Niedriges Geburtsgewicht erhöht Risiko für Diabetes und Bluthochdruck
(10.08.2007) Es ist schon länger bekannt, dass Babys mit geringem Körpergewicht im späteren Leben häufig eine verminderte Glukoseregulation entwickeln. Auch weisen sehr kleine Frühgeborene mit einem Gewicht unter 1.500 Gramm oft eine verminderte Insulinempfindlichkeit (Insulinresistenz) in der Kindheit auf.
Hält dieser beeinträchtigte Glukosestoffwechsel bis ins Erwachsenenalter an, ist dies als erhöhtes Risiko für einen Diabetes mellitus zu werten. Finnische Wissenschaftler haben bei jetzt jungen Erwachsenen, die mit sehr geringem Geburtsgewicht auf die Welt gekommen sind, Glukosetoleranz, Insulinempfindlichkeit, Blutfette und Blutdruck untersucht.
Für die im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie wurden 163 junge Erwachsenen mit niedrigem Geburtsgewicht, die zwischen 1978 und 1985 geboren wurden, untersucht: Es wurde ein oraler Glukosetoleranztest (OGTT) durchgeführt, Blutglukose sowie Insulin zum Testbeginn und nach zwei Stunden gemessen. Als Kontrollgruppe wurden 169 Personen untersucht, die termingerecht und mit normalem Gewicht auf die Welt kamen. Hinsichtlich Alter, Geschlecht und Geburtsort waren die Gruppen vergleichbar. Bei 150 Untersuchten mit sehr niedrigem Geburtsgewicht und 136 Personen der Kontrollgruppe wurde die Körpermasse mittels einer speziellen Methode, der DEXA (Dual-energy X-Ray Absorptiometrie) bestimmt. Gemessen wurde so auch die sogenannte „Lean Body Mass“, die fettfreie Körpermasse.
Die Studie ergab, dass Probanden, die mit sehr niedrigem Gewicht auf die Welt kamen, gegenüber den Kontrollpersonen einen Anstieg von 6,7 % der Glukosekonzentration im 2-Stunden-Wert des OGTT hatten, ebenso eine um 16,7 % erhöhte Insulinkonzentration, einen Anstieg um 40 % der Insulinresistenz nach zwei Stunden und einen Anstieg des systolischen Blutdrucks um 4,8 mmHg. Auch durch das Adjustieren auf den geringen Body Mass Index in der Gruppe mit dem geringen Geburtsgewicht wurde dieser Effekt nicht abgeschwächt.
Fazit: Wer mit einem sehr niedrigem Gewicht geboren wird, hat öfter eine höhere Insulinresistenz, gestörte Glukosetoleranz und einen höheren Blutdruck. Diese Ergebnisse zeigen, dass eine Art „metabolisches Gedächtnis“ schon früh in der menschlichen Entwicklung geprägt wird und somit wahrscheinlich ist, dass Menschen mit geringem Geburtsgewicht auch ein erhöhtes Risiko haben, einen Typ 2 Diabetes zu entwickeln. Das haben auch frühere epidemiologische Studien nahe gelegt. Besonders interessant ist allerdings, dass sich beide Gruppen in punkto BMI, Taillenumfang und Körperfett nicht unterschieden, wohl aber die „Lean Body Mass“ bei Frühgeborenen erniedrigt war. Von welchem der therapeutischen Ansätze diese Frühgeborenen im Anschluss an die Geburt und auch später womöglich profitieren könnten, bleibt offen. Die Autoren legen eine frühzeitige Lebensstilverbesserung hin zu gesunder Ernährung, gutem Köpergewicht und körperlicher Aktivität nahe.
PD Dr. med. Nanette C. Schloot, Kirsten Lindloff, Deutsches Diabetes-Zentrum an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Hovi P, Andersson S, Ericksson JG et al. Glucose Regulation in Young Adults with Very Low Birth Weight, N Eng J Med 2007, 356: 2053-2063
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