Hochnormaler Blutzuckerwert zeigt Diabetes-Risiko an
(09.12.2005) Männer und Frauen mit hochnormalen Blutzuckerwerten haben ein erhöhtes Risiko für eine Typ 2 Diabeteserkrankung – vor allem bei gleichzeitigem Übergewicht, erhöhten Triglyzeriden im Blut und/oder einem Lebensstil mit wenig Bewegung. Dies bestätigt eine aktuelle Studie aus Israel mit mehr als 13.000 jungen Männern.
Auch bei Blutzuckerwerten im oberen Normbereich kann das Diabetesrisiko schon erhöht sein
In den vergangenen 20 Jahren sind die Blutzuckergrenzwerte für eine Diabeteserkrankung immer weiter herabgesetzt worden, da man erkannt hat, dass typische Diabetes-Folgeschäden bereits bei niedrigeren Glukosespiegeln auftreten können. Derzeit spricht man von einer Diabeteserkrankung, wenn der im Nüchternzustand gemessene Blutzuckerwert bei 126 mg/dl (7,0 mmol/l) oder höher liegt. Bei Nüchtern-Blutzuckerwerten (Nü-BZ) zwischen 110 mg/dl (6,1 mmol/l) und 126 mg/dl werden weitere Untersuchungen durchgeführt (oraler Glukosetoleranztest), um das Vorliegen eines Diabetes abzuklären. Werte zwischen 90 mg/dl (5,0 mmol/l) und 110 mg/dl sollten jährlich kontrolliert werden.
In den Jahren 1992 bis 2004 haben Wissenschaftler vom Israeli Defense Forces Medical Corps 13.163 augenscheinlich gesunde Männer untersucht und beobachtet. Die 26 bis 45 Jahre alten Teilnehmer waren Mitglieder der israelischen Streitkräfte. Bei allen Männern lag der Nüchtern-Blutzuckerwert zu Untersuchungsbeginn unterhalb von 100 mg/dl (5,6 mmol/l). Die Teilnehmer füllten detaillierte Fragebögen zu ihrem Lebensstil und ihrer Ernährung aus und unterzogen sich mehreren Untersuchungen, bei denen unter anderem auch verschiedene Blutwerte kontrolliert wurden.
Innerhalb des Beobachtungszeitraumes entwickelten 208 Männer eine Typ 2 Diabeteserkrankung. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass das Risiko für einen Typ 2 Diabetes umso größer war, je höher die noch als „normal“ geltenden Nüchtern-Blutzuckerwerte in der Vergangenheit lagen: Teilnehmer mit Werten im höchsten Fünftel (Nü-BZ zwischen 87 und 99 mg/dl) waren dreimal gefährdeter für einen Typ 2 Diabetes als Männer mit Glukosewerten im untersten Fünftel (Nü-BZ < 81 mg/dl). Das Risiko nahm insbesondere dann deutlich zu, wenn außerdem noch Übergewicht (BMI > 30 kg/m2) oder erhöhte Triglyzeridspiegel (> 150 mg/dl bzw. 1,69 mmol/l) vorlagen: In diesem Fall erhöhte sich das Diabetes-Risiko jeweils um den Faktor acht.
Obwohl der Nüchtern-Blutzuckerwert im „Normalbereich“ liegt, kann unter Umständen trotzdem ein erhöhtes Risiko für eine Typ 2 Diabeteserkrankung vorliegen. Gefährdet sind vor allem Personen mit „hochnormalen“ Blutzuckerwerten (oberhalb von 87 mg/dl bzw. 4,8 mmol/l) und weiteren Risiken wie zum Beispiel Übergewicht und/oder Triglyzeridspiegeln von mehr als 150 mg/dl (1,69 mmol/l).
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Tirosh A, Shai I, Tekes-Manova D et al. Normal fasting plasma glucose levels and type 2 diabetes in young men. N Engl J Med 353 (2005) 1454-1462 |