ACE-Hemmer sind in der Schwangerschaft kontraindiziert
(19.06.2006) ACE-Hemmer sind hocheffektive und sichere Antihypertensiva, die insbesondere aufgrund ihrer nephroprotektiven Eigenschaften die Mittel der ersten Wahl bei Menschen mit Diabetes und Hochdruck darstellen. Bisher waren ACE-Hemmer im 2. und 3. Schwangerschaftsdrittel kontraindiziert, da damit das Risiko für Schäden des Fetus deutlich erhöht ist.
Bereist im ersten Schwangerschaftsdrittel können ACE-Hemmer gegen hohen Blutdruck zu Fehlbildungen führen
Diese betreffen u. a. die Entwicklung eines Oligohydramnions, einer intrauterinen Wachstumsverzögerung, Fehlbildungen der Niere, Anurie, Nierenversagen und Todesfälle des Feten. Bisher war angenommen worden, dass ACE-Hemmer im 1. Schwangerschaftsdrittel unschädlich sind und keine teratogenen Effekte (Miss- und Fehlbildungen) hervorrufen.
Angiotensin-II-Rezeptoren sind jedoch in vielen Fetalgeweben exprimiert und können daher eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des Föten einnehmen.
Eine Forschergruppe aus der Vanderbilt-University in Nashville/Tennessee, USA, hat nun eine epidemiologische Studie durchgeführt, bei der 29.507 Kinder aufgenommen worden sind, die zwischen 1985 und 2000 geboren wurden und über die Einträge in das Krankenkassen-Register der Tennessee Medicate analysiert werden konnten. Kinder diabetischer Mütter wurden ausgeschlossen, da der Diabetes, insbesondere bei schlechter Einstellung, mit einem deutlich erhöhten Risiko für Miss- und Fehlbildungen einhergeht.
Von den 29.507 Geburten hatten 411 Frauen nur im 1. Schwangerschaftsdrittel Antihypertensiva eingenommen. Davon waren 209 mit ACE-Hemmern behandelt worden. Unter den 29.507 Geburten gab es 856 Kinder (2,9 %) mit schweren angeborenen Miss- und Fehlbildungen. Bei den Kindern, deren Mütter ausschließlich im 1. Schwangerschaftsdrittel mit ACE-Hemmern behandelt worden waren, betrug die Rate an schweren angeborenen Miss- und Fehlbildungen 7,1 %. Das Risiko war damit 2,71-fach höher (95 % Konfidenzintervall, 1,72 bis 4,27) als bei Kindern, deren Mütter im 1. Trimenon keine Antihypertensiva, bekommen hatten. Das erhöhte Risiko war insbesondere auf Fehlbildungen des Herz-Kreislaufsystems (Risikoerhöhung 3,72-fach) und des zentralen Nervensystems (Risikoerhöhung 4,39-fach) zurückzuführen. Aufgrund dieser Studie muss vor der Anwendung von ACE-Hemmern in der Schwangerschaft, insbesondere auch in der Frühschwangerschaft gewarnt werden.
Obwohl in dieser Studie Mütter mit Diabetes ausgeschlossen waren, ist diese Aussage selbstverständlich auch auf Frauen mit Diabetes zu übertragen. Meines Erachtens ergibt sich aus dieser Studie auch die Notwendigkeit, die Anwendung von ACE-Hemmern bei geplanter Schwangerschaft ernsthaft zu überdenken.
Prof. Dr. W. A. Scherbaum, Deutsche Diabetes-Klinik, Deutsche Diabetes-Zentrum, Leibniz Zentrum für Diabetes-Forschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Quelle: Cooper W O, Hernandez-Diaz S, Arbogast P G et al. Major Congenital Malformations after First-Trimester Exposuer to ACE Inhibitors. N Eng J Med 2006; 543:2443-2451 |