(26.09.2005) Wenn jemand aus zuvor völligem Wohlbefinden einen Herzstillstand erleidet und daran verstirbt, spricht man von einem plötzlichen Herztod. Leider ist dies kein seltenes Ereignis: In Deutschland ist etwa alle vier Minuten ein Mensch betroffen. Risikofaktoren für den plötzlichen Herztod sind zum Beispiel ein vorangegangener Herzinfarkt, der Narbengewebe hinterlassen hat, schwere Herzrhythmusstörungen oder auch eine fortgeschrittene Herzinsuffizienz.
Gut eingestellte Blutzuckerwerte sind zum Schutz des Herzens in allen Diabetesstadien wichtig
In manchen Fällen werden die Störungen am Herzen zu Lebzeiten des Patienten gar nicht erkannt, da es bis zu dem plötzlichen tödlichen Ereignis keine Beschwerden oder andere warnende Hinweise gab. Schätzungen gehen davon aus, dass bei rund 10 Prozent der Betroffen im Vorfeld keine Herzerkrankung festgestellt werden konnte.
Meist wird das Ereignis durch ein sogenanntes Kammerflimmern ausgelöst. Hierbei schafft es das Herz nicht mehr, Blut in den Körperkreislauf zu pumpen: Es kommt zu einem Sauerstoffmangel im Gehirn und in den anderen Organen. Hält das Kammerflimmern an, kann es innerhalb weniger Minuten zum Herzstillstand und zum Tod führen. Die Überlebensrate bei einem solchen Ereignis liegt bei etwa 5 bis 10 Prozent und hängt unter anderem davon ab, wie schnell Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet werden.
Aus verschiedenen Untersuchungen der Vergangenheit ist bekannt, dass Menschen mit einer Diabeteserkrankung häufiger vom plötzlichen Herztod betroffen sind als Personen ohne Diabetes. Vor kurzem wurden die Ergebnisse einer Studie aus Frankreich veröffentlicht, in der man das Risiko für ein solches Ereignis zwischen unterschiedlichen Diabetikergruppen und Nicht-Diabetikern verglichen hat. Hierfür wurden Daten von 2.040 Patienten ausgewertet, die zwischen 1980 und 1994 einen plötzlichen Herzstillstand außerhalb eines Krankenhauses erlitten hatten. Als Kontrollgruppe dienten 3.800 Menschen ohne entsprechendes Ereignis. Die Personen wurden eingeteilt in
- Menschen ohne Diabetes,
- Patienten mit einem Diabetes-Vorstadium,
- Patienten mit einem Diabetes, aber ohne mikrovaskuläre Erkrankung (= Erkrankung der kleinen Blutgefäße mit Folgen wie zum Beispiel Retinopathie oder Eiweißausscheidung im Urin),
- Patienten mit einem Diabetes und mit mikrovaskulärer Erkrankung.
Nachdem verschiedene andere Faktoren herausgerechnet wurden, die ebenfalls das Risiko für einen plötzlichen Herztod erhöhen, ergab sich folgendes Bild: Insgesamt waren Diabetiker im Vergleich zu Nicht-Diabetikern deutlich häufiger von dem tödlichen Ereignis betroffen. Allerdings gab es innerhalb der einzelnen Diabetikergruppen Unterschiede. Während Patienten mit einem Diabetes-Vorstadium „nur“ ein um 24 Prozent höheres Risiko aufwiesen, waren Diabetiker ohne mikrovaskuläre Erkrankung bereits um 73 Prozent häufiger betroffen. Bei Diabetikern mit einer bereits vorhandenen mikrovaskulären Störung lag das Risiko am höchsten: Hier war die Wahrscheinlichkeit für einen plötzlichen Herztod um mehr als das 2,6fache (266 Prozent) erhöht. Dabei zeigte sich, dass die Höhe der Blutzuckerwerte einen entscheidenden Einfluss hat: Höhere Blutglukosespiegel waren generell mit einem gesteigerten Risiko für den plötzlichen Herztod verknüpft – unabhängig davon, ob bereits eine mikrovaskuläre Erkrankung vorlag oder nicht. Umgekehrt lag bei Diabetikern mit einer mikrovaskulären Störung aber gut eingestellten Blutzuckerwerten das Risiko deutlich niedriger.
Die aktuellen Studienergebnisse aus Frankreich bestätigen, dass der Diabetes mellitus einen erheblichen Risikofaktor für den plötzlichen Herztod darstellt. Dies unterstreicht die Bedeutung gut eingestellter Blutzuckerwerte in allen (!) Stadien der Diabeteserkrankung.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Jouven X, Lemaitre RN, Rea TD et al. Diabetes, glucose level, and risk of sudden cardiac death. Eur Heart J 2005; Jun 24 [Epub ahead of print]
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