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    Mütterliche Infektionen in der Schwangerschaft als Schutz gegen Typ 1 Diabetes
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    Mütterliche Infektionen in der Schwangerschaft als Schutz gegen Typ 1 Diabetes

    (02.02.2004) Unter den chronischen Erkrankungen des Jugendalters ist der Typ 1 Diabetes die häufigste. Die Zerstörung der insulinproduzierenden Zellen des Pankreas (Beta-Zellen) geschieht im wesentlichen durch die Bildung von Immunzellen, die der Körper des Kindes gegen die Zellen der eigenen Bauspeicheldrüse richtet. Dies ist ein fehlerhafter Vorgang der allen Autoimmunerkrankungen eigen ist und dessen Ursache man nicht kennt.


    Abb.: Insel der Bauchspeicheldrüse
    mit insulinproduzierenden Betazellen

    Die Rolle von Infektionen in der Kindheit bei der Entstehung von Typ 1 Diabetes ist bisher nicht eindeutig geklärt. Man nimmt an, dass Virusinfektionen vor allem mit Enteroviren, Erregern von grippalen Infekten, Atemwegs- und Magen-Darminfektionen, die Bildung von Autoantikörpern stimulieren.

    Andererseits besagt die sog. Hygiene-Hypothese, dass der generelle Rückgang von Infektionen im Kindesalter z.B. durch Impfungen und durch das Aufwachsen in einer zunehmend sauberen und Keimreduzierten Umgebung gleichzeitig zu einer Zunahme von allergischen Erkrankungen, Neurodermitis und Asthma geführt hat. In diesem Zusammenhang wird auch eine gewisse Schutzfunktion von Kinderkrankheiten gegen den Typ 1 Diabetes diskutiert.

    In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob Symptome mütterlicher Infektionen in der Schwangerschaft, die Bildung von Autoantikörpern verhindern können.

    Studiendesign

    Studienteilnehmer waren Kinder deren Eltern oder Geschwister an Typ 1 Diabetes erkrankt waren, also Kindern die eine genetische Veranlagung zum Typ 1 Diabetes in sich tragen. Zwischen 1994 und 2003 wurden rund 1400 Kinder des St. Josephs Hospitals in Denver mit einem hohen Diabetesrisiko auf die Entwicklung von Autoantikörpern hin untersucht.
    Gesucht wurden Antikörper gegen die Glutamatdecarboxylase (GADA), gegen die Tyrosin-Phosphatase IA-2 (IA-2-Antikörper) und gegen Insulin. Die Definition für Autoimmunität der Kinder war der Nachweis mindesten eines der gesuchten Autoantikörper bei mindestens zwei aufeinander folgenden Besuchen in der Klinik.

    Ergebnisse und Schlussfolgerung

    Bei 52 Kindern konnten noch vor Ausbruch der Krankheit Autoantikörper nachgewiesen werden. 14 von ihnen entwickelten einen klinisch manifesten Typ 1 Diabetes. Erstaunlich ist das weniger als ein Drittel der Kinder mit Autoantikörpern einen Diabetes entwickelten.
    Kinder, deren Mütter von Atemwegs- und Magen-Darminfektionen Infektion in der Schwangerschaft berichteten, hatte ein um die Hälfte verringertes Diabetesrisiko. Als Ursache für diesen Effekt gibt es verschiedenen Theorien, die allerdings noch sehr hypothetisch sind.

    Da es sich um Infektionen der Mutter handelt, sind möglicherweise sowohl die Erreger als auch mütterliche Antikörper über den Mutterkuchen (Plazenta) in die Blutbahn des Babys übergetreten. Die Krankheitserreger scheinen komplexe Veränderungen im Immunsystem hervorzurufen, die über die alleinige Bildung von Antikörpern hinausgehen. Der natürliche Verlauf einer Infektion kann daher für den Organismus einen Gewinn bedeuten, der z.B. im Falle einer Impfung nicht vorliegt. Es besteht auch die Möglichkeit, dass sich Immunantworten des Organismus gegenseitig bekämpfen, d.h. das einer der komplexen Vorgänge einer Immunantwort einen anderen zurückdrängt.

    Der statistische Zusammenhang zwischen mütterlichen Infektionen und dem verringerten Auftreten von Inselzellantikörpern war besonders stark in der Gruppe der Mädchen ausgeprägt. Wie es zu diesem Unterschied in zwischen den Geschlechtern kommt ist zur Zeit nicht zu erklären. Weder kindliche Infektionen, noch der regelmäßige Besuch in Kindertagesstätten, die als „Brutstätte“ für kindliche Infektionen gelten, konnten die Bildung von Autoantikörpern wesentlich beeinflussen. Auch der Kontakt mit Haustieren oder die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen ergaben keinen statistischen Zusammenhang mit dem Auftreten von Autoantikörpern.

    Kommentar

    Die Ergebnisse dieser Studie bestätigen die wichtige Funktion von Infektionserkrankungen für die Entwicklung eines gesunden Organismus. Obwohl die Immunantwort in ihrer Komplexität zu noch großen Teilen ungeklärt ist, scheint sie schon vor der Geburt wichtige Funktionen für den kindlichen Organismus zu übernehmen. Dies muss allerdings durch weitere Studien noch belegt werden.


    Dr. med. Anja Neufang-Sahr, Prof. Dr. med. Werner Scherbaum
    Deutsches Diabetes Forschungsinstitut Düsseldorf

    Quelle:
    Stene LC; Barriga K; Norris JM; Hoffmann M; Klingensmith G; Erlich HA; Eisenbarth GS; Rewers M: Symptoms of Common Maternal Infections in Pregnancy and Risk of Islet Autoimmunity in Early Childhood; Diabetes Care, Volume 26, Number 11, November 2003

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