Bestimmte Genvariante schützt Diabetiker vor Niereninsuffizienz
(07.03.2007) Eine bestimmte Genvariante schützt manche Diabetiker davor, ein chronisches Nierenversagen zu entwickeln. Dies haben Wissenschaftler aus den USA und Deutschland in einer gemeinsamen Forschungsarbeit herausgefunden. Die Ergebnisse wurden jetzt in einer Online-Vorabveröffentlichung der Fachzeitschrift Nephrology Dialysis Transplantation vorgestellt.
Der Diabetes mellitus ist in den westlichen Industrieländern die häufigste Ursache für eine chronische Niereninsuffizienz. Von den jährlich etwa 16.000 Menschen in Deutschland, die ein terminales Nierenversagen entwickeln, haben etwas 40 bis 50 Prozent einen Diabetes. Verantwortlich für die nachhaltige Schädigung der Nieren und die Beeinträchtigung der Nierenfunktion sind in erster Linie die dauerhaft erhöhten Blutzuckerwerte. Im Endstadium der Erkrankung bleibt dann oft nur noch die als „Blutwäsche“ bezeichnete Hämodialyse oder die Nierentransplantation.
Dennoch entwickeln nicht alle Diabetiker eine chronische Nierenerkrankung. Das Risiko steigt zwar mit der Höhe der Blutzuckerwerte an, aber es gibt auch Diabetiker mit langjährig schlecht eingestellten Stoffwechselwerten, deren Nieren einwandfrei funktionieren. Woran das liegen könnte, hat ein Forscherteam um Barry I. Freedman von der Wake Forest University in Winston-Salem, North Carolina, gemeinsam mit Kollegen aus Heidelberg analysiert.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass eine bestimmte Variante des Carnosinase-1-Gens auf dem Chromosom 18 die Funktion nierenschützender Substanzen fördert bzw. diese zumindest nicht behindert. Bereits aus älteren Untersuchungen ist bekannt, dass das Carnosinase-1-Gen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der chronischen Niereninsuffizienz und dem Nierenversagen spielt (wir berichteten).
Das Gen ist verantwortlich für die Herstellung des Enzyms Carnosinase, das die Nierenschutz-Substanz Carnosin inaktiviert. Carnosin wirkt einer Narbenbildung im Nierengewebe entgegen und gilt als Radikalfänger der gewebeschädigenden freien Sauerstoffradikale.
Eine Studie mit 858 Amerikanern europäischer Abstammung bestätigte die Bedeutung der Carnosinase-1-Genvariante. Unter den Studienteilnehmern befanden sich 294 Typ 2 Diabetiker mit einer chronischen Niereninsuffizienz im Endstadium, 258 Diabetiker ohne bekannte Nierenschädigung und 306 gesunde Kontrollpersonen. Die Wissenschaftler um Barry Freedman konnten zeigen, dass die „schützende“ Genvariante besonders oft bei den gesunden Kontrollpersonen und den Diabetikern ohne Nierenerkrankung vorhanden war. Hingegen wurde bei den Typ 2 Diabetikern mit chronischer Niereninsuffizienz sehr viel häufiger die „nicht-schützende“ Form des Gens nachgewiesen.
Die neuen Erkenntnisse könnten laut Aussagen der Wissenschaftler zukünftig dabei helfen, besonders gefährdete Diabetiker besser herauszufiltern und weitere Behandlungsstrategien gegen die chronische Niereninsuffizienz zu entwickeln.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Freedman BI, Hicks PJ, Sale MM et al. A leucine repeat in the carnosinase gene CNDP1 is associated with diabetic end-stage renal disease in European Americans. Nephrol Dial Transplant, Advance Access published on January 5, 2007; doi: doi:10.1093/ndt/gfl717
Weiterer Artikel zum Thema: Diabetische Nierenerkrankung: Auch die Gene spielen eine Rolle (09.09.2005)
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