Kaffeekonsum und Diabetesrisiko
(03.03.2004) Jeder zweite Amerikaner ist Kaffeetrinker. 2 Tassen Kaffee trinken die Amerikaner im Durchschnitt pro Tag und kommen dabei auf ca. 210 mg Koffein. In Deutschland liegen die Zahlen schätzungsweise noch höher. Nachdem schon 2002 eine Studie in der Fachzeitschrift „The Lancet“ auf ein verringertes Diabetesrisikos durch Kaffeekonsum hingewiesen hat, gibt es nun eine Analyse die diese Erkenntnisse zu bestätigen scheint.
Studienaufbau
Analysiert wurden die Daten aus zwei großen prospektiven Kohortenstudien. In der Health Professionals Follow-up Study (HPFS) wurden seit 1986 über 50000 männliche Ärzte, Zahnärzte, Pharmakologen und Tierärzte im Alter von 40 bis 75 zu ihrer persönlichen Krankengeschichte und Lebensführung befragt. An der Nurses`Health Study (NHS) nahmen seit 1976 rund 120000 Krankenschwestern im Alter von 30 bis 55 Jahren teil. Sie wurden ebenfalls zu Krankengeschichte und Lebensführung befragt. Die Studien waren fortlaufend angelegt und die Daten wurden zwischen 1976 und 1998 (NHS) und 1986 und 1998 (HPFS) alle zwei Jahre aktualisiert um neuauftretende Erkrankungen identifizieren zu können.
Resultate
Die Studie kam zu folgenden Ergebnissen: Menschen die viel Kaffee trinken, sind häufig auch Raucher und trinken Alkohol. Kaffeetrinker nehmen außerdem größere Mengen an ungesättigten Fettsäuren und Magnesium zu sich als nicht Kaffeetrinker. Kaffeetrinker sind weniger körperlich aktiv, essen weniger Ballaststoffe, nehmen weniger Zucker zu sich und trinken wenig Tee. Sind Kaffeetrinker Gesundheitsbanausen? Kaffeekonsum verringert das Risiko an Diabetes Typ 2 zu erkranken. Diese Beobachtung ist unabhängig davon ob die Kaffeetrinker sportlich aktiv sind, ob sie Rauchen oder wie sich ihre Ernährung zusammen setzt. Auch das Geschlecht, das Alter und eine genetische Veranlagung zum Diabetes beeinflussen diese Beobachtung nicht. Kaffeekonsum schützt vor Typ 2 Diabetes und zwar je mehr Kaffee, desto mehr Schutz. Auch koffeinhaltige Kaltgetränke oder entkoffeinierte Kaffees, die immer noch einen geringe Anteil an Koffein enthalten, haben in hohen Dosierungen einen geringen Schutzeffekt. In Tee hingegen, ist die Konzentration des mit dem Koffein chemisch identischen Teein zu niedrig um das Risiko von Typ 2 Diabetes zu senken.
Kommentar
Schützt Koffein nun wirklich gegen Typ 2 Diabetes oder ist diese Studie ein Beispiel für geschickt aufgearbeitete Daten und deren ebenso geschickte Darstellung? Letzteres ist der Fall. Die hohen Fallzahlen sprechen zunächst für fundierte Ergebnisse. Die Daten der Studienteilnehmer hat man aus großangelegten prospektiven Studien entnommen, die ihresgleichen in der Literatur suchen. Die Studien werden allerdings als quasi identisch nur mit unterschiedlichen Kollektiven (Männern und Frauen) dargestellt. Wie ähnlich sich die Fragebögen und wie vergleichbar die daraus gewonnenen Daten wirklich waren, wird nicht erklärt. Ob es außerdem zulässig ist die beiden Studien, die in ihrem Design unterschiedlich sind miteinander zu vergleichen, und dies dann wiederum als prospektive Kohortenstudie zu bezeichnen, obwohl man nicht eine Zahl selber erhoben hat, sei dahin gestellt. Die statistischen Berechnungen wurden wohl gemerkt von den Autoren selbst erhoben. Die Wahl der Endpunkte (Diabetes, Tod des Studienteilnehmers oder Ende des Beobachtungszeitraumes) lässt ebenfalls zu wünschen übrig, denn man kann sich leicht vorstellen was bei den meisten Studienteilnehmern zuerst eintrat. Bei einem Personenkollektiv im Alter zwischen 30 und 55 (NHS) bzw. 40 und 75 Jahren (HPFS) kann man sich vorstellen, dass bei den meisten das Ende des Beobachtungszeitraumes zuerst eintrat. Wie will man dann ausschließen, dass sich ein Diabetes im späteren Leben nach der Studie entwickelt? Auf die Darstellung dieser Verläufe hat man im Übrigen einfach ganz verzichtet. Die Diskussion der Ergebnisse fällt relativ knapp aus, so dass man die Erklärungsnot der Autoren für den angeblichen Schutzeffekt des Koffein vor Diabetes deutlich sehen kann. Auf der Ebene biochemischer Stoffwechselvorgänge gibt es ein paar spärliche vorsichtige Erklärungsversuche.
Schlussfolgerung
Bei näherer Betrachtung der Verarbeitung und Interpretation der Daten verlieren die Ergebnisse deutlich an Brisanz. Insbesondere weil man sich der negativen Konsequenzen hohen Kaffeekonsums auf das Herz-Kreislaufsystem allzu bewusst ist, es scheint nicht sinnvoll hohen Kaffeekonsum zur Prävention von Typ 2 Diabetes zu empfehlen.
Dr. med. Anja Neufang-Sahr, Prof. Dr. med. Werner A. Scherbaum Deutsches Diabetes Forschungsinstitut Düsseldorf
Quelle: Salazar-Martinez, E; Willet WC; Ascherio A; Manson JE; Leitzmann MF; Stampfer MJ; Hu FB; Coffee Consumption and risk for Type 2 Diabetes mellitus, Annals of Internal Medicine, 6 January, 2004; Volume 140, No. 1, pp1-9
|