Verzuckertes Insulin verschlechtert Stoffwechsellage nach dem Essen
(18.01.2006) Beim Diabetes mellitus Typ 2 stehen zwei Störungen im Mittelpunkt der Erkrankung: Zum einen defekte Insulinausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse, zum anderen die herabgesetzte Wirksamkeit von Insulin an den Zielgeweben, die auch als Insulinresistenz bezeichnet wird. Beide Störungen erhöhen die Blutzuckerwerte. Sind letztere dauerhaft zu hoch, können Schäden wie zum Beispiel diabetische Augen- und Nierenerkrankungen sowie Herz- und Gefäßkrankheiten folgen. Ein Mechanismus, der die Entstehung diabetischer Komplikationen fördert, ist die Verzuckerung (Glykierung) von Körpereiweißen. Eiweiße ( Proteine) sind Bausteine von Gewebestrukturen und nehmen zahlreiche Funktionen im Körper wahr.
Studien mit Tieren und Zellkulturen haben in der Vergangenheit gezeigt, dass auch das Eiweißhormon Insulin beim Diabetes verstärkt glykiert – d. h. verzuckert – wird. Die Betazellen der Bauchspeicheldrüse, wo das Insulin hergestellt wird, bieten offenbar eine optimale Umgebung für solche Verzuckerungsprozesse. Das Problem: Glykiertes Insulin ist weniger wirksam als normales Insulin. Die Folge ist: Die Insulinresistenz wird erhöht und weniger Glukose aus dem Blut in die Zellen geschleust, wo der Zucker als Energielieferant dient. Als Folge steigen die Blutzuckerwerte weiter an. Bei zu hohem Blutzucker hängt sich Glukose in den Inselzellen der Bauchspeicheldrüse auch an an das Insulin
Wissenschaftler um Aine M. McKillop von der University of Ulster in Nordirland haben jetzt bei Patienten mit einer Typ 2 Diabeteserkrankung die Ausschüttung von verzuckertem Insulin direkt nach einer Mahlzeit untersucht und bewertet. An der Studie nahmen 9 Diabetiker teil. Alle Patienten waren mit Diät und Bewegungstherapie eingestellt, d. h. keiner erhielt antidiabetische Tabletten oder Insulinspritzen. Direkt vor und nach einer standardisierten Mahlzeit (450 kcal mit 44% Kohlenhydraten, 40% Fett und 16% Proteinen) unterzogen sich die Teilnehmer in verschiedenen Zeitabständen einer Blutentnahme. Unter anderem wurde hierbei auch der Anteil und die Menge des „verzuckerten“ und des „normalen“ Insulins sowie das C-Peptid (ein Spaltprodukt bei der Insulinherstellung) im Blut bestimmt.
Tatsächlich stieg die Menge des glykierten Insulins bei den diabetischen Patienten innerhalb einer Stunde nach Nahrungsaufnahme um das Zehnfache an. Der Anteil des verzuckerten Insulins am Gesamtinsulin im Blut betrug 60 Minuten nach der Mahlzeit insgesamt 22 Prozent. Mit der Erhöhung von glykiertem Insulin nahm auch die Ausschüttung von „normalem“ Insulin und C-Peptid deutlich zu, wobei letztere einen eher verzögerten Anstieg zeigten: Das Maximum der Insulin- und C-Peptidspiegel wurde 90 Minuten nach der Mahlzeit erreicht.
Die Daten der Studie von McKillop und seinen Kollegen zeigen, dass die Bauchspeicheldrüse von Patienten mit einem Typ 2 Diabetes nach einer Mahlzeit verstärkt glykiertes Insulin ausschüttet. Der hohe Anteil von verzuckertem Insulin am Gesamtinsulin im Blut trägt vermutlich wesentlich zur Verschlechterung der postprandialen Stoffwechsellage bei, sprich nach dem Essen.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: McKillop AM, Lindsay JR, AU S et al. Meal-dependent regulation of circulating glycated insulin in type 2 diabetic subjects. Hormone and Metabolic Research 2006; 38, in press |