Blutzuckersenkender Wirkstoff der Krustenechse auch für europäische Zulassung empfohlen
(06.10.2006) Ende September hat sich die europäische Arzneimittelkommission (EMEA) dafür ausgesprochen, die neue Substanz Exenatide in Europa zur Behandlung des Typ 2 Diabetes zuzulassen. In den USA ist dieses erste Medikament aus der neuen Substanzklasse der sogenannten Inkretin-Mimetika bereits seit April 2005 zugelassen. Inkretin-Mimetika bedeutet, dass es sich hierbei um Stoffe handelt, welche die körpereigenen Inkretine (Darmhormone) nachahmen.
Das zufällig im Speichel der nordamerikanischen Krustenechse entdeckte Hormon Exendin-4 führte zur Entwicklung eines neuartigen Antidiabetikums
Seit langem ist bekannt, dass der Darm nach dem Essen kohlehydratreicher Mahlzeiten Botenstoffe aussendet. Diese Darmhormone sind für den Inkretin-Effekt verantwortlich. Der bedeutet, dass die Insulinfreisetzung der Bauchspeicheldrüse stärker angekurbelt wird, wenn Zucker als Essen oder Getränk in den Körper gelangt, als wenn die Glukose den Magendarmtrakt umgehend als Infusion zugeführt wird. Hauptsächlich verantwortlicher Vermittler für diese Inkretinwirkung ist das Hormon GLP-1 aus dem Dünndarm. Es stimuliert abhängig vom Blutzucker die Insulinfreisetzung, hemmt den Insulingegenspieler Glukagon, verlangsamt die Magenentleerung und spielt eine wichtige Rolle dabei, wie das Gefühl der Sättigung entsteht. Die nach dem Essen entstehenden Blutzuckerspitzen werden so gebremst. Besonders attraktiv ist dieser Ansatz der Diabetestherapie, da Exenatide seine Wirkung abhängig von der Höhe des Blutzuckerspiegels entfaltet. Das Risiko von Unterzuckerungen ist damit deutlich vermindert. Ein weiterer Pluspunkt bei der Behandlung mit Exenatide ist, dass es zu einer deutlichen Gewichtsreduktion führt. Die häufigste unerwünschte Wirkung waren leichte bis moderate Übelkeit, die zu Beginn der Therapie auftreten kann.
Das körpereigene GLP-1 ist zur Therapie ungeeignet, da es von speziellen Enzymen sehr rasch abgebaut wird. Zufällig entdeckte der New Yorker Endokrinologe John Eng Anfang der 90er Jahre im Speichel der in Arizona verbreiteten Krustenechse (Heloderma suspectum) das Peptidhormon Exendin-4, dessen Aminosäurenkette etwa zur Hälfte mit GLP-1 übereinstimmt. Exenatide ist die synthetisch hergestellte Version des Echsenpeptids, die an dem gleichen Rezeptor andockt, aber wesentlich länger wirkt. Es muss ebenso wie Insulin mit einem Pen unter die Haut gespritzt werden. Empfohlen wird der Wirkstoff von der EMEA für Menschen mit Typ 2 Diabetes in Kombination mit Metformin und/ oder Sulfonylharnstoffen bei Patienten, die keine ausreichende gute Blutzuckereinstellung unter der maximal tolerierten Dosierung dieser oralen Diabetesmedikamente haben. Anfang 2007 wird Exenatide hierzulande unter der Handelsnamen Byetta® von dem Herstellern Eli Lilly und Amylin auf den Markt kommen.
Kirsten Lindloff, Deutsche Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: EMEA, Committee for medicinal products for human use summary of positive opinion for BYETTA. London, 21.09.2006; http://www.emea.eu.int/pdfs/human/opinion/33765706en.pdf#search=%22emea%20byetta%22
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