Hinweise zu wissenschaftlichen Präsentationen - Retrolektives Studiendesign
(14.06.2002) Neues von der 37. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in Dresden im Mai 2002
Im Rahmen des Symposiums "Therapie des Typ 2 Diabetes" auf der DDG-Tagung 2002 wurde von Herrn PD Dr. Stephan Martin eine retrolektive Studie zur Gewichtsentwicklung bei Sulfonylharnstofftherapie vorgestellt.
Dieses neue Studiendesign hat den Vorteil, dass nicht wie bei kontrollierten Studien speziell motivierte Patienten selektioniert werden, sondern der klinische Alltag abgebildet wird. Dabei werden Patienten nach genau definierten Ein- und Ausschlusskriterien in hausärztlichen und internistischen Praxen rekrutiert. Im Gegensatz zu prospektiven Studien hat die Behandlung bereits in der Vergangenheit stattgefunden, denn die Daten werden aus den Patientenakten entnommen. Überwacht wird dieses Verfahren wie bei prospektiven Studien durch Monitore, die in die Praxen kommen und die Datenqualität überprüfen.
In der Untersuchung an über 800 Patienten zeigte sich, dass es unter einer einjährigen Therapie mit dem Wirkstoff Glimepirid im Vergleich zum Wirkstoff Glibenclamid zu einer signifikanten Gewichtsreduktion kommt.
In einer zweiten Studie, die von der gleichen Arbeitsgruppe vorgestellt wurde, ist dieses Verfahren in Hinblick auf die Entwicklung von Folgeerkrankungen angewendet worden. Dabei wurde der Verlauf von Patienten vom Zeitpunkt der Diagnose vor 10-12 Jahren bis heute dokumentiert. Es zeigte sich, dass bis heute 87% der Patienten noch immer bei dem zuerst behandelnden Arzt in Kontrolle sind. Die Häufigkeit der innerhalb des Beobachtungszeitraums aufgetretenen Folgeerkrankungen (z.B. Herzinfarkt, Erblindung, Schlaganfall) entsprach denen einer großen englischen prospektiven Studie (UKPDS).
Zusammenfassend zeigen diese beiden Studien, dass es sich bei dem retrolektiven Studiendesign um eine neue Form von klinischen Studien handelt, mit der in Zukunft viele wichtige Fragen im Bereich der Medizin geklärt werden können. Dies ist insbesondere wichtig, da ein erhöhtes Körpergewicht als Risiko für den Diabetes und die Insulinresistenz gilt.
Autor: Priv.-Doz. Dr. med. Stefan Martin, Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf, Beitrag zur 37. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft
Redaktion: Dr. med. M. Stapperfend, Prof. Dr. med. W. A. Scherbaum
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