Schmerzhafte Neuropathie häufiger bei Typ 2 Diabetes
(05.09.2007) Die Neuropathie oder Nervenschädigung ist eine typische Folgeerkrankung des Diabetes mellitus. Allerdings gibt es Unterschiede in der Häufigkeit: Typ 2 Diabetiker sind wesentlich öfter betroffen als Menschen mit einer Typ 1 Diabeteserkrankung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung aus Belgien, die vor kurzem auf der wissenschaftlichen Jahrestagung der American Diabetes Association vorgestellt wurde. Als Ursache für den Unterschied wird das Metabolische Syndrom beim Typ 2 Diabetes verantwortlich gemacht.
Eine Neuropathie kann mit veränderten Reflexen einher gehen Foto: DDZ
Wissenschaftler um Ides M. Collin vom Joseph Medical Center in Mons, Belgien, haben zum Thema Neuropathie-Häufigkeit eine Beobachtungsstudie durchgeführt, an der 40 belgische Diabeteskliniken und insgesamt 1.111 Patienten teilnahmen. 344 Personen wiesen einen Typ 1 Diabetes auf. Die restlichen 767 Teilnehmer waren Typ 2 Diabetiker. Collin und seine Kollegen untersuchten die Füße aller Patienten auf das Vorliegen einer Neuropathie mir dem so genannten Neuropen. Neben dem Berührungsempfinden, für das ein kurzer Nylonfaden auf die Haut gedrückt wird, lässt sich mit dem Neuropen auch das Schmerzempfinden prüfen. Zusätzlich erhielten alle Teilnehmer einen Fragebogen, in dem sie auf einer visuellen Analogskala empfundene Schmerzen dokumentierten.
Das ERGEBNIS der Datenauswertung zeigte signifikante Unterschiede zwischen Typ 2 und Typ 1 Diabetikern: Insgesamt 50,8 Prozent der untersuchten Typ 2 Diabetespatienten wiesen eine diabetische Polyneuropathie auf, in der Gruppe der Typ 1 Diabetiker waren hingegen „nur“ 25,6 Prozent der Patienten betroffen (p = 0,0007). Ähnliche Resultate wurden bei der schmerzhaften Neuropathie beobachtet. Unter einer Nervenschädigung mit Schmerzen litten 17,9 Prozent der Typ 2 Diabetiker im Vergleich zu 5,6 Prozent bei den Typ 1 Diabetespatienten.
Die Wissenschaftler um Collin vermuten, dass das häufigere Auftreten der Neuropathie auf das Metabolische Syndrom beim Typ 2 Diabetes zurückzuführen ist. Aus gutem Grund: Insgesamt 3 Komponenten des Metabolischen Syndroms erwiesen sich als unabhängige Vorhersageparameter für eine schmerzhafte diabetische Neuropathie. Hierzu gehörten
- ein zu niedriges HDL-Cholesterin (= HDL-Cholesterinwert 40 mg/dl oder weniger bei Männern bzw. 50 mg/dl oder weniger bei Frauen) (Risikoerhöhung um das 2,17fache)
- Triglyzeridspiegel oberhalb von 150 mg/dl (Risikoerhöhung um das 1,76fache) und
- Übergewicht (Risikoerhöhung um das 1,62fache).
Weitere unabhängige Vorhersageparameter waren das Vorliegen einer Nephropathie (Risikoerhöhung um das 1,69fache), das Alter (Risikoerhöhung um das 1,47fache pro Lebensjahrzehnt) und die Diabetesdauer (Risikoerhöhung um das 1,14fache pro 5 Jahre).
Die Autoren schließen aus ihren Ergebnissen, dass schmerzhafte Nervenschädigungen beim Typ 2 Diabetes häufiger auftreten als beim Typ 1 Diabetes. Dies lässt sich möglicherweise mit weiteren Neuropathie-Risikofaktoren des Metabolischen Syndroms erklären, die viele Typ 2 Diabetespatienten neben der Blutzuckererhöhung zusätzlich aufweisen.
Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin von Diabetes-Deutschland.de, Deutsches Diabetes-Zentrum an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
Quelle: Colin IM, Bouhassira D, Weiss S et al. Prevalence Of Polyneuropathy And Neuropathic Pain In Type 1 And 2 Diabetic Patients And Association With Metabolic Syndrome Parameters. 67th Scientific Sessions, ADA Annual Meeting 2007, Chicago, June 22-26. Abstract 0795-P |