HbA1c-Anstieg zeigt Übergang von Autoimmunität zum Typ 1 Diabetes an
(04.12.2006) Bei erstgradig Verwandten von Menschen mit Typ 1 Diabetes lässt sich in vielen Fällen eine sogenannte Inselzell-Autoimmunität nachweisen. Darunter versteht man die körpereigene Abwehrreaktion gegen insulinproduzierende Inselzellen der Bauchspeicheldrüse, die hierdurch zerstört werden können. Die Diagnose einer Inselzell-Autoimmunität wird durch den Nachweis entsprechender Antiköper (= Abwehrstoffe) im Blutserum gestellt. Liegt ein positiver Befund vor, ist das Risiko für eine Typ 1 Diabeteserkrankung bei den Betroffenen deutlich erhöht – allerdings geht die Inselzell-Autoimmunität nicht in jedem Fall in einen Typ 1 Diabetes über.
Im Rahmen der Diabetes Autoimmunity Study in the Young (DAISY) haben Wissenschaftler aus den USA nach einem Labormarker gesucht, der bei diabetesgefährdeten Kindern das Risiko für eine Typ 1 Diabeteserkrankung vorhersagt. Hierfür wurden Kinder und kleine Geschwister von Typ 1 Diabetikern sowie Kinder ohne familiäre Vorbelastung, aber mit einem diabetestypischen HLA-Genotyp untersucht und über mehrere Jahre beobachtet. Bei 2.234 Kindern hat das Wissenschaftlerteam mindestens einmal und bei 1.887 Kindern zweimal oder öfter das Vorhandensein von Autoantikörpern gegen Bauchspeicheldrüsengewebe oder gegen Insulin getestet. Unter den Letzteren wiesen 100 Kinder bei mindestens zwei aufeinander folgenden Arztbesuchen positive Testergebnisse auf, d. h. es lag eine Inselzell-Autoimmunität vor. Bei diesen Kindern wurden regelmäßig alle 3-6 Monate der Blutzuckerlangzeitwert HbA1c und die Blutglukose bestimmt. Ereichte das HbA1c einen Wert über 6,3%, wurde das Kind als diabeteskrank eingestuft. Der mittlere HbA1c-Wert vor Diabetesmanifestation betrug 5,1%.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass während der knapp 3,5-jährigen Beobachtungszeit insgesamt 28 der 100 Kinder mit Inselzell-Autoimmunität einen Typ 1 Diabetes entwickelten. Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Diabetesdiagnose lag bei 6,5 Jahren. Besonders interessant war allerdings folgende Beobachtung: Von einem manifesten Typ 1 Diabetes am häufigsten betroffen waren jene Kinder, deren HbA1c-Wert im Vorfeld innerhalb des „Normbereichs“ am stärksten angestiegen war. Die Veränderung der Blutglukosewerte spielte für die Vorhersage des Diabetes hingegen nur eine untergeordnete Rolle.
Fazit: Bei Kindern mit Inselzell-Autoimmunität lässt sich anhand des HbA1c-Wertes eine Aussage darüber treffen, wir hoch das Risiko für eine Typ 1 Diabeteserkrankung innerhalb der nächsten wenigen Jahre ist. Steigt der HbA1c-Wert innerhalb des „Normbereichs“ stärker an, muss mit einem manifesten Typ 1 Diabetes gerechnet werden: In DAISY erhöhte sich mit jeder Standardabweichung um 0,4% vom Durchschnitts-HbA1c (5,1%) das Erkrankungsrisiko um den Faktor 4-5.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Stene LC, Barriga K, Hoffman M et al. Normal but increasing hemoglobin A1c levels predict progression from islet autoimmunity to overt type 1 diabetes: Diabetes Autoimmunity Study in the Young (DAISY). Pediatric Diabetes 2006; 7: 247-253 |