Kombination von Gastrin und epidermalem Wachstumsfaktor lässt diabetische Mäuse normoglykämisch werden
(23.11.2005) Der Typ 1 Diabetes ist durch die Zerstörung der Insulin-produzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse gekennzeichnet. Demzufolge wird die Bildung und Freisetzung des Hormons Insulin reduziert bzw. bleibt vollkommen aus. Das Resultat ist eine starke Erhöhung der Blutglukosekonzentrationen im Blut.
Viele Anstrengungen werden in Richtung Transplantation gesunder menschlicher pankreatischer Inseln (Verbunde von Betazellen mit anderen hormonbildenden Zellen) unternommen. Jedoch stellt hierbei der Mangel einer ausreichenden Anzahl an Pankreas-Spendern einen limitierenden Faktor dar. Viele Forschungsuntersuchungen der letzten Zeit zielen darauf ab, eine mögliche Alternative zu den Inseltransplantationen zu finden. Bisher wurden einige Faktoren identifiziert, welche das Wachstum der Beta-Zellmasse stimulieren können. Neben dem epidermalen Wachstumsfaktor (EGF) wurde auch für verschiedene Eiweiße des Magen-Darmtraktes nachgewiesen, dass diese die Betazell-Neubildung stimulieren. Hierzu zählen das Glukagon-ähnliche Peptid 1 (GLP1) und das Hormon Gastrin. Eine renommierte kanadische Forschungsgruppe berichtet nun in der amerikanischen Fachzeitschrift „Diabetes“ von einer Studie, in der die Forscher untersucht wurde, wie sich die kurzzeitige Therapie mit der Kombination von EGF und Gastrin auf die erhöhten Blutzuckerspiegel bei diabetischen Mäusen auswirkt.
Die Untersuchungen wurden an so genannten NOD-Mäusen durchgeführt. Bei diesem Mäusestamm entwickeln die Weibchen im Jugendalter (im Alter von 12-20 Wochen) einen Diabetes. Die Behandlung der Tiere mit der o. g. Kombinationstherapie begann 3 bis 6 Tage nach dem Ausbruch der Diabeteserkrankung und wurde über zwei Wochen durchgeführt. Diabetische NOD-Mäuse gleichen Alters, die mit Gastrin, EGF oder mit Plazebo alleine behandelt wurden, dienten als Vergleichsgruppen.
Die folgenden Ergebnisse wurden erzielt: Die Kombinationstherapie mit EGF und Gastrin führte dazu, dass sich bei den diabetischen NOD-Mäusen 1. die Blutglukosekonzentrationen normalisierten, während Mäuse aus den anderen drei Gruppen diabetisch blieben, 2. nach der Therapie die pankreatische Beta-Zellmasse um das Dreifache gegenüber der Beta-Zellmasse vor der Therapie erhöhte, 3. nach der Therapie der Insulingehalt um das Achtfache gegenüber dem Insulingehalt vor der Therapie erhöhte.
Die vorliegende Studie an diabetischen NOD Mäusen zeigt erstmals, dass ein Anstieg der Masse insulinproduzierender Zellen nach einem bereits manifestem Diabetes möglich ist und sogar ausreicht um Blutglukosekonzentration in den Normbereich zurückzuführen. Dieser Effekt wurde durch die Therapie mit einer Kombination aus EGF und Gastrin erzielt. Welcher molekulare Mechanismus zu dem gezeigten Anstieg führt, bleibt allerdings noch zu klären. Diskutiert wird unter anderem, dass die Kombinationstherapie eine Neubildung von Betazellen aus den Zellen der Pankreasgänge im exokrinen Gewebe hervorruft. Dieses konnte bereits sowohl in einem anderen Diabetes-Mausmodell, als auch bei humanen Pankreasinseln gezeigt werden. Weiterhin lassen die Ergebnisse der immunologischen Untersuchungen in dieser Studie vermuten, dass nach der Kombinationstherapie bestimmte regulatorische Zellen des Immunsystems gebildet werden, die den „Angriff“ auf die eigenen Insulin-produzierenden Betazellen verhindern.
Dr. Patricia Schott-Ohly, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Suarez-Pinzon WL et al. Combination therapy with epidermal growth factor and gastrin increases ß-cell mass and reverses hyperglycemia in diabetic NOD mice. Diabetes 54: 2596-2601, 2005
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