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    Der Hochrisikopatient Diabetiker: Unter- oder überversorgt?
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    Der Hochrisikopatient Diabetiker: Unter- oder überversorgt?

    Wenn man in der Presse Nachrichten über unser Gesundheitswesen liest, dreht sich alles immer um Sparmaßnahmen und Budgets. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass im Prinzip die Bevölkerung medizinisch überversorgt, der Gesundheitszustand der Deutschen hervorragend ist und die Krankenkassen, unterstützt von der Politik versuchen, durch strikte Budgets Ärzte und Krankenhäuser an der unsinnigen Überversorgung aus lauteren und hehren Motiven zu hindern. Wer dies glaubt, der irrt. Die Deutschen sind medizinisch nicht überversorgt. Lassen Sie mich dies am Beispiel der kardiologischen Komplikationen des Diabetes mellitus erläutern.
     
    Prof. Dr. med. Wolfgang Motz
    Prof. Dr. med. Wolfgang Motz, Ärztlicher Direktor Klinikum Karlsburg, Herz- und Diabeteszentrum Mecklenburg-Vorpommern
    Hier eine Übersicht über diesen Beitrag:




     

    Einige Fakten:

    • Jährlich erblinden in Deutschland 6.000 Typ 2 Diabetiker,
    • 8.000 werden dialysepflichtig,
    • bei 28 000 werden Gliedmaßen amputiert
    • 27 000 bekommen einen Herzinfarkt

    Diese Zahlen sind in der Tat alarmierend und haben Aufforderungscharakter, zumal die Diabetes-Erkrankung ständig im zunehmen begriffen ist.

     

    Diabetes und kardiales Risiko

    Eine finnische Studie zeigte, dass Patienten mit Typ 2 Diabetes mellitus, die noch keine kardialen Komplikationen hatten, dieselbe schlechte Prognose wie metabolisch gesunde Koronarkranke nach dem 1. Herzinfarkt haben. Werden Diabetiker wegen einer Angina-pectoris-Symptomatik auffällig, haben diese gegenüber metabolisch Gesunden, die wegen einer Angina-pectoris-Symptomatik auffällig werden, ein signifikant erhöhtes Risiko, in den nächsten Jahren an einer Herzmuskelschwäche zu erkranken oder einen Herzinfarkt, oder einen Schlaganfall zu erleiden. Dies zeigte die weltweit durchgeführte OASIS-Studie.

     

    Herzinfarkt

    Diabetiker, die einen Myokardinfarkt erleiden, haben eine signifikant schlechtere Prognose als Nicht-Diabetiker. In der GISSI-Studie lag die Sterblichkeit bei Diabetikern mit ca. 14 - 15 % doppelt so hoch wie bei den Nicht-Diabetikern. In der MONICA-Studie war die 5-Jahres-Überlebenszeit nach Myokardinfarkt um ca. 20 % gegenüber nicht-diabetischen Koronarkranken erniedrigt.

     

    Ballondilatation und Stent

    Die Ballondilatation mit nachfolgender Stentimplantation ist heute neben der Bypass-Operation die Standardtherapie der koronaren Herzkrankheit. Auch hier haben Diabetiker deutlich schlechtere Langzeitergebnisse als Nicht-Diabetiker. Interessanterweise schneidet die Bypass-Operation im direkten Vergleich mit der Stenttherapie bei Diabetikern besser ab.

     

    Welche Strategien zur Verhütung kardialer Komplikationen beim Diabetiker gibt es bereits?

    1. Blutdrucksenkung:
      Viele Studien (UKPDS, HOT) zeigten, dass Diabetiker von einer aggressiven Senkung des Blutdruckes besonders profitieren. Dieser sollte < 130/80 mmHg liegen. Diabetiker profitieren von der Blutdrucksenkung genauso wie von der Einstellung des Blutzuckers!

    2. Medikamentöser Gefäßschutz:
      Insbesondere Medikamente, die die Bildung des Hormones Angiotensin II behindern bzw. ihre Wirkung am Rezeptor blockieren, das sind ACE-Hemmstoffe und AT-Rezeptorblocker, verhindern bei Diabetikern das Auftreten von Herzinfarkten und Schlaganfällen. In der Hochdrucktherapie bei Diabetikern zeigte sich der AT-Rezeptorblocker Losartan der herkömmlichen Standardtherapie mit einem Betarezeptorenblocker überlegen (LIFE-Studie).

    Medikamente zur Senkung des Cholesterins, die sogenannten CSE-Hemmer, sind heute in der Kardiologie unstrittig. Es gibt Studien an > 50 000 Patienten, die zeigten, dass der Einsatz dieser Medikamente das Auftreten von erneuten Herzinfarkten verhindert und das Leben verlängert. Interessanterweise profitieren Diabetiker quantitativ besonders davon, unabhängig von der Höhe des Cholesterinwertes. Auch Risiko-Patienten mit sogenannten normalen Cholesterinwerten profitierten in der britischen Heart Protection Study (HPS). Die Folgerung ist: Behandle das Risiko des Diabetetikers und nicht den Cholesterinwert!

    Es gilt jetzt, diese Erkenntnisse in der Praxis umzusetzen. [...]

     

    Icon Zusammengefasst

    Zusammenfassend kann man feststellen, dass Patienten mit einem Typ 2 Diabetes mellitus kardiale Risikopatienten sind. Entsprechend resultieren weitgehende gesundheitsökonomische Konsequenzen für die Prophylaxe der kardiovaskulären Komplikationen des Diabetes mellitus.

    Die Stiftung "Der herzkranke Diabetiker", die ein interdisziplinäres Forum aus Kardiologen und Diabetologen darstellt, hat sich zum Ziel gesetzt, die Qualität der Diabetesbehandlung hinsichtlich der kardialen Folgeerkrankungen zu verbessern und steht Ärzten, Patienten, Kostenträgern und Politik als Partner zur Verfügung.


    Prof. Dr. Wolfgang Motz, Ärztlicher Direktor Klinikum Karlsburg, Herz- und Diabeteszentrum Mecklenburg-Vorpommern
    Presseinformation zum II. Symposium "Der herzkranke Diabetiker", 06. Dez. 2002, Berlin

    Logo Der Herzkranke DiabetikerWeitere Informationen finden Sie bei der Stiftung
    "Der Herzkranke Diabetiker"

    Erstellt am: 02.01.2003

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