Einfluss der Eisenspeicher auf das Risiko für Typ 2
(12.05.2004) Bei der Hämochromatose, einer mit vermehrter Eisenspeicherung verbundenen Störung, kommt es häufig zu einem Diabetes mellitus. Dies ist durch eine vermehrte Eisenablagerung in den insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse erklärbar. Bisher ist unklar, ob hohe Eisenspiegel oder vermehrte Eisenspeicherung auch bei Gesunden das Risiko für Diabetes mellitus Typ 2 erhöhen. Eine Überfüllung der Eisenspeicher wird durch eine hohe Ferritinkonzentration im Plasma und ein niedriges Verhältnis von Transferrinrezeptoren zu Ferritinkonzentration angezeigt.
Studienaufbau
Forscher der Harvard School haben kürzlich in einer Studie mit 32.826 Teilnehmerinnen aus der großen Nurses´ Health Study aus Blutproben der Jahre 1998-1990 den Zusammenhang zwischen der Eisenspeicherung und dem Diabetesrisiko analysiert. Die teilnehmenden Krankenschwestern hatten keinen Diabetes, keine Herz-Kreislauf-Erkrankungen und keinen Krebs. Innerhalb der 10-jährigen Beobachtungszeit trat bei 698 Frauen ein Typ 2 Diabetes auf. Eine der Studiengruppe ähnliche Kontrollgruppe mit 716 Frauen wurde aus allen Teilnehmerinnen ohne Diabetes zusammengestellt (vergleichbar in Alter, Rasse, Nüchternzustand bei der Blutprobe und zum Teil Body-Mass-Index).
Ergebnisse:
Die Frauen mit Diabetes hatten im Mittel statistisch bedeutend höhere Konzentrationen von Ferritin im Blut (109 vs. 71,5 ng/ml) und ein statistisch bedeutend niedrigeres Verhältnis von Transferrinrezeptoren zu Ferritin (102 vs. 141, p=0,01) als die Kontrollgruppe. Die Ferritinwerte wurden in sogenannte Quintilen eingeteilt, indem die Ferritinwerte von niedrig (Ferritin kleiner als 1,1 ng/ml) bis hoch (Ferritin größer oder gleich 107,2 ng/ml) in fünf Gruppen aufgeteilt wurden. Es zeigte sich für die Frauen mit den höchsten Ferritinwerten (oberste Ferritinquintile) ein fast 3 mal so hohes Risiko für die Entwicklung eines Typ 2 Diabetes wie für die Frauen mit den niedrigsten Ferritinspiegeln. Auch für die anderen Quintilengruppen zeigte sich ein Zusammenhang mit der Höhe der Ferritinwerte.
Das ebenfalls in Quintilen aufgeteilte Verhältnis von Transferrinrezeptor zu Ferritin war auch statistisch bedeutend mit dem Risiko für die Entstehung eines Typ 2 Diabetes verbunden (2,44; 1,0; 1,13; 0,99; 1,0): Frauen mit dem niedrigsten Verhältnis (<26,7) als Zeichen einer hohen Eisenspeicherung hatten demnach ein fast 2,5 mal höheres Risiko für das Entstehen eines Typ 2 Diabetes als Frauen mit dem größten Verhältnis (>149,4).
Die bei den Ergebnissen als mögliche Einflussfaktoren statistisch berücksichtigten Faktoren zur Erstellung einer ähnlichen Kontrollgruppe, Werte des Body-Mass-Index, Zeitpunkt der Menopause sowie weitere Risikofaktoren für die Entstehung eines Typ 2 Diabetes einschließlich familiäre Häufung, körperliche Aktivität, Rauchen und Alkohol beeinflussten die Ergebnisse nicht merklich wie in einer weiteren Berechnung auch das C-reaktive Protein, ein Inflammationsmarker.
Nach einigen kleineren Studien auch mit Männern zeigt diese große Studie einen deutlichen positiven Zusammenhang zwischen der vermehrten Eisenspeicherung und dem Diabetesrisiko bei Gesunden, unabhängig von weiteren Risikofaktoren für Diabetes. Ob die Eisenspeicherung allerdings auch die Ursache die das Diabetes-Risiko ist, kann auch diese Studie nicht abschließend klären. Die Ablagerung des Eisens in den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse kann zu Insulinresistenz und verminderter Insulinsekretion führen und das Risiko für Typ 2 Diabetes steigern.
Diskutiert wird in anderen Studien als Ursache für das Diabetes-Risiko auch die Höhe des Fleischkonsums, die mit der Höhe der Eisenaufnahme verbunden ist und unabhängig von der Eisenaufnahme das Diabetes-Risiko beeinflussen könnte. Weitere Studien bleiben nun abzuwarten, die die Ursachen für die Erhöhung des Diabetes-Risikos durch Eisen erforschen und grundsätzlich klären müssen. Sollte sich Ferritin als unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung eines Typ 2 Diabetes bestätigen, wäre die Bestimmung des Ferritinspiegels zur Ermittlung des Diabetes-Risikos denkbar und könnte zur Einleitung von Präventionsmaßnahmen wie Lebensstiländerungen oder zu einer frühzeitigen medikamentösen Therapie führen.
Dr. med. Melanie Stapperfend, Prof. Dr. med. Werner Scherbaum, Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf
Quelle: Body Iron Stores in Relation to Risk of Type 2 Diabetes in Apparently Healthy Women Rui Jiang, MD, DrPH; JoAnn E. Manson, MD, DrPH; James B. Meigs, MD, MPH; Jing Ma, MD, PhD; Nader Rifai, PhD; Frank B. Hu, MD, PhD JAMA. 2004;291:711-717. |