verbessertes Selbst-Management der Krankheit in den unterschiedlichen Regionen der Welt
- Zur Verfügung stellen von Informationen an Diabetes-Teams und Politiker um Entscheidungen für nationale Diabetes-Programme zu erleichtern/optimieren
- Identifizierung von Gebieten in denen dringend eine Verbesserung des Diabetes Managements erreicht werden muss
Die Studie wurde mit einem strukturierten Fragebogen in Landessprache durchgeführt entweder telefonisch oder als persönliches Interview. Interviewer waren professionelle Organisationen, die sich auf Befragungen spezialisiert haben. Das Interview dauerte 30-50 Minuten und wurde Mitte 2001 durchgeführt. Die Fragen betrafen weniger klinische Daten der einzelnen Patienten als vielmehr die psychosozialen und kulturellen Aspekte der Betroffenen. Die Patienten wurden per zufälliger Stichprobe ausgewählt. Sie hatten sich als Typ 1 (50%) oder Typ 2 Diabetes (50%) selbst klassifiziert, wobei eine Gewichtung bezüglich der tatsächlichen Prävalenz und Inzidenz der beiden Diabetestypen nicht angestrebt war.
Als die 10 wichtigsten Faktoren für ein effektives Selbst-Management ließen sich folgende Faktoren finden:
Drei wesentliche Ergebnisse lassen sich aus dieser einmaligen Studie ziehen:
- Soziale Unterstützung und emotionales „Well being“ sind von entscheidender Bedeutung für ein optimales Selbst-Management der Krankheit
- Derzeitige Standards der Diabetestherapie schließen keine psychosozialen evidenz-basierten Vorgehensweisen ein
- Eine verbesserte Ergebnisqualität lässt sich nur dann erzielen, wenn die klassischen Betreuungsmethoden mit psychosozialer Unterstützung kombiniert werden
Diese Erkenntnisse haben in Deutschland inzwischen zu folgenden positiven Entwicklungen geführt:In der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung im Paragraph 1.8.5, Indikation für die Durchführung psychotherapeutischer Maßnahmen werden erstmalig psychosoziale Aspekte der Krankheit Diabetes erwähnt: “Auf Grund des komplexen Zusammenwirkens von pathophysiologischer, psychologischer und sozialer Faktoren bei Diabetes mellitus ist durch den Arzt zu prüfen, inwieweit Patienten von psychologisch-psychotherapeutischen und/oder verhaltensmedizinischen Maßnahmen profitieren können.“
- In einem der wenigen Länder weltweit wurde in Deutschland eine evidenzbasierte Leitlinie Psychosoziales und Diabetes von der Deutschen Diabetes-Gesellschaft und dem Deutschen Kollegium für Psychosomatische Medizin (Autoren: S. Herpertz, F. Petrak, C. Albus, A. Hirsch, J. Kruse, B. Kulzer) entwickelt und 2003 publiziert.
- Einrichtung und Durchführung der NovoAkademie zum Training und zum Umsetzen der Erkenntnisse aus der DAWN-Studie in die tägliche Praxis durch Diabetes-Teams
Weitere Informationen zur DAWN-Studie, speziell zu Deutschland, finden Sie hier
Vorstellung des DAWN-Projektes von Prof. Dr. Rüdiger Landgraf, Medizinische Klinik Klinikum Innenstadt, Ludwig Maximilians-Universität München, Mitglied im Fachbeirat von www.diabetes-deutschland.de
Quellen: - DAWN Pressekonferenz, Eighth International Congress of Behavioral Medicine, 25.-28. August 2004, Mainz, Deutschland - Pract Diab Int June 2004 Vol. 21 No.5
Außerdem Vorstellung der Ergebnisse auf der Jahrestagung der Europäischen Diabetes-Gesellschaft (EASD) von Prof. M. Peyroth, USA, in seinem Vortrag "Perspectives on psychosocial research: Results and implication of the DAWN project" auf dem Symposium Symposium der PASD (Psychosocial Study Group der EASD) auf der Jahrestagung der Europäischen Diabetes-Gesellschaft (EASD) vom 05. bis 09. September 2004 in München |