Fasten bei Diabetes mellitus?
(25.02.2004) Nach Karneval beginnt am Aschermittwoch wieder die Fastenzeit mit dem Höhepunkt in der Karwoche vor Ostern. Viele Menschen nehmen diese Zeit zum Anlass, um auf etwas zu verzichten, das ihnen im Alltag wichtig geworden ist. Hier sind Lebensmittel wie zum Beispiel Schokolade oder andere Süßigkeiten, Kaffee, Limomadengetränke, aber auch die bequeme Bus- und Autofahrt oder Theater- und Kinobesuche nur wenige Beispiele für den ganz individuellen Verzicht.
Solange dabei auf weniger gesunde Lebensmittel verzichtet wird, oder es zu mehr Bewegung kommt, hat der Verzicht in der Regel eher positive Auswirkungen auf den Betreffenden. Anders sieht es aus beim völligen Verzicht auf Lebensmittel wie beim totalen Fasten, bei dem nur energiefreie Getränke und eventuell ergänzende Vitamine zugeführt werden oder beim Heilfasten, bei dem neben Tee und Wasser Gemüsebrühe und Saft aufgenommen werden.
Die Gesundheit ist bei solch strengen Formen des Fastens gefährdet, besonders, wenn chronische Krankheiten wie Diabetes mellitus bestehen. Daher ist das längerfristige totale Fasten ohne Energiezufuhr abzulehnen. Typ 1 Diabetiker sollten gar nicht fasten: Sie können durch die Bildung von Ketonkörpern lebensgefährlich gefährdet werden (Ketoazidose). Auch Typ 2 Diabetiker können, insbesondere nach mehreren Jahren Krankheitsdauer und Entwicklung eines Insulinmangels, zur Bildung von Ketonkörpern neigen.
Außerdem ist Menschen aus folgenden Gruppen vom Fasten ohne Energiezufuhr abzuraten: Kinder, Schwangere, Stillende, alte Menschen, Personen mit Herz- und Nierenerkrankungen, Menschen innerhalb von drei Monaten nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall, Menschen mit Leberleiden, Blutarmut, erhöhten Harnsäurespiegeln oder Gicht, untergewichtige Personen, Menschen mit schweren Erkrankungen wie zum Beispiel Krebsleiden und andere.
Bei Diabetikern mit Insulinbehandlung müsste bei starker Nahrungsreduktion oder fehlender Nahrung die Insulindosis angepasst werden. Tabletten zur Diabetesbehandlung müssten bei längerem Fasten meist abgesetzt werden. Aus diesen genannten Gründen sollten Diabetiker nie fasten, ohne dies vorher mit ihrem Arzt besprochen zu haben, da genau geklärt werden muss, welche Maßnahmen für den Einzelnen zu berücksichtigen sind.
Das totale Fasten stellt für den Körper in jedem Fall eine Stresssituation dar. Zur Aufrechterhaltung der Energieversorgung mobilisiert der Körper Triglyzeride aus den Fettdepots. Aber es wird nicht nur vermehrt Fett abgebaut, sondern es geht auch unerwünscht Eiweiß in Form von Muskelmasse verloren. Außerdem verarmt der Körper an bestimmten Vitaminen und Mineralien.
Auch zur Bekämpfung von Übergewicht sind totale Fastenkuren nicht geeignet. Das rasch verlorene Gewicht wird ohne eine dauerhafte Umstellung der Ernährungsgewohnheiten hin zu einer ausgewogenen, ballaststoffreichen und fettarmen Kost nach einer solchen Fastenkur schnell wieder zugenommen. Erklären kann man dies so: Eine fehlende oder stark verminderte Zufuhr von Energie führt zu einer Umstellung in der Regulation des Fettgewebsstoffwechsels. Nach einer Phase der Gewichtsabnahme steigt die Fähigkeit des Fettgewebes aufgrund der erhöhten Aktivität eines bestimmten Enzyms (Lipoproteinlipase), vermehrt Fettsäuren aus dem Blut aufzunehmen und in das Fettgewebe einzubauen. Hierdurch wird einer weiteren Gewichtsabnahme entgegengewirkt und das Gewicht steigt in der Regel wieder an. Je höher das Gewicht ist, desto ausgeprägter ist auch dieser Mechanismus.
Zur erfolgreichen Gewichtsreduktion gehören mehr körperliche Aktivität und weniger kalorienreiche Nahrung speziell in Form von Fett. Unter ärztlicher Beratung können auch vorübergehend modifizierte Formen des Fastens mit ausreichender Eiweiß- und Energiezufuhr sowie Vitamin und Mineralstoffergänzung durchgeführt werden.
Dr. med. Melanie Stapperfend, Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf
Quellen: 1. Alfred Wirth. Fasten und Reduktionskost. Adipositas 2000 2. Prof. Dr. med. Hans Hauner, Fasten für Diabetiker gefährlich? www.diabetes-deutschland.de. 2001 3. Dipl.-oec. troph. Sabine Tiepolt, Dr. med. Monika Toeller (Deutsches Diabetes-Forschungsinstitut Düsseldorf) Macht Fasten bei Diabetes Sinn? www.diabetes-deutschland.de.2001 |